Auf einer Baustelle für eine neue Pipeline für Gas und Wasserstoff werden Rohre verlegt

Sachsen Grünes Licht für "Wasserstoff-Autobahn" - Chemnitz fühlt sich abgehängt

Stand: 23.10.2024 17:20 Uhr

Wasserstoff soll vor allem für energieintensive Industrien wie Stahl und Chemie eine klimafreundliche Alternative für Gas und Öl sein. Um ganz Deutschland damit zu versorgen, wird ein bundesweites Leitungsnetz gebraucht. Aber nicht alle Regionen in Sachsen werden sofort profitieren.

Von MDR SACHSEN

Die Bundesnetzagentur hat grünes Licht für den Bau wichtiger Wasserstoff-Leitungen in ganz Deutschland gegeben. Wie das sächsische Wirtschaftsministerium mitteilte, sollen in Sachsen zunächst die Regionen Dresden, Leipzig und Meißen sowie später die Lausitz und Zwickau an das sogenannte Wasserstoff-Kernnetz angeschlossen werden. Demnach erfolgt die Anbindung weiterer Städte und Gemeinden im Rahmen der regulären Netzentwicklungsplanung, die sich bereits in der Vorbereitung durch die Netzbetreiber befinde.

Das sogenannte Wasserstoff- Kernnetz ist vergleichbar mit einem Autobahnnetz und soll zunächst rund 9.000 Kilometer in ganz Deutschland umfassen - mit Schwerpunkten im Westen und Osten, wo wichtige Industrie und Raffineriestandorte liegen. Für 60 Prozent der Leitungen werden bisherige Erdgasleitungen umgenutzt, 40 Prozent werden neu gebaut. Den Angaben zufolge beginnt der Aufbau des Kernnetzes 2025 und soll bis 2032 größtenteils abgeschlossen sein. 

Hoffnung für energieintensive Unternehmen

"Der Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes ist ein positives Signal für den Wirtschaftsstandort Sachsen", sagte der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig. Nach Angaben des SPD-Politikers könnten erste energieintensive Unternehmen in Sachsen, die seit der russischen Invasion in der Ukraine unter den gestiegenen Energiekosten leiden, künftig ihre Energieversorgung auch mit Wasserstoff sichern.

Auch der sächsische Energieminister Wolfram Günther nannte die genehmigte Planung ein sehr gutes Signal für das Energie- und Industrieland Sachsen. "Mit dem Wasserstoff-Hub in der Region Leipzig und mit dem Industriebogen Meißen profitieren echte Leuchttürme vom Kernnetz", so der Grünen-Politiker. Der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft sei eine riesige wirtschaftliche Chance für Sachsen und von enormer strategischer Bedeutung, damit das Energie- und Industrieland Sachsen klimaneutral wird.

Chemnitz zunächst nicht angeschlossen

Doch nicht überall ist die Euphorie so groß. Chemnitz gehört zu den benachteiligten Regionen und wird zunächst nicht an das Kernnetz angeschlossen, obwohl dort mit Fördermitteln des Bundes ein Wasserstoff-Innovationszentrum aufgebaut werden soll. Der Energieversorger Eins äußerte sich kritisch. "Die Symbolwirkung ist natürlich schon ein Unding," teilte Eins auf Anfrage von MDR SACHSEN mit.

Doch man schaue jetzt nach vorn und wolle schauen, wie die Region Chemnitz doch noch so schnell wie möglich angebunden werde. "Die Region wird an ihren Rändern immerhin von zwei Kernnetz-Leitungen gestreift. Im Westen im Vogtland und Raum Zwickau und im Osten im Freiberger Raum." Das biete gewisse Chancen, sagte eine Eins-Unternehmenssprecherin.

Wirtschaftsminister Dulig verspricht Planungssicherheit

Dass Chemnitz zu einem später Zeitpunkt angeschlossen werden soll, beteuert auch die sächsische Landesregierung. Sie wolle sich weiterhin dafür einsetzen, dass möglichst schnell für alle Regionen Sachsens Planungssicherheit geschaffen wird, sagte Wirtschaftsminister Martin Dulig.

Die "Wasserstoff-Autobahn" soll laut Bundesnetzagentur nach und nach durch "Bundes- und Kreisstraßen" ergänzt werden, im kommenden Jahr sollen weitere Planungen vorgestellt werden. Dann soll laut der Netzbetreiber auch schon Wasserstoff durch die ersten fertigen Leitungen fließen. Das Netz soll von der Privatwirtschaft gebaut und betrieben werden und knapp 19 Milliarden Euro kosten. Finanziert werden solle es durch Netzentgelte.

MDR (kbe)/ dpa