Thüringen Das sagen Thüringens Politiker zum Ampel-Aus - IHK fordert schnelle Neuwahlen
Thüringens Politiker haben das Aus der Ampelkoalition parteiübergreifend begrüßt. Sie sehen Chancen für eine politische Neuausrichtung in der Bundespolitik. Anfang nächsten Jahres will Bundeskanzler Olaf Scholz die Vertrauensfrage im Bundestag stellen. Dann könnte es Neuwahlen geben.
Nach dem Aus für die Ampel-Koalition im Bund hat Thüringens CDU-Chef Mario Voigt gefordert, schnell zu einer neuen stabilen Regierung zu kommen. "Dieses Land verdient Stabilität und Orientierung – in Erfurt genauso wie in Berlin", erklärte Voigt. Die Ampel sei Geschichte, Deutschland brauche nun eine Kurskorrektur.
SPD-Landeschef Maier: "Notwendiger Schritt"
Thüringer Politiker haben das Ampel-Aus am Donnerstagabend begrüßt. SPD-Landeschef Georg Maier sprach von einem schmerzlichen, aber notwendigen Schritt. Die letzten Wochen hätten gezeigt, das man mit der FDP nicht konstruktiv zusammen arbeiten könne. Er warf Christian Lindner eine Blockadepolitik vor. Lindner habe als Bremsblock agiert.
Dabei müsse Deutschland gerade jetzt insbesondere der Wirtschaft unter die Arme greifen und in die Infrastruktur und Daseinsvorsorge investieren. Das Beharren auf der Schuldenbremse sei in diesen Zeiten nicht zu rechtfertigen. Deutschland sei weltweit die einzige Industrie-Nation, die sich so verhalte.
Thüringer FDP stellt sich hinter Lindner
Der Thüringer FDP-Chef Thomas Kemmerich verteidigte Lindner. Die FDP vertrete die richtigen Positionen in der Wirtschaftspolitik. Er sprach mit Blick auf den Bruch der Ampel-Koalition von einem "guten Tag für Deutschland". Das Spiel, "sich gegenseitig den schwarzen Peter zuzuspielen", soll laut Kemmerich nicht davon ablenken, dass Lindner und die FDP den längst überfälligen Neustart für Deutschland einfordern.
Linke und Grüne sehen Chancen für Neuausrichtung
Die Vorsitzende der Linken, Ulrike Grosse-Röthig begrüßte ebenfalls die Entlassung der "unsozialen FDP" aus der Regierung. Die Ampel habe das Vertrauen der Menschen verspielt. Es sei Zeit für eine soziale Wende.
Thüringens geschäftsführender Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte dem MDR, das Ende der Koalition sei überraschend. Es brauche die ruhige Arbeit einer Bundesregierung, auf die sich Bundesländer und die Menschen im Land verlassen könnten.
Die Grünen in Thüringen sehen in möglichen Neuwahlen nach dem Ampel-Aus in Berlin eine Chance. Landessprecherin Ann-Sophie Bohm sagte, damit könne das Vertrauen in die politische Arbeit wieder gestärkt werden. Auch in Thüringen habe sich die politische Auseinandersetzung immer weiter auf die Bundesebene fokussiert, weil nicht alle Regierungsparteien an einem Strang gezogen hätten.
BSW will es in Thüringen besser machen
Das Thüringer BSW sieht einen "fehlenden Fokus auf die zentralen Herausforderungen des Landes" als Grund für das Scheitern der Ampel, wie die Partei mitteilte. "Die Sorgen und Ängste der Menschen müssen ernst genommen werden und gehören politisch beantwortet", hieß es. In Thüringen wolle man dies mit den aktuell laufenden Koalitionsverhandlungen erreichen.
AfD empfiehlt CDU konstruktives Misstrauensvotum
AfD-Landeschef Björn Höcke zog beim Nachrichtendienst "X" Parallelen zum Ende der DDR. Er wolle die aktuelle politische Situation nicht mit einer Diktatur vergleichen, sondern es gehe ihm um die psychische Verfassung der Regierenden. Zudem stellte er deren Selbstständigkeit der Frage.
Höcke sagte dem MDR, es sei Zeit, dass die Regierung "die Segel streiche" - aber auch ein Zeichen von Schwäche und Instabilität. Höcke empfahl CDU-Chef Friedrich Merz ein konstruktives Misstrauensvotum: "Dann würde er von selbst den Prozess beschleunigen und könnte ein politisches Zeichen setzen."
Der Sprecher des AfD-Landesverbandes, Torben Braga, sprach von einem überfälligen Ende der Koalition. Die Ampel "dürfte als die schlechteste Regierung in die Geschichtsbücher Deutschlands eingehen".
Politikwissenschaftler Lembcke rechnet mit schwierigeren Verhandlungen
Nach dem Aus der Ampel-Koalition im Bund geht der der Politologe Oliver Lembcke von schwierigeren Verhandlungen in Thüringen aus. Die Neuwahlen könnten Sahra Wagenknecht (BSW) einen größeren Anreiz geben, den Druck auf die Verhandlungen zu verschärfen, sagte Lembcke am Donnerstagabend MDR THÜRINGEN.
Er rechne damit, dass die unterschiedlichen Interessen im Bündnis wieder aufbrechen könnten, was die Gespräche im Zuge einer Regierungsbildung in Thüringen belasten dürfte. Zentrales Streitthema ist die Friedensfrage.
Wirtschaftsverbände fordern schnelle Neuwahlen
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt hat sich nach dem Bruch der Ampelkoalition für schnelle Neuwahlen ausgesprochen. Präsident Dieter Bauhaus sagte am Donnerstagmorgen, es brauche jetzt schnellstmöglich eine neue handlungsfähige und stabile Bundesregierung, die den Unternehmen Vertrauen und Wertschätzung entgegenbringt.
Auch für den Verband der Wirtschaft Thüringens (VWT) ist das Aus der Ampel überfällig gewesen. VWT-Präsident Hartmut Koch sagte, der dauerhafte Streit auf offener Bühne habe zu viel Unverständnis geführt. Nun müsse der Weg für Neuwahlen freigemacht werden. Deutschland brauche eine stabile Regierung aus der Mitte der Gesellschaft, die dafür sorge, dass der Wirtschaftsstandort wieder zukunftssicher, wettbewerbsfähig und erfolgreich wird.
Parität drängt auf handlungsfähige Regierungen in Bund und Land
Der paritätische Wohlfahrtsverband Thüringen hat in Bund und Land handlungsfähige Regierungen gefordert. Verbandsgeschäftsführer Stephan Panhans sagte MDR THÜRINGEN, nach dem Ampel-Aus in Berlin müsse der Blick nach vorne gerichtet werden. In der Sozialpolitik stünden wichtige Entscheidungen an.
Unter anderem müsse für die Pflege genügend Geld bereit gestellt werden, auch die Hilfen für Kinder und Jugendliche mit körperlicher und geistiger Behinderung müssten weiter entwickelt werden. Dafür brauche es sowohl einen Bundeshaushalt, aber auch einen Thüringer Landeshaushalt.
Mit Blick auf Berlin sagte Panhans, nötig sei eine stabile Regierung mit einer vertrauensvollen Zusammenarbeit, aber keine Parteien, die sich nur mit sich selbst beschäftigten.
Scholz will Vertrauensfrage stellen - Neuwahlen im Frühjahr möglich
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Donnerstagabend FDP-Chef Christian Lindner als Finanzminister entlassen. Zuvor hatte Lindner Kanzler Scholz eine Neuwahl des Bundestags vorgeschlagen.
Scholz erklärte weiter, er werde am 15. Januar die Vertrauensfrage im Bundestag stellen. Zudem will er das Gespräch mit Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) suchen. Neuwahlen zum Bundestag sollten dann im März stattfinden.
MDR (cfr/kk)