Cum-Ex-Skandal Razzia bei Universitätsprofessor
Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt nach Recherchen von WDR, NDR und SZ gegen einen Universitätsprofessor, der einst Cum-Ex-Gutachten verfasst hatte. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Rolle der Wissenschaft in dem Steuerskandal.
Nach Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung haben Ermittler der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei am Dienstag Büroräume eines Professors nach Beweismitteln durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt.
Bei den Ermittlungen soll es um dessen Rolle im bisher größten deutschen Steuerskandal gehen: Cum-Ex. Die Staatsanwälte gehen dem Verdacht nach, ob der Lehrstuhlinhaber an einer nordrhein-westfälischen Universität mit Rechtsgutachten vorsätzlich dazu beigetragen hat, dass zu Unrecht Milliardensummen an Steuern rückerstattet worden waren, ohne dass diese je gezahlt wurden.
Die Staatsanwaltschaft geht von einem Anfangsverdacht der "Beihilfe zur Steuerhinterziehung" aus. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Keine Absprachen?
Der nun beschuldigte Professor hatte sich schon früher damit gerechtfertigt, dass er bezüglich der Cum-Ex-Modelle von einer rechtmäßigen Gestaltung ausgegangen sei. Wie sie tatsächlich funktionierten, habe er erst später gelesen. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Gutachten sei ihm das nicht bewusst gewesen.
Sein Auftraggeber, der von Cum-Ex-Geschäften profitierte, habe nicht mit seiner eigenen Sicht auf das Thema zurückgehalten. Der Professor betonte jedoch damals, nur dann Aufträge anzunehmen, wenn er die Rechtsauffassung auch persönlich vertreten könne und dass er bei seinen Gutachten zu Cum-Ex stets von der Annahme ausgegangen sei, dass zwischen den Akteuren keine Absprachen erfolgten.
Vorsätzliches Vorgehen?
Dennoch beschäftigt sich jetzt viele Jahre später die Staatsanwaltschaft mit den Rechtsgutachten zu Cum-Ex. Sie soll nach Informationen von WDR, NDR und SZ dem Verdacht nachgehen, ob der Professor vorsätzlich Gutachten zur Gefälligkeit geschrieben, die Cum-Ex-Akteure dazu nutzten, ein rechtswidriges Steuermodell zu legitimieren.
Dies wirft eine Frage auf, die weit über den Fall hinaus geht: Bis wann gilt für unabhängige Gutachter die wissenschaftliche Freiheit und ab wann machen sich Professoren und Gutachter womöglich strafbar?
Keine dienstliche Angelegenheit
Auf Anfrage an den Professor meldete sich eine Rechtsanwaltskanzlei. Diese ließ die Fragen jedoch inhaltlich unbeantwortet. In früheren Stellungnahmen zu seinen Cum-Ex-Gutachten wies der Gutachter stets den Vorwurf zurück, dies seien Gefälligkeitsgutachten gewesen. Er habe in den Aufsätzen lediglich seine eigene fachliche Meinung vertreten.
Ein Sprecher seiner Universität bestätigte eine Razzia am Dienstag. "Aufgrund von Persönlichkeitsrechten kann ich Ihnen allerdings nicht sagen, gegen wen sich dieser Verdacht richtet - und ob es sich bei dieser Person um einen Beschuldigten oder Zeugen handelt." Es gelte die Unschuldsvermutung. "Zudem handelt es sich um eine Tätigkeit, die auf einer Nebentätigkeit basiert - es handelt sich also nicht um eine dienstliche Angelegenheit", so der Sprecher.
Die Staatsanwaltschaft Köln antwortete auf Anfrage, dass sie "aufgrund des zu wahrenden Steuergeheimnisses weder zu Verfahrensinhalten noch zu Namen Verfahrensbeteiligter Auskunft erteilen kann und darf."