Die Korvette F266 "Emden" liegt am Kai auf dem Werftgelände von Blohm+Voss im Hafen.
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Marine Sabotage an neuem Kriegsschiff "Emden"?

Stand: 11.02.2025 13:02 Uhr

Noch bevor sie ausgeliefert werden konnte, soll es einen Vorfall an der neuen Korvette "Emden" gegeben haben. Nach Recherchen von WDR, NDR und SZ beschäftigt der Fall die Sicherheitsbehörden. Offenbar steht die Frage im Raum, ob das Schiff ins Visier von Saboteuren geriet.

Von Manuel Bewarder, NDR/WDR und Florian Flade, WDR

Als das Kriegsschiff "Emden" im Mai 2023 getauft wurde, erklärte der Oberbürgermeister der namensgebenden ostfriesischen Patenstadt stolz: "Die 'Emden' verkörpert die Stärke und den Mut unserer Marine." Vizeadmiral Frank Lenski, stellvertretender Inspekteur der Marine, nannte die neue Korvette "einen weiteren wichtigen Schritt zur Verjüngung unserer Flotte". Man lege damit die Basis dafür, "in der Nordflanke und speziell in der Ostsee unsere Präsenz und Kampfkraft zu erhöhen."

Nach Recherchen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung beschäftigt nun ein Vorfall an dem 89 Meter langen Kriegsschiff die Sicherheitsbehörden. Sie gehen offenbar dem Verdacht nach, dass die "Emden" ins Visier von Saboteuren geraten sein könnte: Unbekannte sollen Dutzende Kilogramm Metallspäne in den Antrieb des Schiffes gekippt haben, wie bei einer Kontrolle der Werft Blohm+Voss kurz vor der ersten Ausfahrt Mitte Januar dieses Jahres festgestellt worden sein soll. Das Schiff soll bereinigt worden sein, bevor es in Betrieb ging. Die Werft hat das Schiff noch nicht an die Marine übergeben.

Vor wenigen Wochen soll die Marine eine entsprechende Meldung erreicht haben, die sie aufhorchen ließ - und nun das Hamburger Landeskriminalamt (LKA) beschäftigen soll. Nach Auffassung von Marinefachleuten würden solche Metallstücke wohl erheblichen Schaden an dem Schiff verursachen, wenn sie nicht entdeckt würden - und die Auslieferung an die Bundeswehr möglicherweise auf lange Zeit verzögern. Ein Sprecher der Werft Blohm+Voss teilte auf Anfrage zu dem Vorfall mit, dass man sich zu den Fragen nicht äußern werde. Die Hamburger Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt erklärten jeweils, dass keine Auskunft erteilt werde.

Noch sind die Hintergründe des mutmaßlichen Sabotageversuches unklar. Fest steht: Die Korvette "Emden" wird dringend benötigt. Sie soll zur Seeraumüberwachung eingesetzt werden, eine wichtige Aufgabe, insbesondere in Zeiten, in denen die NATO vor einer Zunahme von hybriden Angriffen Russlands, auch im Ostseeraum, warnt.

Fünf neue Korvetten bestellt

Die Bundeswehr hat insgesamt fünf neue Korvetten der Klasse 130 zum Preis von zwei Milliarden Euro bestellt. Sie werden unter Federführung der Werftengruppe Naval Vessels Lürssen (NVL) aus Bremen auf mehreren Werften in Norddeutschland gebaut, unter anderem bei Blohm+Voss in Hamburg, die zur NVL gehören.

Unabhängig von dem jüngsten Vorfall bei der Korvette "Emden", warnen deutsche Sicherheitsbehörden seit Monaten vor einer Zunahme von mutmaßlich russischen Spionage- und Sabotageakten in ganz Europa - vor allem mit Bezug zu militärischen Zielen. So wurden in Deutschland zuletzt vermehrt Überflüge mit unbekannten Drohnen über Bundeswehrliegenschaften, Industrieanlagen und auch über der US-Militärbasis Ramstein festgestellt.

Zuletzt wurden im Januar unbemannte Flugkörper über dem Luftwaffenstandort Schwesing in Schleswig-Holstein gesichtet, wo, unter anderem, ukrainische Soldaten an Patriot-Flugabwehrsystemen geschult werden. Eine Abwehr oder Nachverfolgung dieser Drohnen ist den Behörden bislang nicht gelungen.

Im Visier russischer Geheimdienste?

Auch Vertreter der deutschen Rüstungsindustrie sollen ins Visier russischer Geheimdienste geraten sein, wobei westlichen Geheimdiensten sogar Hinweise für geplante Attentate vorgelegen haben sollen. Europaweit gab es zudem Brandanschläge, Brandsätze, die per Luftfracht verschickt wurden, Ausspähaktionen und koordinierte Graffiti-Kampagnen, hinter denen ebenfalls staatliche Akteure aus Russland vermutet werden.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) warnt diesbezüglich vor sogenannten "Low-Level Agenten, auch "Wegwerf-Agenten" genannt. Dabei handelt es sich oftmals um Kleinkriminelle oder auch bislang völlig unbescholtene Personen, die in sozialen Netzwerken angeworben und dann zu Sabotageakten angeleitet werden. Oftmals werden diese rekrutierten Attentäter per Kryptowährung für ihre Taten bezahlt. Schon für kleine Aktionen werden mehrere Hundert Euro als Prämien geboten - für die Sabotage von schwerem Kriegsgerät in NATO-Staaten sogar Zehntausende Euro.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 11. Februar 2025 um 16:22 Uhr.