Massentierhaltung in Spanien Das Schweine-System
Tote Schweine, Berge aus Knochen und Schädeln - Bilder aus einem spanischen Zuchtbetrieb zeigen massive Tierquälerei und stehen für die Massentierhaltung im Land. Fleisch aus dem Betrieb erreichte wohl auch Deutschland, wie ARD-Recherchen zeigen.
Seit Monaten beobachten Tierschützer Ställe eines Schweinezüchters südlich von Burgos. Dabei entstandene Bilder zeigen Ratten und Maden in den Ställen, tote Schweine, die von Artgenossen angefressen werden oder sterbende Tiere, die außerhalb der Hallen später von Geiern gefressen werden.
Mehrere tausend Tiere werden hier gehalten. Das Gelände ist von einem Zaun umgeben, unter einer Tanne parkt ein Trecker. In der Schaufel liegen tote Tiere. Unzählige Knochen und Schädel in einem angrenzenden Wald zeugen davon, dass tote Tiere dort regelmäßig abgeladen werden. Ein gefundenes Fressen für die Geier, die zahlreich in dieser Region leben.
Fleisch auch nach Deutschland geliefert
Betriebe wie diesen hatte der ehemalige spanische Minister für Verbraucherschutz, Alberto Garzón, wohl im Sinn, als er vor zwei Jahren sagte, Schweinefleisch aus Spanien sei häufig minderwertig und stamme von misshandelten Tieren.
Garzón wollte damit ein boomendes Geschäft in Frage stellen. Während der Schweinebestand in Deutschland in den vergangenen Jahren um gut 25 Prozent abgenommen hat, ist die Zahl in Spanien stark gestiegen - nach Angaben der europäischen Statistikbehörde Eurostat um 35 Prozent binnen zehn Jahren. Mehr als 50 Millionen Schweine werden, so spanische Angaben, derzeit im Land gemästet und geschlachtet. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace spricht von einer industriellen Fleischproduktion, die sich in Spanien "unkontrolliert ausgebreitet hat".
Mehr als 50.000 Tonnen Schweinefleisch importierte Deutschland zuletzt aus Spanien. Dokumente, die dem ARD Studio Madrid und der Zeitung "El Pais" zugespielt wurden, zeigen, dass aus dem beschriebenen Betrieb nachweislich bis 2022 Fleisch an den Fabrikanten Campofrio geliefert wurde, dessen Wurst auch in deutschen Supermärkten verkauft wird.
Besitzer äußert sich widersprüchlich
Große Lebensmittelketten räumen das jetzt auf Nachfrage ein, sagen jedoch, Campofrio werde aktuell nicht mehr von dem Betrieb bei Burgos beliefert. Der Fleischfabrikant bestätigt das auch. Der Besitzer hingegen äußert sich zu etwaigen weiteren Lieferungen widersprüchlich.
Für Greenpeace Spanien liegt der Fehler im System. Den Fleischfabrikanten gehe es darum, so schnell und so billig wie möglich zu produzieren. Das habe zwangsläufig Auswirkungen auf die Qualität der Lebensmittel. Weil Tiere so eng zusammengepfercht würden, bräuchten Fabrikanten große Mengen Medikamente. "Spanien ist das Land in Europa, in dem die meisten Medikamente in der Viehzucht eingesetzt werden. Und das ist genau auf dieses industrielle Modell zurückzuführen", sagt Greenpeace-Sprecher Luis Ferreirim.
Tierschützer erstatten Anzeige
Am Montag zeigte die Tierschutzorganisation Animal Welfare Observatory den Schweinezuchtbetrieb an. Es geht unter anderem um Tierquälerei und Betrug gegenüber Verbrauchern. Die hätten davon ausgehen müssen, Fleisch von gut versorgten, gesunden Tieren zu bekommen. Zumal der Betrieb ein Tierwohl-Zertifikat führen durfte - vergeben von einer privaten Initiative.
Tier- und Umweltschützer halten wenig von diesen Auszeichnungen. Sie seien oft von der Fleischindustrie selbst geschaffen und würden nach selbst aufgestellten Kriterien vergeben. "Das ist natürlich völlig inakzeptabel und dient dazu, die Öffentlichkeit zu verwirren", so Ferreirim.
90 Prozent Massentierhaltung
In Spanien ist die Fleischlobby mächtig. Nach der Kritik seines Ministers an der industriellen Fleischproduktion in Spanien sah sich Ministerpräsident Pedro Sanchez vor zwei Jahren genötigt, öffentlich von einem "auf den Punkt gegarten Steak" zu schwärmen.
Mehr als 90 Prozent des in Spanien produzierten Schweinefleisches stammt aus industrieller Massentierhaltung. Umweltschützer Tom Kucharz von den Ecologistas en Acción sagt: "Und das sind Produkte, die auch in Deutschland in die Supermärkte kommen." Tierquälerei in Spanien hänge also auch mit dem Konsum der deutschen Verbraucher zusammen.