Israels Kampf gegen die Hamas Verhängnisvoller Krieg ohne Ende
Israel hat das Recht, sich zu verteidigen. Doch im Krieg gegen die Hamas scheint das Land sein Ziel längst aus den Augen verloren zu haben. Kein Kriegsziel ist erreicht, und die Zahl der zivilen Opfer ist viel zu hoch.
Es ist inzwischen der längste Krieg, den Israel in seiner gut 76-jährigen Geschichte führt. Der Gazakrieg dauert länger als der Unabhängigkeitskrieg von 1948, als nur wenige Stunden nach der Proklamation des Staates Israel durch David Ben-Gurion verschiedene arabische Länder die noch junge Nation angriffen.
Inzwischen sind es - vom Mullah-Staat Iran abgesehen - Terrororganisationen, gegen die Israel kämpft. Und das macht diesen Krieg so schwierig und dramatisch. Denn Terrororganisationen wie die Hamas, die Hisbollah oder die Huthi-Rebellen im Jemen müssen keine Rücksicht nehmen auf die eigene Bevölkerung. Sie schlagen los, einzig mit dem Ziel, den Gegner, Israel, zu vernichten.
Jegliches Maß ist aus aus dem Blick geraten
Es war die Hamas, die diesen Krieg durch einen beispiellosen Angriff auf Israel ausgelöst hat. Durch eine brutale und menschenverachtende Attacke auf unschuldige Menschen, auf Säuglinge, auf Alte. Bis heute hält die Terrororganisation im Gazastreifen Geiseln gefangen. Man kann sich kaum vorstellen, in welcher körperlichen und psychischen Verfassung sie sein mögen, sofern sie nach mehr als einem Jahr Gefangenschaft überhaupt noch am Leben sind.
Mit Blick auf die Ereignisse vom 7. Oktober 2023 ist klar: Israel hatte und hat das Recht sich selbst zu verteidigen. Doch die Kriegsdynamik zeigt auch: Israel hat das Ziel, sich selbst zu verteidigen, so scheint es, längst aus den Augen verloren. In diesem Krieg ist jegliches Maß, jegliche Verhältnismäßigkeit aus dem Blick geraten: Laut UN mehr als 45.000 tote Menschen im Gazastreifen, darunter viele Zivilisten. Der Gazastreifen gleicht einer Trümmerwüste, die als Lebensraum kaum mehr vorstellbar ist. Und doch leben dort noch immer etwa zwei Millionen Menschen, zusammengepfercht in Flüchtlingscamps vor allem im Süden des Küstenstreifens. Es ist eine Tragödie, ein nicht endender Albtraum, den die Menschen dort erleben.
Israel muss mit seinen Nachbarn zusammenleben
Israel hat nach dem 7. Oktober auf seine militärische Stärke gesetzt, ausschließlich. Doch das war nicht genug. Auch nach 15 Monaten Krieg ist keines der von Israels Premier Benjamin Netanjahu vollmundig formulierten Kriegsziele erreicht. Weder ist die Hamas zerschlagen, noch sind alle Geiseln zurückgekehrt.
Stattdessen kämpft Israel nun auch gegen die Hisbollah, gegen den Iran, gegen die Huthi. Und niemand weiß, wie es nach einem möglichen Frieden weitergehen soll. Was wird aus dem Gazastreifen? Wie wird Israel künftig mit seinen arabischen Nachbarn zusammenleben? Denn es muss mit ihnen irgendwie zusammenleben.
Dieser Gazakrieg dauert schon viel zu lange. Er findet kein Ende, weil Hardliner und Falken den Ton angeben. Er ist unverhältnismäßig, weil die Zahl der zivilen Opfer viel zu hoch ist. Der historisch bewanderte Netanjahu hätte beim Preußen-General und Militärhistoriker Carl von Clausewitz nachlesen sollen. Der sagte schon vor 200 Jahren: Jeder militärische Triumph erweist sich in Wahrheit als Niederlage aller Beteiligten.