![Herbert Kickl | AFP Herbert Kickl](https://images.tagesschau.de/image/eff6fa9d-d301-43ea-b009-0828076afb75/AAABlEB-ZzQ/AAABkZLrr6A/original/kickl-136.jpg)
Österreichs Koalitionsgespräche An Kickls maximalem Machtanspruch gescheitert
Österreichs Koalitionsgespräche sind gescheitert, weil die FPÖ von ihren Forderungen kaum abgerückt ist. Bei der ÖVP gab es nur einen Rest-Anstand - keine Brandmauer. Eine Warnung für Deutschland?
Eines muss man den Verhandlern der konservativen ÖVP und der rechten FPÖ lassen: Am Ende sind sie sich tatsächlich treu geblieben. Das Scheitern war unvermeidlich. Und niemand ist eingeknickt, um das Scheitern zu vermeiden, um an die Macht zu kommen - koste es, was es wolle.
Herbert Kickl, der von der ÖVP als rechtsextrem bezeichnet wurde, hatte im Wahlkampf auf Rassismus, auf Parolen der rechtsextremen Identitären Bewegung und auf eine Spaltung der Gesellschaft gesetzt. Er hatte alle anderen Parteien als das System beschimpft, das das Volk unterdrücke und gängele. Und er, der "Volkskanzler" - übrigens ein Begriff, den die Nazis für Hitler verwendet haben -, werde das Volk befreien.
Maximale Machtansprüche
Am Ende hat Kickl der ÖVP in den Koalitionsverhandlungen maximale Machtansprüche vor den Latz geknallt. Kickl wollte mit seiner FPÖ in einer künftigen Regierung über das Innen- und das Finanzressort verfügen. Kickl wollte Macht über Polizei, Geheimdienst, über die Asylverfahren, über die Finanzen - und er wollte auch über die EU und die Medienpolitik bestimmen.
Und Kickl ist von diesen Ansprüchen am Schluss nicht - oder wenn, dann nur geringfügig - abgerückt. Er hat sich nicht der ÖVP angepasst, nur um regieren zu können. Dafür werden ihn seine Wähler respektieren.
Der Nachteil für ihn: Kickl taugt künftig nur noch als Oppositionspolitiker. Der selbsternannte "Volkskanzler" wird Kickl wohl nie werden. Denn es findet sich kein anderer Koalitionspartner für Kickl außer der ÖVP. Wenn die FPÖ also künftig auf Bundesebene regieren will, dann muss Kickl abtreten.
ÖVP hat sich nicht von Kickl unterjochen lassen
Und die ÖVP? Die hat in diesen Verhandlungen immerhin noch ein bisschen Rest-Anstand bewahrt. Sie hat sich nicht von Kickl unterjochen lassen. Sie blieb bei ihren roten Linien: Österreich darf kein EU-skeptisches Land werden, darf sich nicht Russland annähern, es müssen Sicherheit, Stabilität und Rechtsstaatlichkeit vorherrschen.
Allerdings ist bei der ÖVP nur noch Rest-Anstand übrig. Denn es bleibt die Tatsache, dass die ÖVP im Wahlkampf hoch und heilig versprochen hatte, mit dem aus ihrer Sicht rechtsextremen Kickl nicht in Verhandlungen zu treten.
Bittere Erkenntnis: Es gibt keine Brandmauer
Nur Kanzler Karl Nehammer, der das Ganze am lautesten versprochen hatte, ist am Ende zurückgetreten. Sein damaliger Generalsekretär, Christian Stocker - der dasselbe versprochen hatte - hat es mit Kickl versucht, nachdem die ersten Verhandlungsgespräche mit den Sozialdemokraten und den liberalen NEOS gescheitert waren.
Es bleibt also die bittere Erkenntnis: Bei der Österreichischen Volkspartei, den Konservativen, gibt es keine Brandmauer gegen den Rechtsextremismus. Der Rechtsextremismus scheitert am Ende an sich selbst.
Vielleicht ist das eine Warnung für Deutschland, dass man es auf diesen Versuch lieber nicht ankommen lassen sollte.