Geert Wilders
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Regierungsbildung in den Niederlanden Viele Versprechen, wenig Substanz

Stand: 16.05.2024 17:27 Uhr

Mit Geert Wilders übernimmt ein ewiger Oppositionsführer Regierungsverantwortung in den Niederlanden. Seine fragile Koalition verspricht viel - politische Inhalte bleiben dabei bisher auf der Strecke.

Ein Kommentar von Ludger Kazmierczak, Den Haag

Die Sonne wird wieder scheinen, hat Geert Wilders heute geradezu prosaisch versprochen. So, als ob es in den Niederlanden jahrelang zappenduster gewesen ist.

War es wahrscheinlich auch aus seiner Sicht, und deshalb macht er jetzt alles rückgängig, was ihm gegen den Strich geht: eine humane Zuwanderungspolitik, die Familiennachzug erlaubt und Flüchtlingen Wohnraum gibt? Weg damit! Klimaschutz durch weniger Viehhaltung und den Ausbau regenerativer Energien? Nein, Wilders will vier neue Atomkraftwerke. Tempo 100 auf der Autobahn, um Stickoxide einzusparen? Alles Blödsinn. Geld für den öffentlich-Rechtlichen Rundfunk? Na gut, aber bitte nicht so viel wie bisher.

Wo sind die Inhalte?

Das heute vorgelegte Koalitionspapier ist eigentlich nur eine To-do-Liste, die noch mit Inhalten gefüllt werden muss. Doch Inhalte sind nicht so wichtig. Das kommt später. Zwar haben alle vier Parteien diese Vereinbarung ausgearbeitet, aber jede der 26 Seiten trägt den Stempel des Rechtspopulisten Geert Wilders.

Die Botschaft ist klar: Der Bürger darf sich freuen, weil er steuerlich entlastet wird, weil künftig die Gesundheit weniger kostet, weil der Staat mehr Wohnungen bauen wird und der Bauer wieder mehr Vieh halten darf.

Das kostet Geld, aber dafür wird bei der Bildung und Entwicklungshilfe gespart. Nein, nach reichlich Sonne klingt das wahrlich nicht. Aber die Wähler haben eben genau diesen Kurs gewählt: mehr Niederlande, weniger Europa, mehr "Wir" als "Die da in Brüssel", mehr Egoismus als Gemeinschaftssinn.

Außerparlamentarische Regierung statt innerparlamentarischer Opposition

Nun muss Geert Wilders beweisen, dass er als ewiger Oppositionsführer auch Regierungsverantwortung übernehmen kann, und zwar ohne selbst im Kabinett zu sitzen. Denn Den Haag wagt ein interessantes Experiment. Die vier Koalitionspartner haben sich auf eine außerparlamentarische Regierung verständigt - auf ein Expertenkabinett, in dem Know-How wichtiger ist als ein Parteibuch.

Damit soll die Rolle der Abgeordneten im Parlament gestärkt werden. Sie sind dann freier in ihren Entscheidungen, weil sie keine Rücksicht auf Parteifreunde im Ministerrat nehmen müssen. So etwas kann funktionieren, wenn das Kabinett personell klug besetzt ist und wenn sich die vier Koalitionspartner untereinander vertrauen. Und hier liegt das Problem. Die 176 Tage am Verhandlungstisch haben gezeigt, dass die vier Parteien eigentlich gar nicht miteinander können. Die Chemie stimmt nicht, das Misstrauen ist groß.

Nur ein wirklich verlässlicher Partner

Schon beim ersten großen Knatsch wird der frühere Christdemokrat Pieter Omtzig mit seiner Partei, dem Neuen Sozialvertrag, die Koalition platzen lassen. Er ist ein Zauderer und Zögerer und nur widerwillig mit Wilders in ein Boot gestiegen.

Und die seit Jahren regierende VVD des scheidenden Ministerpräsidenten Mark Rutte hat sich in diesen Verhandlungen so verbiegen müssen, dass die Stimmung sich ganz schnell gegen Parteichefin Dilan Yesilgöz richten könnte. Für Wilders ist nur die Bauernpartei ein verlässlicher Partner. Das könnte zu wenig sein.

Es mag ein Irrtum sein, aber vermutlich wird diese Regierung die komplette Legislaturperiode nicht überstehen. Heute ist es übrigens leicht bewölkt in Den Haag.

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Ludger Kazmierczak, ARD Den Haag, tagesschau, 16.05.2024 17:18 Uhr