Autor Philip Roth gestorben Ein Menschenfreund mit dunkler Feder
Es waren die Schwächen des Menschen und der Gesellschaft, die Philip Roth auf Papier bannte. Ehrlich und ungeschönt - auch in seiner Meinung über Präsident Trump. Nun ist der Autor gestorben.
"Literatur ist kein moralischer Schönheitswettbewerb." Ein Satz, wie ihn Philip Roth eben so gesagt hat. Der Mann, der über den menschlichen Makel schrieb, über Außenseiter. Über den weißen amerikanischen Mann, politische Korrektheit und vor allem über Lust, über Sex, über die Abgründe des Lebens. Doch tief in seiner Seele war Roth ein großer Menschenfreund.
Das Schreiben, sagte er einst, es müsse dunkel und tiefer als das Leben sein. Sein Schreiben war es bisweilen.
Drei Bücher hat seine Familie besessen
Geboren und aufgewachsen in Newark, New Jersey, vor den Toren New Yorks. Auf der falschen Seite des Hudson Rivers gewissermaßen. Die große Stadt, nur ein ferner Kosmos für ihn. Roth war das Kind einer jüdischen Familie, Mittelklasse. Es wurde zwar gelesen, sagte er. Aber Bücher? Drei Bücher habe die Familie besessen, an die könne er sich sehr gut erinnern.
Später, als Autor, hat er die Welt der Millionenstadt New York beschrieben, Charaktere des amerikanischen Lebens geschaffen. Die männliche Seite der Lust erkundet, bis zu den Abgründen der Sexualität.
Im Jahr 2011 erhielt Philip Roth die National Humanities Medal vom damaligen US-Präsidenten Obama
Der Leser? Egal.
Die Wirkung seiner Bücher auf den Leser? Ihm war es egal, sagte der Autor selbst. Er habe sich nie um den Leser gekümmert, aber stets um die Bücher.
Zeitweise schrieb er beinahe manisch. Ein Buch pro Jahr - Panikattacken inklusive. In seinem Schreibzimmer stand eine Tafel mit Buchstaben wie sie Erstklässler malen. Eine stete Erinnerung daran, dass ein Buch Wort für Wort und Buchstabe für Buchstabe geschrieben werden muss.
Seine Sätze hallten nach, legten Abgründe offen, ließen manche Leser in die eigene Dunkelheit des Lebens schauen. Stets wisperten sie, der Nobelpreis für Literatur, er warte auf Roth. Der Schriftsteller selbst sagte, er habe nie gewartet. Der Nobelpreis sei nicht wichtig für ihn.
Für "American Pastoral" erhielt Roth den Pulitzer-Preis.
Pulitzer für sein "Amerikanisches Idyll"
Nie erhielt er den großen Preis. Aber er galt als einer der größten Gegenwartsautoren Amerikas. 1998 bekam Roth den Pulitzerpreis für "American Pastoral" ("Amerikanisches Idyll").
Sein letztes Werk "Nemesis" erschien 2010. Zwei Jahre später kündigte er an, künftig nie mehr schreiben zu wollen, auserzählt zu sein. Jedes Talent habe seine Begrenzungen, sagte er. Nicht jeder könne für immer ergiebig sein.
Trump - die größte Katastrophe dieses Jahrhunderts
Als der scheue Mann 85 Jahre alt wurde, im März, brach er zuletzt sein Schweigen und bezeichnete den amtierenden Präsidenten Donald Trump als die Katastrophe des 21. Jahrhunderts, die entwürdigendste Katastrophe der USA. Trump sei, so Roth, ein großer Betrüger, die üble Summe all seiner Unzulänglichkeiten.
Es war das schneidende Urteil eines Literaten, der Zeit seines Lebens niemals Rücksicht genommen hatte. Nicht auf sich, nicht auf die Charaktere seiner Bücher. Menschen mit Fehlern. Menschen, die auch die dunkle Seite des Lebens kannten. Aber der Mann, der jetzt im Alter von 85 gestorben ist, er liebte das Leben. Die Liebe wohl auch.