Krieg in Nahost ++ Netanyahu empfiehlt Ja zu Waffenruhe-Plan ++
Premier Netanyahu hat sich für den Waffenruhe-Plan im Libanon ausgesprochen. Er werde seinem Kabinett empfehlen, dem von den USA vermittelten Vorschlag zuzustimmen. Die Entwicklungen im Liveblog.
- Netanyahu für Waffenruhe-Plan für Libanon
- Schwere Vorwürfe gegen Netanyahu wegen Hamas-Massaker
- Israel setzt Angriffe im Libanon fort
- Katz warnt vor Verstößen gegen mögliche Waffenruhe
- EU-Außenbeauftragter Borrell fordert Waffenruhe im Libanon
- G7-Minister beraten zu IStGH-Haftbefehlen
Libanons geschäftsführender Ministerpräsident Nadschib Mikati hat die sofortige Umsetzung einer erwarteten Waffenruhe gefordert. Die heftigen Angriffe heute auf Beirut zeigten, dass Israel keinem Gesetz Bedeutung beimesse, erklärte Mikati laut der staatlichen Nachrichtenagentur NNA. Die internationale Gemeinschaft müsse schnell handeln.
Die israelische Luftwaffe hat heute massive Angriffe auf Beirut und die südlichen Vororte geflogen. Augenzeugen berichteten von mehr als 20 Angriffen auf Ziele im Zentrum der Hauptstadt. Laut dem libanesischen Gesundheitsministerium wurden bei den Angriffen in zentralen Vierteln Beiruts mindestens zehn Menschen getötet.
Israels Premier Benjamin Netanyahu sagte, nach einer Waffenruhe mit der Schiitenmiliz Hisbollah werde man sich auf die Bedrohung durch den Iran konzentrieren können. Da die islamistische Hamas im Gazastreifen nun isoliert zurückbleibe, könne man zudem den Weg zu einer Vereinbarung über die Freilassung von rund 100 Geiseln ebnen. Außerdem könnten sich die israelischen Soldaten vom Kampf erholen und das israelische Waffenarsenal erneuert werden.
Nach einem Jahr Krieg sei die Hisbollah sehr geschwächt, sagte Netanyahu. "Es ist nicht dieselbe Hisbollah." Die proiranische Miliz sei um Jahre zurückgeworfen. Netanyahu sagte, Israel habe den Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah sowie die restliche Führung getötet und den größten Teil des Raketenarsenals zerstört, ebenso wie ein unterirdisches Tunnelnetzwerk im Süden des Libanons.
Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu hat sich für ein Waffenruhe-Abkommen mit der militant-islamistischen Hisbollah im Libanon ausgesprochen. Er werde seinem Kabinett empfehlen, dem von den USA vermittelten Vorschlag zuzustimmen, teilte Netanyahu mit.
Er werde den Entwurf des Abkommens dem gesamten Kabinett vorlegen. In einer mit Spannung erwarteten Sitzung des israelischen Sicherheitskabinetts sollte in Tel Aviv über die Feuerpause im Libanon entschieden werden.
Die Gespräche über eine Feuerpause zwischen Israel und der Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon sind nach Einschätzung des italienischen Außenminister Antonio Tajani "auf dem richtigen Weg". "Als G7 haben wir hart gearbeitet, um eine Waffenruhe im Libanon zu erreichen", sagte Tajani nach dem Treffen der G7-Außenminister in Fiuggi bei Rom.
US-Außenminister Antony Blinken sagte nach dem Treffen, die Bemühungen um eine Waffenruhe im Libanon seien in der "Endphase". Dies könne "auch helfen, den Konflikt im Gazastreifen zu beenden".
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock schrieb auf X: "In diesen Stunden sind wir an einem kritischen Moment. Ein Waffenstillstand scheint jetzt möglich. Die Chance muss ergriffen werden."
Italien hat bemängelt, dass es in Bezug auf den Umgang mit Israels Premier Netanyahu nach dem Haftbefehl durch den Internationalen Straftgerichtshof keine Klarheit gebe. Grundsätzlich sei das Land jedoch bereit, den Verpflichtungen des Haftbefehles nachzukommen.
"Wir halten uns immer an die Verpflichtungen, aber wir müssen verstehen, was die Verpflichtungen sind", sagte Außenminister Antonio Tajani auf einer Pressekonferenz. Es sei nicht klar, ob hohe Staatsbeamte Immunität vor Strafverfolgung genießen
Kurz vor einer möglicherweise bevorstehenden Vereinbarung über eine Feuerpause im Libanon hat die israelische Armee Ziele in mehreren Stadtteilen von Beirut unter Beschuss genommen. Erstmals wurden Evakuierungswarnungen für vier Orte innerhalb der Stadtgrenzen ausgesprochen.
Nach Angaben der Hisbollah-Miliz wurden keine Einrichtungen ihrer Gruppe getroffen. Das sagte Amin Sherri, Abgeordneter der Hisbollah, in einer Eilmeldung, die über den Hisbollah-Fernsehsender Al-Maanr verbreitet wurde.
Der israelische Armee-Sprecher Avichay Adraee rief zuvor die Bewohner in vier Vierteln im Zentrum Beiruts dazu auf, bestimmte Gebäude zu räumen. Sie sollten sich 50 Meter von den Gebäuden entfernen. Es handele sich um Einrichtungen der Hisbollah, Israel werde sie angreifen.
Amin Sherri, Politiker der Terrormiliz Hisbollah, sprach am Dienstag zu Journalisten.
Eine von israelischen Bürgern organisierte Untersuchungskommission hat schwere Vorwürfe gegen Regierungschef Benjamin Netanyahu und andere wegen des Überraschungsangriffs der Hamas vom Oktober 2023 erhoben. Das Massaker vom 7. Oktober 2023 mit 1.200 Toten und rund 250 Verschleppten sei durch "Arroganz" der Führung unter Netanyahu und des Sicherheitsapparats ermöglicht worden, heißt es im Abschlussbericht der Kommission. Warnende Stimmen seien unterdrückt und die Hamas für käuflich gehalten worden.
Die Kommission war im Juli von Angehörigen der Opfer und Bewohnern von der Hamas überfallener Ortschaften sowie von Organisationen der Zivilgesellschaft gebildet worden. Sie steht unter Leitung einer früheren Richterin und befragte nach eigenen Angaben rund 120 Personen, darunter Augenzeugen, frühere Regierungschefs und Militärs im Ruhestand. Die Kommission fordert eine offizielle Untersuchung, die auch unwillige Zeugen wie etwa Minister vorladen kann.
In Israel hat die mit Spannung erwartete Sitzung des Sicherheitskabinetts begonnen, in der über eine Feuerpause im Libanon entschieden werden soll. Nach Angaben des Büros von Regierungschef Benjamin Netanyahu begann das Treffen in Tel Aviv.
Zuvor hatten sich die Hinweise auf eine möglicherweise bevorstehende Einigung auf eine Waffenruhe im Konflikt zwischen Israel und der pro-iranischen Hisbollah im Libanon verdichtet.
"Waffenruhe in greifbarer Nähe"
Aus Sicht von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz in greifbarer Nähe. Dank der Vermittlung der USA und Frankreichs befinde sich der Konflikt an einem kritischen Moment, der Hoffnung geben könne, hieß es von der Grünen-Politikerin. "Zugleich wissen wir eben auch aus den letzten Monaten, dass man sich auf Hoffnung allein nicht verlassen kann", mahnte Baerbock weiter. Eben deshalb sei es so wichtig gewesen, dass sich die führenden Industriestaaten in der Nacht "intensiv auch mit unseren arabischen Partnern" zur Lage im Libanon sowie im Gazastreifen ausgetauscht hätten.
Das israelische Militär prüft Medienberichte, denen zufolge israelische Soldaten sich dabei gefilmt haben sollen, wie sie eine Hochzeit in einer Kirche im Südlibanon nachstellen. Im Süden des Libanon fliegt Israel Luftangriffe und rückt auch mit Bodentruppen vor. Das in sozialen Medien verbreitete Video soll israelische Soldaten in der griechisch-orthodoxen Kirche des libanesischen Ortes Deir Mimas im israelisch-libanesischen Grenzgebiet zeigen, die eine christliche Hochzeitszeremonie zwischen zwei männlichen Soldaten nachahmen.
Die israelische Armee verurteilte das Verhalten laut Medienberichten und sprach von einer schwerwiegenden Tat, die untersucht werde. Das Militär kündigte Disziplinarmaßnahmen für die Beteiligten an. Die Tat sei nicht mit den Werten der Armee vereinbar, die alle Religionen respektiere.
Neben Angriffen auf Vororte von Beirut hat Israel auch das Zentrum der libanesischen Hauptstadt erneut attackiert. Dabei sei ein Gebäude in der Gegend der dicht besiedelten Stadtteile Nuweiri und Ras Al Naba bombardiert worden, berichtete die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf Augenzeugen und Sicherheitskreise.
Mit Blick auf die Angriffe auf Beiruts Vororte soll das israelische Militär Evakuierungsanordnungen für 20 Gebäude in der südlichen Vorortgegend von Beirut veröffentlicht haben, hieß es von der Nachrichtenagentur AP. Zudem sei eine Warnung für die Stadt Nakura im Süden des Libanon herausgegeben worden. In Nakura hat die UN-Friedensmission UNIFIL ihren Hauptsitz.
Rauch steigt über Häusern im südlichen Beirut auf.
Bei ihrem Vorstoß im Süden des Libanons haben israelische Bodentruppen nach Militärangaben den symbolträchtigen Litani-Fluss erreicht. Die israelische Armee veröffentlichte auf der Plattform X ein Bild, das Soldaten beim Überqueren einer Brücke über dem Gewässer zeigen soll. Zahlreiche Waffen und feindliche Infrastruktur seien in der Gegend gefunden und zerstört worden, hieß es zudem in der Mitteilung.
Im Rahmen einer in Kürze erwarteten Waffenruhe will Israel erreichen, dass sich die libanesische Hisbollah-Miliz dauerhaft hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht - so wie es die UN-Resolution 1701 vorsieht, die das Ende des vergangenen Krieges von 2006 markierte
Israel setzt Angriffe im Libanon fort
Trotz der bevorstehenden Beratungen über eine Waffenruhe im Libanon hat Israel seine Angriffe in dem Nachbarland fortgesetzt. Die Nachrichtenagentur dpa berichtete über Angriffe auf Burdsch al-Baradschinah, einem südlichen Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut. Es habe schwere Explosionen gegeben, hieß es von der Agentur unter Berufung auf die dort lebende Bevölkerung. Diese sei im Vorfeld der Angriffe aufgerufen worden, sich in Sicherheit zu bringen.
Die israelische Armee teilte außerdem mit, bei einem Luftangriff in der Nähe der libanesischen Küstenstadt Tyrus sei ein Kommandeur der proiranischen Schiitenmiliz Hisbollah gezielt getötet worden. Der Mann sei an der Planung von Angriffen auf israelische Ziele beteiligt gewesen.
Auch die libanesische Stadt Tyrus wurde von den Angriffen Israels getroffen.
Am Nachmittag soll Israels Kabinett zusammenkommen, um über eine Waffenruhe im Libanon zu beraten. Christian Limpert berichtet aus Tel Aviv, welche Forderungen Israel stellt und welche Gründe die Regierung dazu bewegen könnten, nun einer Waffenruhe zuzustimmen.
Sollte eine Waffenruhe für den Libanon vereinbart werden, will die libanesische Regierung etwa 5.000 Einsatzkräfte des Militärs in den Süden des Landes entsenden, um dort die Einhaltung der Waffenruhe zu sichern. Das kündigte Außenminister Abdullah Bou Habib an. Er äußerte die Hoffnung, dass es noch bis zum Abend eine Vereinbarung für ein Ende der Kämpfe gibt. Im Südlibanon hat die radikale Hisbollah-Miliz ihre Hochburgen und wird vom israelischen Militär auch mit Bodentruppen bekämpft.
Iran droht Israel erneut mit Vergeltung
Der iranische Generalstabschefs Mohammed Bagheri hat Israel erneut mit Vergeltungsschlägen für die Angriffe vor rund einem Monat gedroht, bei denen Israel militärische Ziele im Iran attackiert hatte. Mit diesen Angriffen habe Israel rote Linien überschritten. "Wir werden auf die jüngste Aggression des zionistischen Regimes mit einer Antwort reagieren, die deren Vorstellungskraft übersteigt", sagte Bagheri laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Isna vor Kommandeuren. Bagheri koordiniert sowohl die militärischen Einsätze der Revolutionsgarden, Irans Eliteeinheit, als auch der regulären Streitkräfte.
Noch ist eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz nicht offiziell beschlossen, trotzdem hat der israelische Verteidigungsminister Israel Katz bereits betont, sein Land werde mit "null Toleranz" auf Verstöße gegen das Abkommen reagieren.
"Jedes Haus im Südlibanon, das wieder aufgebaut und als Terroristenbasis eingerichtet wird, wird zerstört", mahnte Katz. Jede "terroristische Umgruppierung" werde zerschlagen und "jeder Versuch, Waffen zu schmuggeln, wird vereitelt." "Jede Bedrohung für unsere Streitkräfte oder israelische Bürger wird sofort vernichtet", sagte Katz gegenüber der UN-Sonderkoordinatorin für den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert.
Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz
Israelischen Medienberichten zufolge sollen vom Libanon aus mehrere Raketen auf israelisches Gebiet abgefeuert worden sein. Dabei sei ein Haus in der grenznahen Stadt Kiriat Schmona direkt getroffen und beschädigt worden. Es gab zunächst keine Berichte zu Verletzten.
Israel soll in der Nacht mehrere Angriffe auf verschiedene Teile des Gazastreifens verübt haben. Dabei sollen mindestens elf Menschen getötet worden sein, teilte der Zivilschutz im Gazastreifen mit. Unabhängig überprüfen lassen sich diese Angaben nicht.
In der nördlichen Stadt Dschabalija seien bei einem Luftangriff auf ein Wohnhaus sieben Menschen gestorben und mehrere weitere verletzt worden, teilte der Sprecher des Zivilschutzes, Mahmud Bassal, mit. Ein weiterer Mensch starb demnach bei einem Angriff auf die nahe gelegene Ortschaft Bait Lahiya. Tote und Verletzte wurden laut Bassal auch aus dem Flüchtlings-Viertel Nuseirat und aus der südlichen Stadt Rafah gemeldet.
Dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels
Borrell drängt auf Waffenruhe
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell drängt darauf, die angepeilte Waffenruhe für den Libanon umzusetzen. Die auf dem Tisch liegende Vorlage umfasse alle erforderlichen Sicherheitsgarantien für Israel, sagte Borrell beim Treffen der G7-Außenminister im italienischen Fiuggi. Entsprechend müsse Druck auf die israelische Regierung ausgeübt werden, um die Vereinbarung noch heute zu beschließen.
Waffenruhe mit Hisbollah in Aussicht?
Medienberichten zufolge könnte noch im Laufe des Tages eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz beschlossen werden. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu werde heute Abend das Sicherheitskabinett einberufen, um einen 60-tägigen Waffenstillstand zu billigen, sagte ein Beamter der Times of Israel. Die Nachrichtenagentur dpa erfuhr aus israelischen Regierungskreisen, die Zustimmung des Kabinetts zu der unter US-Vermittlung ausgehandelten Vereinbarung sei "wahrscheinlich".
Die vorliegende Vereinbarung sehe einen 60-tägigen Umsetzungszeitraum vor, der es Israels Militär ermöglichen solle, sich zurückzuziehen, berichtete das Wall Street Journal unter Berufung auf libanesische Beamte. Die libanesische Armee solle zugleich im Grenzgebiet zu Israel stationiert werden, um zu verhindern, dass Kämpfer der Hisbollah dort wieder Fuß fassen. Eine internationale Kommission solle mit der schon seit Jahren im Libanon stationierten UN-Friedenstruppe UNIFIL die Einhaltung der Vereinbarung überwachen, hieß es.
Bei ihrem Treffen in Italien wollen die G7-Außenminister heute auch über den Umgang mit den Haftbefehlen beraten, die der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu und dessen früheren Verteidigungsminister Yoav Gallant erlassen hat. Die USA erkennen die Entscheidungen des Gremiums nicht an und haben sich bereits gegen den Schritt des IStGH ausgesprochen. Alle sonstigen G7-Staaten sind als Vertragsstaaten des IStGH verpflichtet, Haftbefehle zu vollstrecken.
Das Hilfswerk UNRWA warnt angesichts starker Regenfälle vor noch mehr Leid für die Menschen in Gaza. 45 libanesische Soldaten wurden nach UN-Angaben bislang bei israelischen Angriffen getötet. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen.