Krieg gegen die Ukraine ++ Deutschland verlegt "Patriot" nach Polen ++
Deutschland will das Flugverteidigungssystem "Patriot" vorübergehend nach Polen verlegen. Medien berichten von mehreren Explosionen in der ukrainischen Hafenstadt Odessa. Die Entwicklungen im Liveblog.
- Deutschland stationiert erneut Flugabwehr in Polen
- Berichte über Explosionen in Odessa
- Ukraine meldet landesweit Angriffe auf Energie-Anlagen
- Hunderttausende in der Ukraine ohne Strom
Das russische Fernsehen hat Auszüge aus einem Gespräch mit einem jungen Briten ausgestrahlt, der wegen seiner mutmaßlichen Beteiligung am ukrainischen Armeeeinsatz in der russischen Grenzregion Kursk inhaftiert wurde. Der Sender Rossija 1 zeigte gestern Abend, wie einer seiner Kriegsreporter einen an den Händen gefesselten Mann in Gefängnisuniform und mit rasiertem Schädel namens James Anderson auf Englisch fragt, ob er ein "Nazi" sei. Der Brite antwortet mit "Nein".
Die russische Justiz stuft den 22-jährigen Briten als ausländischen "Söldner" ein, so dass er strafrechtlich verfolgt werden kann und nicht als Kriegsgefangener gemäß der Genfer Konvention behandelt werden muss. Die Beteiligung an Kampfhandlungen als Söldner wird in Russland mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft. Gegen Anderson laufen zudem Ermittlungen wegen eines "terroristischen Angriffs", ein Straftatbestand, auf den in Russland bis zu 20 Jahre Haft stehen.
Russland hat nach eigenen Angaben sieben Kinder an die Ukraine zurückgegeben. Dem seien Vermittlungsbemühungen Katars vorausgegangen, meldet die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass.
Katar fungierte bereits mehrfach als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine, um die Rückkehr verschleppter ukrainischer Kinder zu erleichtern. Nach ukrainischen Angaben wurden seit Beginn des russischen Angriffskrieges Ende Februar 2022 Tausende ukrainische Kinder widerrechtlich nach Russland gebracht. Nur wenige kamen bislang zurück.
Im ostukrainischen Gebiet Charkiw sind zwei Männer durch eine russische Drohne getötet worden. Drei weitere wurden bei dem Angriff auf einem Feld beim Dorf Bilyj Kolodjas verletzt, teilte Gebietsgouverneur Oleh Synjehubow bei Telegram mit.
Ein Traktor sei durch eine sogenannte First-Person-View-Drohne, die per Videoverbindung gesteuert wird, angegriffen worden. Der Ort ist nur wenige Kilometer von der Frontlinie bei der seit Monaten umkämpften Stadt Wowtschansk nahe der russischen Grenze entfernt.
Die ukrainische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben in der vergangenen Nacht 79 von 91 russischen Raketen abgefangen. Auch 35 der insgesamt 97 von den russischen Streitkräften gestartete Drohnen seien abgeschossen und zerstört worden. 62 der Drohnen habe man aus dem Blickfeld verloren, teilt die ukrainische Luftwaffe mit.
Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei ihrem Angriff auf die Energieinfrastruktur seines Landes Marschflugkörper mit Streumunition eingesetzt. Das sei eine "verabscheuungswürdige Eskalation", sagt der Präsident.
Er bekräftigt seinen Aufruf an die westlichen Verbündeten, mehr Ausrüstung für die ukrainische Flugabwehr zu liefern. Die rechtzeitige Bereitstellung müsse insbesondere in den kritischen Wintermonaten sichergestellt werden.
Deutschland bereitet erneut eine vorübergehende Verlegung des Flugabwehrsystems "Patriot" nach Polen vor. Der Einsatz der Bundeswehr soll nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa im Januar beginnen. Geplant ist demnach die zeitweise Stationierung von Soldaten und Waffensystemen im Raum Rzeszow im Südosten Polens. Die Erkundungen dafür sollen in den kommenden Tagen starten.
Bereits von Januar bis November 2023 waren deutsche "Patriot"-Einsatzstaffeln in Polen im Einsatz. Rund 320 Männer und Frauen der Bundeswehr bedienten in dieser Zeit drei "Patriot"-Systeme an zwei Standorten in der Nähe der Stadt Zamosc, 33 Kilometer westlich der Grenze zur Ukraine. Sie sollten den Luftraum des Landes schützen, nachdem Ende 2022 beim Einschlag einer Rakete in einem polnischen Dorf nahe der Grenze zwei Menschen getötet worden waren.
Nach massiven russischen Luftangriffen in der Ukraine sind dort nach Behördenangaben hunderttausende Menschen von der Stromversorgung abgeschnitten. In den westlichen Regionen Lwiw, Riwne und Wolyn hatten insgesamt mehr als eine Million Menschen am Donnerstag keinen Strom, wie die örtlichen Behörden mitteilten.
Zuvor hatte die ukrainische Luftwaffe landesweiten Luftalarm ausgelöst, der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko sprach von "massiven feindlichen Angriffen" auf die Energieinfrastruktur.
Russland hat die ukrainische Energie-Infrastruktur massiv mit Drohnen und Raketen angegriffen. "Überall in der Ukraine werden Energie-Einrichtungen angegriffen", teilte Energieminister Herman Haluschtschenko mit. Es gebe im ganzen Land Stromausfälle.
Explosionen wurden aus Kiew, Charkiw, Riwne, Chmelnyzkyj, Luzk und vielen anderen Städten in der Mitte und im Westen der Ukraine gemeldet. Ein weiterer Angriff traf die Region Wolyn im Norden. Die Stromversorgung dort sei eingeschränkt, sagte der regionale Militärchef Iwan Rudnyzkyj.
Landesweiter Luftalarm in der Ukraine
Wegen drohender Raketenangriffe ist in der Ukraine nach Angaben des Militärs im ganzen Land Luftalarm ausgelöst worden. Die ukrainische Luftwaffe erklärte, es seien Raketen entdeckt worden, die auf Charkiw, Odessa und acht andere Regionen gerichtet seien.
Russland und die Ukraine hatten in der vergangenen Woche ihren gegenseitigen Beschuss verstärkt, nachdem Kiew nach einer Freigabe aus Washington erstmals Ziele innerhalb Russlands mit US-Raketen des Typs ATACMS angegriffen hatte. Der Kreml reagierte darauf mit dem erstmaligen Einsatz einer neuartigen russischen Mittelstreckenrakete.
Berichte über Explosionen in Odessa
In der ukrainischen Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer sind Medienberichten zufolge Explosionen zu hören. Lokale Medien berichteten, es solle sich um einen Angriff mit Marschflugkörpern handeln. Offiziell bestätigt wurde das bisher nicht. Odessa im Süden der Ukraine wird immer wieder Ziel russischer Angriffe und wurde bei den massiven Angriffswellen der vergangenen Wochen mehrmals getroffen.
Russland hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau die Siedlung Nova Illinka in der Nähe der umkämpften Stadt Kurachowe in der ostukrainischen Region Donezk eingenommen. Die ukrainische Armee hat sich bisher nicht dazu geäußert. Analysten und Kriegsblogger berichten von schnellen russischen Vorstößen in der Ostukraine und hatten bereits vor über einer Woche von der Einnahme Nova Illinkas berichtet.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete die Gebiete um Kurachowe und Pokrowsk in seiner abendlichen Videoansprache als "Schauplatz einiger der heftigsten Kämpfe des Konflikts".
In der EU wird wegen des anhaltenden russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine ein 15. Sanktionspaket vorbereitet. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa diskutierten Vertreter der 27 Mitgliedstaaten gestern Abend erstmals über neue Vorschläge der Europäischen Kommission, die ein schärferes Vorgehen gegen die sogenannte russische Schattenflotte für den Transport von Öl und Ölprodukten vorsehen. Zudem sei unter anderem geplant, Unternehmen mit Sitz in China ins Visier zu nehmen, die an der Herstellung von Drohnen für den russischen Krieg gegen die Ukraine beteiligt sind.
Russland wird seit langem vorgeworfen, zur Umgehung eines westlichen Preisdeckels für russische Ölexporte in Drittstaaten auf Schiffe zu setzen, die nicht in der Hand westlicher Reedereien oder von westlichen Versicherungen versichert sind.
Geheimdienste in den USA halten den Einsatz russischer Atomwaffen trotz der Drohung von Präsident Wladimir Putin für unwahrscheinlich. Das sagten fünf mit den Geheimdiensten vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die nachrichtendienstliche Bewertungen der vergangenen sieben Monate hätten ergeben, dass eine nukleare Eskalation infolge einer Lockerung der Beschränkungen für den Einsatz von US-Waffen durch die Ukraine unwahrscheinlich sei. Allerdings sei es wahrscheinlich, dass Russland Sabotageakte gegen europäische Ziele ausweiten werde, um den Druck auf den Westen wegen seiner Unterstützung für die Ukraine zu erhöhen.
Der Liveblog vom Mittwoch
Bei einem Gipfel in Schweden haben sieben NATO-Staaten angekündigt die Hilfen für die Ukraine auszuweiten. Der russische Präsident Putin ist zu einem Besuch in Kasachstan eingetroffen. Der Liveblog vom Mittwoch zum Nachlesen.