EU-Entscheidung über Glyphosat-Zulassung Keine Mehrheit für befristete Verlängerung
Wieder hat die EU-Kommission keine Mehrheit für eine Verlängerung von Glyphosat zustande bekommen - auch ihr Kompromissvorschlag für eine kurzfristige Neuzulassung fand nicht die nötige Zustimmung. Die Bundesregierung hatte sich enthalten. Nun soll ein Vermittlungsausschuss ran.
Die Mitgliedsstaaten der EU haben sich nicht auf eine befristete Verlängerung des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat um bis zu 18 Monate einigen können. Im zuständigen Expertengremium gab es am Vormittag in Brüssel keine qualifizierte Mehrheit für den Vorschlag der EU-Kommission. Das teilte eine Sprecherin der Bundesumweltministeriums mit. Die Kommission hat nun einen Vermittlungsausschuss einberufen.
Die Bundesregierung enthielt sich in Brüssel, weil man sich in der Koalition auf keine gemeinsame Linie hatte einigen können. Die SPD lehnt eine weitere Zulassung von Glyphosat mit der Begründung ab, dass die gesundheitlichen Auswirkungen des Gifts unklar seien. Glyphosat wird vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) und die Union dagegen sind für eine Neuzulassung.
Schmidt kritisiert Hendricks für Nein
Vor der Abstimmung hatte Schmidt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks von der SPD scharf kritisiert. "Grundsätzlich sehe ich es mit Sorge, dass in einer solchen Frage Politik nach Belieben betrieben wird und nicht auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse", sagte Schmidt der "Rheinischen Post".
Wissenschaftler im In- und Ausland seien nach Auswertung von mehr als tausend Studien und Beiträgen zu dem Ergebnis gekommen, dass an der Unbedenklichkeit von Glyphosat bei fachgerechter Anwendung keine Zweifel bestünden. Allein auf dieser Grundlage sollte über eine Zulassungsverlängerung entschieden werden, und nicht etwa aus "politischer Taktik oder Ideologie", sagte Schmidt.
Kein nationales Verbot bei EU-Zulassung möglich
Am 30. Juni läuft die Glyphosat-Zulassung aus. Können sich die Mitgliedsstaaten bis dann nicht auf ein Verlängerung einigen, müssten sie alle Glyphosat-haltigen Produkte verbieten. Verhindern könnte das noch die EU-Kommission: Sie kann eine Neuzulassung im Alleingang beschließen.
In diesem Fall sähe das Bundesumweltministerium keine Chance, ein nationales Verbot für Deutschland auszusprechen. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit könne die Zulassung nicht mit der Begründung verweigern, Glyphosat sei wahrscheinlich krebserregend, wenn die Chemikalie als Wirkstoff in der EU genehmigt sei, sagte ein Sprecher des Ministeriums.
Die Kommission wolle aber auch deshalb die Zulassung für zunächst 18 Monate, um ein neues Gutachten der Europäischen Chemikalien-Agentur abzuwarten, so EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis.
Hendricks fordert "andere Landwirtschaftspolitik"
Mit Blick auf die Entscheidung in Brüssel forderte Bundesumweltministerin Hendricks in einem Interview generell eine "andere Landwirtschaftspolitik". Gefördert werden sollte "nur noch die Produktion gesunder Lebensmittel, die Pflege von Natur und Landschaft, der Gewässerschutz", sagte sie den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Es ist höchste Zeit zum Umsteuern." Umweltschützer prangern Glyphosat auch deswegen an, weil sie Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt befürchten.