Bericht der staatlichen Aufsicht Stabile Großbanken mit beachtlichen Risiken
Europas Bankkonzerne stehen aktuell gut da - sind aber wachsenden Risiken ausgesetzt. Vor allem für die Folgen der Klimakrise sind sie laut EZB nicht ausreichend gewappnet.
Die großen Bankkonzerne in Europa sind insgesamt stabil und profitabel. Trotzdem machen sich staatliche Bankenaufseher Sorgen. In zahlreichen Banken mangelt es an vernünftigem Management. Wenn es zu Wirtschaftsschocks kommt, können viele Banken nicht schnell genug reagieren. Das wurde deutlich, als die Chefs der Großbanken-Aufsicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) heute in Frankfurt am Main ihren Jahresbericht vorstellten.
Zudem laufen Computersysteme häufig nicht sicher. Risiken für das Bankgeschäft werden den Aufsehern zufolge schlecht eingeschätzt - allen voran Risiken aus dem Klimawandel. Einigen wenigen Banken fehlt schlicht das nötige Geld.
Unsichere Gewinnlage
Erstmals liegt der Gewinn von Großbanken bei zweistelligen Prozentwerten des eingesetzten Kapitals, berichtete der Chef der europäischen Aufsicht, Andrea Enria. Das ist ein Durchschnittswert der 109 Bankkonzerne, die von der EZB beaufsichtigt werden. Darunter sind 22 deutsche Konzerne.
Niedrige Börsenwerte von Banken zeigten aber, dass Investoren nicht an dauerhaft gute Gewinne glaubten. Enria wies darauf hin, dass es beim insgesamt gestiegenen Zinsniveau leichter sei, Gewinn zu machen. Andererseits steige mit höherem Zinsniveau auch das Risiko der Banken mit ihrem Kreditgeschäft.
Was, wenn der CO2-Preis drastisch steigt?
"Klima und Umweltrisiken sind für die Wirtschaft und die Finanzbranche entscheidend", heißt es im amtlichen Bericht der EZB-Bankenaufsicht. Was passiert mit Banken, die alte Industrien ohne Zukunftsaussicht finanzieren? Was geschieht, wenn der CO2-Preis drastisch steigt und reihenweise Bankkunden unter Druck setzt?
Am Beispiel der Klimarisiken erläuterte der Vizechef des Aufsichtsgremiums, Frank Elderson, seinen Werkzeugkasten. Zunächst hatte die EZB Banken auf Klimarisiken hingewiesen. Dann wurde in Aufsichtsgesprächen nachgefragt, was Bankmanager tun, um Geschäftsrisiken aus dem Klimawandel in den Griff zu bekommen. Die EZB stellte, so Elderson, fest: "Zu viele Banken haben zu viel Arbeit vor sich".
Daraufhin veranstaltete die Aufsicht diesen März einen Test, bei dem Banken einen Schock aus stark gestiegenem CO2-Preis simulieren mussten. "Eine Anzahl Banken hatte ihre Hausaufgaben nicht gemacht", sagte Elderson. Bis Ende kommenden Jahres müssten die Institute nacharbeiten. Klimarisiken zu managen sei "eine unserer Haupt-Prioritäten in der Aufsicht". Elderson mahnte: "Die physikalischen Risiken da draußen sind eher größer als bisher angenommen".
Schwierige Immobilienfinanzierung
Andrea Enria warnte vor Verlusten bei Banken in der Immobilienfinanzierung. Zum insolventen Signa-Konzern aus Österreich (zu dem unter anderem die Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof gehört) sagte er allgemein, die Bankenaufsicht kontrolliere, ob Kredite richtig bewertet seien. Bei der Immobilienfinanzierung kommt es darauf an, dass die zur Sicherheit hinterlegten Gebäude auch wirklich die nötigen Erträge erwirtschaften und ihr Verkaufswert erhalten bleibt. Wenn Schuldner Probleme bekommen, müssen Banken Sicherheiten für ausgeliehenes Geld abschreiben oder Rückstellungen bilden.
Enria sagte, bei einem großen Immobilienkonzern könne die Aufsicht vergleichen: Wie bewerten Banken in verschiedenen Ländern die Branche und den konkreten Schuldner? Mitunter würden verschiedene Banken auch dieselbe Immobilie finanzieren und verschieden bewerten. Enria deutete an, dass die Aufsicht bei einigen Banken auf vorsichtigere Bewertung gedrungen habe. Die Vorstellung, dass das zum Versiegen der Finanzierung für Signa geführt haben könnte, nannte Enria "bizarr".
Jede Menge Auflagen
In 103 der beaufsichtigten 109 europäischen Bankkonzernen griff die Aufsicht dieses Jahr zu Zwangsmaßnahmen und Auflagen. Banken wurde verordnet, in bestimmten Fristen Mängel zu beseitigen. Der amtliche Bericht zeigt, dass je ein Viertel der betroffenen Institute wegen mangelhaftem Management und überbordendem Kreditrisiko belangt wurden. Jedes zehnte Institut hat Probleme, im Krisenfall flüssig zu bleiben. Bei drei Bankkonzernen waren gar drastische Maßnahmen nötig, um die Liquidität sicherzustellen.
Mit besonderer Sorge betrachten Europas Bankenaufseher wacklige Computersysteme. Es sei nicht gestattet, dass Banken zu viel an Dienstleister auslagern und die technischen Abläufe nicht selbst kontrollierten. Für kommendes Jahr ist ein Stresstest der Computersysteme geplant.