Geldtransfer in maximal zehn Sekunden Echtzeitüberweisungen werden Standard
Wenn Bankkunden Geld überweisen, kommt es bei einer klassischen Überweisung in der Regel erst nach einem Arbeitstag an. Ab heute werden schnelle Echtzeitüberweisungen im Euroraum zur Norm.
Beim Online-Banking reicht oft ein zusätzlicher Mausklick, um aus einer normalen Überweisung eine Echtzeitüberweisung zu machen. Dann fließt das Geld in maximal zehn Sekunden von einer Bank zur anderen. Solche Echtzeitüberweisungen sind bei Girokonten im Euroraum seit heute Standard. Das sieht eine neue EU-Verordnung vor.
In einem ersten Schritt müssen alle Bankkunden solche Überweisungen empfangen und später, ab 9. Oktober, auch selbst beauftragen können. Möglich soll das auch außerhalb der Geschäftszeiten einer Bank sein - rund um die Uhr. Und diese Echtzeitüberweisungen dürfen nicht mehr kosten als reguläre Überweisungen.
Gebrauchtwagen zahlen ohne Bargeld
Die meisten deutschen Banken und Sparkassen bieten die Dienstleistung bereits freiwillig an - mitunter sogar kostenlos. So ist es etwa bei der Frankfurter Sparkasse. Dort gebe es im Schnitt jeden Monat rund 200.000 Echtzeitüberweisungen, berichtet Oliver von der Herberg, bei der Sparkasse Produktmanager für Girokonten und Zahlungsverkehr.
In bestimmten Situationen könnten Echtzeitüberweisungen sehr nützlich sein, etwa beim Kauf eines Gebrauchtwagens, sagt von der Herberg. "Denn Verbraucher können sich das Fahrzeug ansehen, den Vertrag unterzeichnen und noch vor Ort über ihr Online-Banking Geld überweisen", so der Experte für Zahlungsverkehr. Der Verkäufer wiederum wisse nach Sekunden, ob das Geld bei ihm eingegangen sei, und könne das Auto dann übergeben.
Fehler sind schwer rückgängig zu machen
Das schnelle Tempo kann bei Echtzeitüberweisungen allerdings auch ein Nachteil sein, nämlich wenn Bankkunden dabei Fehler machen. "Denn dann ist das Geld eben auch in Sekunden auf einem fremden Konto, und sobald der Empfänger Zugriff darauf hat, ist ein Rückruf nicht mehr möglich", mahnt von der Herberg.
Trotzdem könne die Echtzeitüberweisung die klassische Überweisung langfristig überflüssig machen und für viele Bankkunden zur neuen Normalität werden, sagt Burkhard Balz, Mitglied im Vorstand der Bundesbank und dort für den baren und unbaren Zahlungsverkehr zuständig. "Die Echtzeitüberweisungen werden den Zahlungsverkehr in Europa auf eine neue Stufe heben", so Balz.
PayPal liegt im Online-Handel vorn
Denn auf der Basis von Echtzeitüberweisungen könnten laut Balz neue Bezahlverfahren entwickelt werden, mit denen Kunden langfristig auch vor Ort im Handel und im Internet einkaufen können. Große Chancen sieht der Bundesbank-Vorstand diesbezüglich zum Beispiel beim bereits existierenden europäischen Bezahlsystem Wero. Das war Anfang Juli 2024 unter anderem in Deutschland gestartet.
Für die Finanzbranche ist das ein Hoffnungsschimmer, nachdem sich auf dem hiesigen Bezahlmarkt vor allem US-amerikanische Unternehmen breit machen. Insbesondere beim Online-Einkauf ist nach Angaben des wissenschaftlichen Instituts des Handels EHI weiterhin PayPal sehr beliebt. Damit wurde hierzulande zuletzt am meisten Umsatz gemacht.
EZB wehrt sich gegen zu große Marktmacht
Auch Karten von Visa und Mastercard werden gern genutzt, genau wie Apple Pay und Google Pay. Diese Entwicklung verfolgt auch die Europäische Zentralbank sehr genau. Dort legt man großen Wert darauf, dass es auf dem Bezahlmarkt weiterhin eine Vielfalt von Möglichkeiten gibt.
Denn wenn ein Unternehmen zu viel Marktmacht habe, unabhängig woher es komme, könne es die Gebühren anheben, sagt Ulrich Bindseil, bei der Zentralbank Experte für das Thema Zahlungsverkehr und Marktinfrastruktur. Das bekommen in erster Linie häufig die Händler zu spüren, aber solche Gebührenerhöhungen können diese über die Preise auch an Verbraucher weiterreichen.
Am Ende kommt alles auf die Verbraucher an
Die Echtzeitüberweisungen sind für Bindseil insofern ein wichtiger Schritt, um diese Vielfalt in der Eurozone zu erhalten. "In allen Bereichen, in denen wir Unabhängigkeit erhalten können, indem wir Lösungen haben, die unter europäischer Kontrolle sind, sollten wir es machen", so der EZB-Experte. Die Zentralbank stellt die für die Echtzeitüberweisungen nötige IT, setzt Standards und übernimmt die Aufsicht.
Nun kommt es darauf an, ob Verbraucher und Händler mitziehen. Es ist keinesfalls garantiert, dass sie europäische Bezahlmethoden auf der Grundlage von Echtzeitüberweisungen nutzen und auch akzeptieren, nachdem sich andere wie etwa PayPal bereits seit Jahren etabliert haben. Die deutsche Alternative Giropay etwa ist genau daran gescheitert. Das Online-Bezahlverfahren der Banken und Sparkassen wurde Ende 2024 mangels Interesse eingestellt.