Blick über Berlin

Umfrage unter Großinvestoren Der Wohnungsmarkt funktioniert nicht mehr

Stand: 19.01.2025 17:41 Uhr

Die Lage am Wohnungsmarkt ist angespannt, es mangelt an günstigem Wohnraum. Inzwischen beklagen dies sogar Großinvestoren: Für sie wird das Immobiliengeschäft immer komplizierter.

Selbst Großinvestoren, die mit knappen Gütern Geld verdienen, sind der Meinung, dass der deutsche Wohnungsmarkt unter zu wenig billigen Wohnungen leidet. Das zeigt eine Umfrage der Wirtschaftsberater EY unter 150 Fonds, Banken und Immobiliengesellschaften.

Die Manager der Immobilienbranche rechnen damit, dass weniger Menschen als bisher ihre alte Wohnung aufgeben und umziehen. "Das ist ein Zeichen, dass der Wohnungsmarkt im Moment nicht richtig funktioniert", sagte Paul von Drygalski von EY. "Wir brauchen in großem Umfang bezahlbaren Wohnraum", meint Florian Schwalm, Partner der Wirtschaftsberatungsgesellschaft.

In den 1970er-Jahren wurden subventionierte Sozialwohnungen gebaut. Nach 50 Jahren endet die sogenannte Sozialbindung; die Eigentümer können nun zu Marktpreisen vermieten. Die EY-Immobilienfachleute sehen darin einen Grund für den angespannten Markt bei billigen Wohnungen.

Hohe Kosten, teure Auflagen

Auch die Pflicht, alte Häuser so umzubauen, dass sie weniger geheizt werden müssen - Stichwort: "energetische Sanierung" -, behindere den Wohnungsbau. "Das kostet Budgets, die für Neubau nicht mehr zur Verfügung stehen", sagte Schwalm.

Hohe Kosten und staatliche Auflagen nannte von Drygalski als Gründe, warum in Städten nicht mehr Freiflächen bebaut und Häuser aufgestockt werden - Stichwort: "Nachverdichtung". Die Baukosten sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stärker gestiegen als andere Preise: zuletzt um 3,1 Prozent innerhalb eines Jahres.

EY-Manager Schwalm deutete an, dass Privatpersonen besonders zurückhaltend sind, weil es keine Klarheit über staatliche Förderung des Wohnungsbaus gebe. "Privatpersonen brauchen Sicherheit" sagte Schwalm. Der Weg von Planung bis zum fertigen Haus sei sehr lang.

Eigenheiten des deutschen Mietmarktes

In Deutschland leben laut Statistischem Bundesamt 58 Prozent der privaten Haushalte in Mietwohnungen und -häusern. Die jüngste Vermögensstudie der Bundesbank zeigt zudem, dass acht Prozent der Mieterinnen und Mieter nebenbei auch Immobilieneigentum haben. Sie wohnen also zur Miete und haben andernorts eine Wohnung oder ein Haus.

Das Statistische Bundesamt belegt, dass es auf dem Land deutlich mehr Eigentümer gibt, in Städten viel weniger. In Ostdeutschland ist privates Immobilieneigentum ebenfalls gering. Dies könnte auch historische Gründe haben: In der früheren DDR war Wohneigentum unüblich. Auch fehlt es nach wie vor an Geldvermögen für Hauskäufe. Andererseits sind die Immobilienpreise im Osten generell niedrig.

"Innenstädte haben es schwer"

Die Daten von EY zeigen, dass in allen Immobilienmärkten nur Gebäude in sehr guten Lagen kurzfristig Aussicht auf Werterhalt haben. Bei Büros verlangten Mieter immer mehr Qualität, Rabatte und Sonderleistungen. In sehr guten Innenstadtlagen können moderne Büros aber noch gut vermietet werden. Ohne attraktive Büros in bester Lage sei es für Unternehmen schwer, ihr Personal wieder aus dem Homeoffice zu locken, sagte EY- Partner Schwalm.

Im Einzelhandel lohnen sich für Investoren eigentlich nur noch Lebensmittelgeschäfte. "Innenstädte haben es nach wie vor schwer", sagte von Drygalski. Shoppingcenter seien nach wie vor im Niedergang. Bei Logistikimmobilien gebe es große Verschiebungen. Zwar werden immer mehr Umschlagplätze und -lager benötigt; da der Handel mit Russland zum Erliegen gekommen sei, gebe es aber Verschiebungen zu Flächen in der Nähe deutscher Häfen, so Schwalm.

Große Deals unter Druck

Die EY- Studie belegt, dass das Immobiliengeschäft auch für professionelle Investoren schwierig ist. Vergangenes Jahr registrierte EY veröffentlichte Verkäufe über 35 Milliarden Euro. Damit ist der Markt noch weit entfernt vom Spitzenumsatz im Jahr 2021, als Großgeschäfte über 114 Milliarden Euro veröffentlicht wurden.

Viele große Deals des Jahres 2024 waren von wirtschaftlichem Druck geprägt: Die pleitegegangene Signa-Gruppe des österreichischen Unternehmens René Benko musste das Berliner Kaufhaus KaDeWe für eine Milliarde Euro verkaufen. Im Wohnungsmarkt verkaufte Vonovia nach EY-Zählung Immobilien für 3,1 Milliarden Euro, um seinen drückenden Schuldenstand zu mindern.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 30. Dezember 2024 um 17:16 Uhr.