Konjunkturkrise "Viele Probleme in Deutschland sind hausgemacht"
Gerade vielen Firmen im Mittelstand macht die anhaltende Konjunkturflaute schwer zu schaffen. Unternehmer hoffen jetzt auf eine neue Regierung - und darauf, dass die Politik ihnen mehr Freiraum lässt.
Julian Gampper steht unter Druck - seit Jahrzehnten. Denn als Geschäftsführer der gleichnamigen Firma kennt sich der gelernte Maschinenbauer bestens mit Ventilen aus. Gemeinsam mit seinem Bruder Axel führt er ein Familienunternehmen, das Armaturen für die Heizungsbranche herstellt.
"Schon als Kind war ich mit meinem Vater am Wochenende im Betrieb. Wir haben Ventile auseinander gebaut, ausgemessen und geprüft", erzählt der 63-Jährige und lacht. Dann wird Gampper aber schnell ernst: "Wir hatten seitdem in jedem Jahrzehnt auch tiefgreifende Krisen, von der Ölkrise in der 1970er-Jahren bis zur Finanzkrise 2008. Die kamen aber von außen. Jetzt sind viele Probleme in Deutschland hausgemacht."
Fehlt die unternehmerische Freiheit?
Der mittelständische Betrieb hat wie die gesamte deutsche Wirtschaft ein schwieriges Jahr hinter sich. Firmensitz ist das rheinland-pfälzischen Alsenz. Das Unternehmen gehört zu einer Firmengruppe. Genaue Zahlen zu seiner Geschäftsbilanz nennt Gampper nicht.
"Es war sehr mäßig. Ich fürchte, dass 2025 ähnlich schwach wird wie 2024." Er habe bereits Stellen streichen müssen, versucht den Abbau sozialverträglich zu gestalten. "Wir mussten aber dennoch ein paar Kündigungen aussprechen." Jetzt arbeiten noch 70 Mitarbeiter in der Gießerei, in der Montage und der Entwicklung.
Ladenhüter Wärmepumpe
Von der Krise am Bau ist der Betrieb doppelt getroffen: Es wird nur sehr wenig gebaut. Zudem sei die Wärmepumpe statt wie von der Bundesregierung erwartet kein Verkaufsschlager, sondern eher ein Ladenhüter. Für Gampper ist das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das als Heizungsgesetzt bekannt wurde, ein abschreckendes Beispiel für Überregulierung.
"Im Neubau ist das eine ganz hervorragende Technik. Aber Gasheizungen ab einem bestimmten Datum zu verbieten, hat sehr viele Verbraucher verschreckt. Alles wurde über einen Kamm geschoren. Gerade im Bestand ist jedes Gebäude anders. Da braucht es passgenaue Lösungen", sagt Gampper. "Zudem können sich viele Eigenheimbesitzer eine Wärmepumpe doch gar nicht leisten. Das alles hat die Menschen verunsichert und jetzt weiß niemand, wo es hingeht."
"Man muss uns auch machen lassen"
Neben der Krise in der Bauwirtschaft machen Gampper auch andere Standortbedingungen zu schaffen: die im internationalen Vergleich hohen Energiekosten, der Facharbeitermangel sowie hohe Steuer- und Abgabenlast. Zudem beklagt der Geschäftsführer immer mehr Regulierung etwa beim Mindestlohn. "Arbeitnehmer sollen vernünftig bezahlt werden", so Gampper. "Aber die gesamte Gehaltsstruktur in einem Unternehmen wurde so nach oben verschoben, um den Abstand zu den unteren Lohngruppen zu wahren."
Früher sei klar gewesen, dass die Tarifparteien die Löhne aushandeln. "Das war passgenauer und gerechter. Das Leben in München ist ja auch teurer als hier bei uns in der schönen Region Alsenz." Von einer neuen Bundesregierung wünscht er sich Vertrauen in das Unternehmertum. "Wir haben doch weiter alle Chancen am Standort Deutschland, aber man muss uns auch machen lassen."
ifo-Institut: Trüber Ausblick für deutsche Wirtschaft
Wie dem Mittelständler Gampper geht es sehr vielen Unternehmen in Deutschland. Nach einer Umfrage des ifo-Instituts erwarten nur 12,6 Prozent der Firmen, dass ihre Geschäfte 2025 besser laufen werden. Ein Drittel rechnet sogar mit einer Verschlechterung. "Die Unternehmen sehen im Moment keine Hinweise für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Vor dem Hintergrund, dass die Wirtschaft 2024 schon schlecht gelaufen ist, sind diese Zahlen bedenklich", sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen.
"Wirklich optimistisch blickt keine Branche auf 2025. Auf die neue Bundesregierung wartet viel Arbeit", analysiert Wohlrabe. Besonders negativ schaut die Baubranche auf das neue Jahr. Hier erwartet jedes zweite Unternehmen eine Verschlechterung. Auch in der Industrie fällt der Ausblick gedämpft aus.
Zurückhaltung aus Unsicherheit
Das zeigt sich auch bei den Zukunftsplänen der Unternehmen am Standort Deutschland. "Wegen der strukturellen Standortprobleme und der hohen Unsicherheit über die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen halten sich Unternehmen bei ihren Investitionen zurück", sagt ifo-Konjunkturexpertin Lara Zarges. Auch für das Jahr 2025 planen die Unternehmen weniger Investitionen.
Aber welche Aufgaben warten auf eine neue Regierungskoalition? Das ifo-Institut fordert eine grundlegende Reform des deutschen Steuer- und Abgabensystems. "Unternehmen brauchen Investitions- und Wachstumsimpulse, mehr Arbeit muss sich für Haushalte mehr lohnen. Viele Regelungen, Ausnahmen und Privilegien sollten dagegen abgeschafft werden, sie führen zu mehr Bürokratie und hemmen das Wachstum", sagt ifo-Präsident Clemens Fuest.
Druck von innen - und von außen
Eine Reform sei angesichts einer im internationalen Vergleich hohen Steuerlast dringend nötig. Mehrarbeit lohne sich vor allem für Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen kaum. Deshalb sollte die Einkommensteuer in diesem Bereich gesenkt, Freibeträge sollten erhöht werden, so der Ökonom.
Ifo-Chef Fuest ist für eine grundsätzliche Trendwende in der Wirtschaftspolitik. Er hat dafür eine Wachstumsagenda 2030 vorgelegt. Darin macht sich der Wirtschaftsexperte dafür stark, Investitionen in die Wirtschaft zu fördern und das Steuer- und Transfersysteme zu reformieren. "Deutschland steht angesichts neuer geopolitischer Risiken, des fortschreitenden Klimawandels und fehlender Wirtschaftsdynamik vor enormen Herausforderungen", sagt Fuest.
Unternehmer Gampper fühlt sich übergangen
Auch Julian Gampper richtet seinen Blick schon auf das übernächste Jahr. Bundestagswahl, Koalitionsverhandlungen und neue Gesetze bräuchten eben auch Zeit. Wichtig sei, dass eine Bundesregierung der Wirtschaft auch wieder zuhören wolle, so der 63-Jährige. "Wir brauchen einen politischen Rahmen mit Sachkompetenz. Das Know-how ist in Verbänden und Betrieben da. Man sollte aufhören, uns Dinge einfach vor die Nase zu setzen. Das wollen - so glaube ich - auch immer mehr Bürger", sagt Gampper.
Der Geschäftsführer mit jahrzehntelanger Erfahrung wünscht sich weniger gezielte Subventionen oder einzelne Zuschüsse, sondern einen wirtschaftsfreundlichen Gesamtrahmen. "Nicht Weltkonzerne sind das Rückgrat unserer Volkswirtschaft, sondern der Mittelstand. Daran sollte sich eine neue Bundesregierung wieder erinnern - und entsprechend handeln."