New York Kunden retten Kultfriseur
Hier ließ sich schon Andy Warhol die Haare schneiden: Der Salon am Astor Place ist eine New Yorker Institution. Doch dann kam Corona - und brachte fast das Ende.
Gerade noch einmal Ungeschoren davongekommen sind sie. Chefbarbier John Vezza vom Salon Astor Place Hairstylists atmet auf. "Es ist gut für uns, gut für die Kunden, gut für New York City." Kaum ein Ort ist so sehr New York wie der Friseur-Salon, den Johns Großvater Enrico vor 75 Jahren als Einwanderer in East Village eröffnete.
"Geh auf die Straße da draußen und zeige auf irgendjemanden. Wir machen Zweijährige, 95-Jährige. Männer, Frauen - jede Ethnie, jeden Stil. Wir mache sie alle!", sagt John und meint: alle Frisuren. Alle Köpfe, alle Stile, alle Farben. Und tatsächlich: Viele berühmte Namen sind es, die die Stufen ins Kellergeschoss des Backsteinhauses schon hinabgestiegen sind, am Graffiti vorbei in den Linoleum-Bunker, getaucht in grelles Neonlicht.
Kennedys Sohn kam mit dem Fahrrad
"Alec Baldwin war hier. Susan Sarandon, Bruce Willis, Channing Tatum. Alle! JFK Junior kam immer angeradelt." Viele Fotos, wenig Glamour: Es ist der Chic des Abgewetzten. Kunden kommen für einen 25-Dollar-Haarschnitt dorthin, wo schon Andy Warhol und Robert de Niro auf die Scheren der Vezzas warteten.
Der Salon ist Multi-Kulti im wahrsten Sinne des Wortes. "Hier arbeiten Italiener neben Kolumbianern neben Israelis neben Ägyptern. Muslime, Juden, Christen. Alle Länder haben ihren Haircut", erklärt John. 70 Barbiere aus aller Welt, über drei Etagen zog sich der Salon. Bis in die 1970er Jahre war das so, erinnert sich Stammkunde Blaine: "Das war der Ort, an den die Punks kamen, um sich ihre bunten Hahnenkämme machen zu lassen. Sowas dauerte oft Stunden. Und kostete damals schon 200 Dollar."
Corona hätte fast das Ende bedeutet
Die Haarkünstler vom Astor Place haben vieles gesehen und vieles überlebt im Laufe der Jahrzehnte. Doch dann kam Covid - und stürzte den Salon in die Krise. Die Vezza-Brüder sagten: "Cut." Doch ihre Kunden schrieen: "No!" Hauptakteur bei der Rettung des Salons ist Finanzier Jonathan Trichter. Mit 15 bekam er hier seinen ersten Schnitt. Die Nachricht von der Schließung sei für ihn ein Schock gewesen. "Ich habe mich wie ein Fötus zusammengerollt und bin erstarrt", sagt Trichter. "Und dann bin ich aufgestanden und habe gedacht: Ich investiere und halte den Laden am Laufen."
Auch New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio ist schon Kunde bei den Astor Place Hairstylists gewesen.
"Jetzt ist alles möglich!"
Trichter gewann ein ganzes Rettungsteam. Darunter auch New Yorks Ex-Bürgermeister und Milliardär Mike Bloomberg, erzählt Trichter. "Wir einigten uns darauf, genug Geld reinzustecken, um die Not bis zum Frühjahr zu überbrücken - bis die Durstzeit hoffentlich vorbei ist."
Zwar haben die Vezza-Brüder die Scheren niedergelegt. Doch Astor Place Hairstylists läuft unter neuer Leitung weiter. 45 Friseure behalten ihren Job. Und New Yorks Köpfe behalten Haarkünstler wie Barbier Stephen Hammond, der sie in diesem Salon seit 35 Jahren bedient. "Oh Gott", seufzt er. Der letzte Schnitt sei für die nächsten 75 Jahre erstmal abgewendet. "Und in diesen nächsten 75 Jahren, das fühle ich, ist alles möglich!"