Elektrogesetz-Reform Wer soll Altgeräte gratis zurücknehmen?
Das Kabinett hat eine Reform des Elektrogesetzes verabschiedet, um die Altgeräte-Rückgabe zu erleichtern. Große Geschäfte sollen Kleingeräte immer und größere Geräte beim Kauf eines neuen zurücknehmen. So sollen mehr wertvolle Metalle recycelt werden.
Wie ist die aktuelle Lage?
Bisher basiert die Rücknahme alter Geräte durch den Handel auf Freiwilligkeit. In der Restmülltonne dürfen sie nicht entsorgt werden.
Wie viel Elektromüll gibt es?
Laut Schätzungen pro Jahr und Kopf rund 23 Kilogramm. Laut Umweltbundesamt wurden in Deutschland zuletzt knapp 780.000 Tonnen Elektroaltgeräte im Jahr gesammelt, davon 723.000 Tonnen aus privaten Haushalten. Bisher seien 8,8 Kilogramm pro Einwohner im Jahr gesammelt worden - der Wert soll deutlich gesteigert werden. Zudem soll besser über die nächstgelegene der rund 1500 kommunalen Sammelstellen informiert werden, wo die Bürger Altgeräte umsonst entsorgen können.
Warum gibt es eine Reform des Elektrogesetzes?
Zum einen muss die Regierung eine neue EU-Richtlinie umsetzen: Bis 2016 sollen mindestens 45 Prozent des Elektromülls erfasst und möglichst wiederverwertet werden. Bis 2019 sollen es 65 Prozent sein. Bisher werden viele Elektrogeräte auch unerlaubterweise im Hausmüll entsorgt.
Die Bundesregierung verfolgt mit der Novelle drei Ziele: Erstens soll mehr gesammelt werden. Zweitens sollen wertvolle Metalle wiederverwertet und Schadstoffe umweltgerecht entsorgt werden. Drittens will sie den illegalen, gesundheitsgefährdende Schrottexport nach Afrika eindämmen.
Wo können Verbraucher ihre Altgeräte zurückgeben?
Läden mit einer Verkaufsfläche für Elektro- und Elektronikgeräte von mehr als 400 Quadratmetern müssen laut Gesetzesentwurf Altgeräte beim Kauf eines neuen Geräts kostenlos zurücknehmen. Das beträfe etwa die großen Ketten.
Wenn ein Gerät eine Kantenlänge von maximal 25 Zentimetern hat, müssten die Geschäfte mit über 400 Quadratmeter das Gerät selbst dann zurücknehmen, wenn der Kunde kein neues kauft. Das würde etwa für Handys, Modems, Ladegeräte gelten - aber auch die meisten Toaster erfüllen das Kriterium. Ein Bon für die Altgeräte müsste nicht vorgezeigt werden.
Und was ist mit dem Online-Handel?
Auch hier soll der Rücknahmezwang beim Neukauf gelten. Amazon nimmt derzeit einen Pauschalpreis von 15 Euro, wenn bei der Lieferung neuer Geräte die alten mitgenommen werden soll. Das wäre künftig kostenlos. Hendricks Ministerium empfiehlt Rücknahmekooperationen mit dem stationären Handel oder Partnerschaften mit Sozialeinrichtungen wie der Caritas, die mit der Verwertung Geld verdienen könnten.
Alte Handys und andere Kleingeräte können jetzt schon zum Beispiel auch über das Electroreturn-Angebot der Post kostenlos eingesandt werden - das Recyclingunternehmen Alba profitiert von den Wertstoffen. Seit 2012 sollen so rund 98.000 ausgediente Geräte eingegangen sein.
Was macht der Händler mit dem Schrott?
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass er ihn entweder selbst verwertet oder den Herstellern oder Entsorgungsunternehmen übergibt. Im Prinzip soll es wie beim Grünen Punkt eine Produktverantwortung der Hersteller für verkaufte Geräte geben. Bei ihrer dafür gegründeten Einrichtung, der Stiftung ear, müssen sie ihre Mengen beziffern. Daran bemessen sich auch ihre Entsorgungspflichten und -kosten.
Die Entsorger haben großes Interesse an mehr Elektromüll, denn in Zeiten knapper werdender Rohstoffe lässt sich damit gutes Geld verdienen.
Wie reagiert die Wirtschaft?
Unterschiedlich. Man begrüße, dass die kleinen Geschäfte nicht zur Rücknahme verpflichtet würden, das wäre eine große Belastung gewesen, erklärte der Handelsverband Deutschland. Zudem sei ein fairer Wettbewerb zwischen Onlinehändlern und Geschäften wichtig.
Der deutsche Onlinehandel warnt hingegen vor Gefahren und Risiken: Altgeräte könnten schädliche oder gefährliche Stoffe enthalten, erklärte der Bundesverband Onlinehandel. Es sei "in keinster Weise nachvollziehbar, warum dem Handel eine solche Expertenaufgabe auferlegt werden soll". Im Vergleich zum stationären Handel ergäbe sich für den Onlinehandel eine "zusätzliche Sonderlast", da eine Gratisrücknahme die Übernahme der Versand- und Transportkosten einschlösse. Besonders die Rücknahme sperriger oder schwerer Altgeräte brächte "erhebliche Zusatzkosten" mit sich.
Der Bundesverband der Entsorgungswirtschaft lobte den Vorstoß dagegen als bürgerfreundlich. Er forderte aber bessere Regelungen zur Überwachung.
Wie geht es weiter?
Wenn Bundestag und Bundesrat zustimmen, soll das Gesetz bis Jahresende in Kraft treten. Umweltministerin Barbara Hendricks will als nächstes bundesweit eine Wertstofftonne auf den Weg bringen - über diese könnten einfacher als bisher gerade kleine Elektrogeräte eingesammelt werden. Dann bräuchte der Bürger für die Entsorgung auch keinen Zollstock.
Quelle: dpa, mit Material von AFP