Ausgaben des Staates Verschwenderische öffentliche Hand
Bund, Länder und Kommunen verschwenden beim Einkaufen systematisch Steuergeld. Mögliche Mengenrabatte werden nicht genutzt. Experten schätzen das Einsparpotenzial auf 50 bis 75 Milliarden Euro pro Jahr.
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Großeinkäufer. Nach Schätzungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kaufen Bund, Länder und Kommunen für mindestens 500 Milliarden Euro im Jahr ein. Einfache betriebswirtschaftliche Regeln wie eine Mengenbündelung zur Erzielung von Preisnachlässen werden dabei meist nicht befolgt.
Verschiedene Online-Portale, auf denen Aufträge ab 221.000 Euro europaweit ausgeschrieben werden müssen, belegen, dass keine zentrale Koordination erfolgt. Die meisten Behörden bestellen Waren und Dienstleistungen in Eigenregie und Kleinstmengen: vom Pkw über Heizöl bis zum Druckerpapier.
Keine Mengenbündelung, keine Rabatte
Robert Müller-Török, Professor für digitales Verwaltungsmanagement an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg, bezeichnet die mangelnde ökonomische Ausrichtung des öffentlichen Einkaufs als "Kardinalproblem".
Güter, die große Spielräume für Rabatte bieten, würden in derartig kleine Mengen unterteilt, dass der Preis nicht besser sei als bei einem privaten Verbraucher - manchmal sogar schlechter, weil Ausschreibungsverfahren für den Lieferanten mit viel Bürokratie und Aufwand verbunden seien.
Auf mindestens 50 Milliarden Euro schätzt der Wissenschaftler das jährliche Einsparpotenzial. Duran Sarikaya, Geschäftsführer der Kloepfel Consulting, Europas größter privater Agentur für Einkaufs- und Lieferkettenmanagement in Düsseldorf, geht noch weiter: Seiner Rechnung nach geben Bund, Länder und Kommunen bis zu 75 Milliarden Euro im Jahr zu viel für Waren, Dienstleistungen und Bauprojekte aus.
Angst vor Nachprüfungsverfahren
Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern der Europäischen Union müssen öffentliche Aufträge in Deutschland in Einzelaufträge, sogenannte Lose, unterteilt werden. Das soll dazu beitragen, dass auch mittelständische Unternehmen als Lieferanten zum Zug kommen. Guter Ansatz, schlechte Umsetzung, kritisiert Gordon von Miller von der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg. Seiner Ansicht nach wollen die Behörden Nachprüfungsverfahren um jeden Preis vermeiden. Aus Angst vor Fehlern würden sie die Lose deshalb zu klein stückeln. Dieses unwirtschaftliche Vorgehen verhindere Mengenrabatte.
Die Einkaufsgemeinschaft Kommunaler Krankenhäuser, EKK plus, zeigt, dass es auch anders geht. Darin haben sich rund 280 kommunale Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen zusammengeschlossen, um durch große Bestellmengen Geld zu sparen.
Das funktioniert. Das städtische Klinikum Fulda beispielsweise hat über die Einkaufsgemeinschaft drei neue Computertomographen bestellt. Preisnachlass: 750.000 Euro. Daneben, so Markus Fischer, Leiter der Einkaufsabteilung im Klinikum Fulda, spare der Zusammenschluss auch zeitlich und personell Ressourcen ein, weil sich nicht jedes einzelne Haus mit Warenkunde und Marktanalysen beschäftigen muss. So nutzt jedes Krankenhaus die jeweilige Expertise aus den anderen Unternehmen.
Einziger Ansatz: Kaufhaus des Bundes
Mit dem Kaufhaus des Bundes gibt es einen ersten Ansatz zur Mengenbündelung beim Einkauf durch die öffentliche Hand. Diese Online-Plattform wurde 2003 gegründet. Laut Bundesinnenministerium lag der Gesamtumsatz 2023 allerdings nur bei rund acht Milliarden Euro - das sind 1,6 Prozent des deutschen Gesamtbudgets. Ein Problem: Im Kaufhaus des Bundes dürfen nur Bundesbehörden einkaufen.
Österreich macht es besser. Dort können auch Länder und Kommunen im zentralen staatlichen Online-Shop bestellen. Die Plattform besteht seit 2001 und habe sich längst zu einem "Verwaltungs-Amazon" entwickelt, so Alexander Prosser von der Wirtschaftsuniversität Wien. Seinen Informationen zufolge liegt das durchschnittliche Sparpotential bei 18 Prozent.