Interview

Interview mit dem Sicherheitsexperten Matschke "Nur motivierte Mitarbeiter sorgen für Sicherheit"

Stand: 31.05.2008 01:04 Uhr

Das Ausspionieren von Telefondaten hat die Telekom in eine große Krise gestürzt. Ziel dieser Aktion war es, eine undichte Stelle im Vorstand zu finden. Es bestand der Verdacht, dass aus der Führungsebene geheime Informationen an die Presse weiterleitet wurden. Hätte das Unternehmen überhaupt anders handeln können? Ja, meint der Sicherheitsexperte Klaus-Dieter Matschke im Interview mit tagesschau.de.

tagesschau.de: Wie kann ein Unternehmen verhindern, dass Betriebsgeheimnisse öffentlich werden?

Matschke: Das sicherste Unternehmen ist das Unternehmen, in dem die Motivation stimmt. In einem Unternehmen mit zufriedenen Mitarbeitern passiert so etwas meiner Erfahrung nach nicht. Überall dort, wo die Mitarbeiter unzufrieden sind, wo zum Beispiel die Lohn- und Gehaltsstruktur nicht stimmt, wo es Ärger mit der Öffentlichkeit gibt, da kommt es zu sehr starken Verwerfungen.

Zur Person
Klaus-Dieter Matschke war Kriminaloberrat und als Sicherheitsbeauftragter auf hoher politischer Ebene tätig. Seine Spezialgebiete sind Wirtschaftskriminalität und Spionage. Er ist heute Geschäftsführer eines Sicherheitsunternehmens in Frankfurt und berät Firmen in Fragen der internen Sicherheit. Er ist außerdem Vizepräsident beim Bund internationaler Detektive.

tagesschau.de: Was sollte ein Unternehmen machen, wenn Interna in der Presse auftauchen?

Matschke: Wenn es wirklich feststehen sollte, dass Firmeninterna oder -geheimnisse an Dritte weitergegeben wurden, ist mit der juristischen Abteilung des Hauses zu klären, ob hier ein Fall von Industriespionage vorliegt. Dann muss überlegt werden: Hat irgendjemand im Unternehmen ein Interesse, Nachrichten dieser Art weiterzugeben?

Datenvergleich hätte man nicht gebraucht

tagesschau.de: Die Telekom hat die Telefondaten eines Verdächtigen abgleichen lassen. Ist das in Ordnung?

Matschke: Den Datenabgleich hätte man gar nicht gebraucht, wenn man sich im Vorfeld in das Abenteuer des Nachdenkens begeben hätte. Es gibt viel bessere Methoden, zum Beispiel mit sogenannten Spielmaterial. Das können zum Beispiel Scheinpapiere sein. Scheinpapiere sind Manuskripte mit vermeintlichen Betriebsgeheimnissen. Die Papiere sind fast identisch und nur an unauffälligen Stellen abgewandelt. Man kann genau nachvollziehen, wer jetzt dieses Material an andere weitergibt. Das ist eigentlich die gängigste und häufigste Methode.

tagesschau.de: Die Unternehem sehen die Schuld auch bei den beauftragten Detekteien...

Matschke: Die Sicherheitsunternehmen werden das ausführen, wozu sie beauftragt sind. Sie bekommen einen klar umrissenen Auftrag und ziehen diese Dinge durch, ohne großartig nachzufragen. Dieses Nachfragen halte ich für wichtig. Bei vielen ist es so, dass sie froh sind, wenn sie solche Aufträge bekommen und Umsätze erzielen.

Interne Sicherheit muss Chefsache sein

tagesschau.de: Wer sollte Aufträge an Detekteien erteilen?

Matschke: Interne Sicherheit sollte generell Chefsache sein. Im Regelfall wird aber das Thema Sicherheit in der Personalabteilung oder bei irgendwelchen anderen Vorständen angesiedelt. Das finde ich falsch. Sicherheit ist das wichtigste Thema schlechthin, denn hier geht es um den Fortbestand der Firmen.

tagesschau.de: Schützen denn die Firmen ihre Betriebsgeheimnisse genug?

Matschke: Viele Mitarbeiter gehen sehr lax mit dem um, was sie im Zuge ihres Arbeitsverhältnisses mitbekommen. Sie kümmern sich recht wenig um den Fortbestand des Unternehmens. Ein Briefing der Mitarbeiter findet nicht statt. Das ist wiederum eine Sache der internen Kommunikation eines Unternehmens. Die Sicherheitskommunikation in den Firmen wird vernachlässigt und muss aufgebaut werden. Den Mitarbeitern muss klar werden: Es geht um den Erhalt des Unternehmens und darum, Arbeitsplätze zu sichern.

Das Interview führte Daniel Frick, tagesschau.de