Rennsport-Pläne Das interessiert VW an der Formel 1
Die Formel-1-Pläne des VW-Konzerns für seine Marken Audi und Porsche scheinen Gestalt anzunehmen. Was steckt dahinter? Und was sind die Knackpunkte für einen möglichen Einstieg?
Von Thomas Spinnler, tagesschau.de
Die Autokonzerne Audi und Porsche verfolgen weiter den Plan, in die Formel 1 einzusteigen. Die Idee ist nicht neu, seit Jahren wird bereits über ihren möglichen Einstieg in die Rennserie spekuliert. Auch die aktuellen Meldungen deuten darauf hin, dass eine Entscheidung längst noch nicht gefallen ist. Denn sowohl Vorstand und Aufsichtsrat des Mutterkonzerns Volkswagen als auch die von Porsche und von Audi bestätigten gestern lediglich "Planungen der beiden Konzernmarken für einen eventuellen Einstieg in die Formel 1".
Rekordweltmeister Lewis Hamilton und der amtierende Champion Max Verstappen gaben ihre Freude über den möglichen Formel-1-Einstieg trotzdem bereits zu Protokoll: Es sei großartig, dass wir neue Hersteller in unserem Sport bekommen, so Hamilton: "Wir heißen sie willkommen", sagte der Mercedes-Fahrer. Auch Red-Bull-Pilot Verstappen findet es aufregend und wichtig für die Formel 1. Es sei toll, so große Marken in der Rennserie zu haben.
Tatsächlich greifen beide Fahrer der Zeit voraus. Denn im Gespräch ist zumindest bei Audi wohl ein Einstieg frühestens im Jahr 2026. Die VW-Tochter teilte mit, dass es grundsätzlich die Möglichkeit gebe, 2026 in die Königsklasse des Motorsports einzusteigen.
Markenbekanntheit vergrößern
Aber was nutzt es einem Konzern wie Volkswagen, wenn er an der Formel 1 mit seinen Marken teilnimmt? "Der wichtigste Grund für einen Einstieg in die Formel 1 ist es normalerweise, die Markenbekanntheit zu erhöhen", erklärt Christoph Stürmer, Automotive Partner bei der Unternehmensberatung Vindelici Advisors gegenüber tagesschau.de. Das gelte insbesondere für Länder, die jetzt durch die Formel 1 erschlossen werden, wie beispielsweise Saudi-Arabien und bis zum Beginn des Ukraine-Kriegs auch Russland.
Denn nicht überall in der Welt sind diese Autokonzerne im Alltag so geläufig wie hier: "Marken wie Audi oder Porsche sind von der Lebenswirklichkeit vieler normaler Verbraucher dort so weit entfernt, dass sie unerreichbar erscheinen. Durch die Präsenz in der Formel 1 können sie ihre Bekanntheit und damit die Reichweite der Marke deutlich vergrößern", sagt der Experte.
"Finale Bewertungsphase"
Eine Entscheidung für einen Einstieg sei noch nicht gefallen, man befinde sich "in der finalen Phase der Bewertung", heißt es von den drei Autokonzernen weiter. Hintergrund ist, dass das Formel-1-Reglement ab 2026 noch nicht bekannt ist. "Es sieht weitreichende Änderungen für einen nachhaltigeren Sport vor und ist Voraussetzung für einen möglichen Einstieg von Audi", so die Mitteilung. Hierbei sei Audi im Austausch mit dem Automobil-Weltverband Fia.
Grundsätzlich hält Stürmer einen Einstieg von Porsche für relativ wahrscheinlich. "Porsches Image lebt vom Rennsport, da ist es logisch, in diese Rennserie zu investieren. Auch um das Ansehen des Verbrennungsmotors aufrechtzuerhalten, wäre ein Einstieg strategisch sinnvoll", meint der Experte.
Formel 1 bald nachhaltig?
Bei Audi ist er hingegen skeptischer, denn da stehe die Elektrifizierung der Antriebe strategisch im Vordergrund. Von der Antriebstechnologie her gesehen erscheint laut Stürmer ein Einstieg also eventuell weniger passend. Aber es sieht zumindest danach aus, als käme die Formel 1, die sich natürlich ein zeitgemäßeres Image verpassen will, Audi entgegen.
Die aktuellen Pläne sehen vor, dass ab 2026 die Hybrid-Motoren mit 100 Prozent nachhaltigem Kraftstoff betrieben werden sollen. Der Verbrenner im Aggregat soll nur noch 50 Prozent der Leistung beitragen, der Rest ist elektrisch. Das käme wiederum Audi entgegen. So sieht das auch Audi-Chef Markus Duesmann: "Wenn die Formel 1 nachhaltiger wird, könnte sie für Audi interessant werden", wird Duesmann zitiert. Denn das wiederum wäre dem Audi-Markenimage zuträglich.
"Noch vorhersehbarer, noch steifer"
Ob die vermehrte Präsenz von großen Autokonzernen allerdings auch dem Image der Formel 1 zuträglich ist, ist eine andere Frage. Nur an der Oberfläche sei die Formel 1 die Welt der Reichen und Schönen, gibt Stürmer zu bedenken. "Zum anderen arbeiten bis heute geniale Ingenieure und absolute Spezialisten wie in einer Art geschlossener Gesellschaft in diskret verborgenen Werkstätten in den britischen Midlands an den Autos und entwickeln Ideen, um sie schneller zu machen", schwärmt der Branchenspezialist. Selbst Mercedes baue sein Formel-1-Auto dort und nicht in Deutschland.
Sollten immer mehr Großkonzerne an der Serie teilnehmen, weil nur sie die großen finanziellen Mittel aufbringen können, um erfolgreich zu werden, verliert sie vielleicht weiter an Charakter und Eigentümlichkeit, warnt Stürmer: "Wenn die Ingenieure unter den Zugriff der Konzernmanager geraten, könnte die Formel 1 noch steifer, vorhersehbarer und politischer werden und damit an Spannung verlieren. "