Nvidia-Aktie macht Kurssprung Chiphersteller profitieren vom KI-Boom
Eine unerwartet starke Prognose hat die Nvidia-Aktie auf ein Rekordhoch schnellen lassen und der gesamten Halbleiterbranche Auftrieb gegeben. Künstliche Intelligenz wird zum Kurstreiber.
Ein Blick auf den Aktien-Kurs des Chipherstellers Nvidia zeigt die jüngste Euphorie rund um Künstliche Intelligenz (KI): Seit Jahresbeginn kletterten die Papiere um sagenhafte 161 Prozent. Allein gestern stiegen sie nach einem starken Ausblick des Unternehmens zeitweise um mehr als 26 Prozent auf ein Rekordhoch.
KI-Boom lässt Nachfrage nach Chips explodieren
"Das Wort des Monats ist KI", sagte Sam Stovall, Chefstratege beim Analysehaus CFRA. Wie profitiert die Halbleiterbranche vom Mega-Trend? "Die KI-Welle erreicht früher das Ufer", schrieb Blayne Curtis von der britischen Bank Barclays gestern. Auch bei anderen Unternehmen dürften die Erwartungen an das Geschäft mit dem Thema KI steigen, aber Nvidia greife in diesem Jahr fast alles ab, so Curtis. Der KI-Boom beschert dem US-Konzern eine explodierende Nachfrage.
Nvidia erwartet einen Quartalsumsatz 50 Prozent über den Analystenerwartungen. Weil Programme wie ChatGPT viel Rechenpower benötigen, geht der Spezialist für Grafikkarten-, Server- und KI-Chips für das laufende Quartal von überraschend hohen Erlösen von elf Milliarden US-Dollar aus. Auch das vergangene Vierteljahr lief besser als gedacht.
Nvidia bald im Eine-Billionen-Dollar-Club?
"Kein Unternehmen kann ein hochmodernes KI-Rechenzentrum ohne die Technologie und die gesamte Software eines Cloud-Computing-Anbieters aufbauen, aber wir verfügen über all diese Fähigkeiten", sagte Nvidia-Chef Jensen Huang. Sein Konzern verkaufe inzwischen bevorzugt komplette KI-Supercomputer anstatt einzelner Chips. Analysten hoben nach der Bekanntgabe ihre Kursziele kräftig an und bezeichneten die Prognose als "Hammer-Ausblick".
Der Marktwert des Konzerns schnellte daraufhin an einem Tag um rund 190 Milliarden US-Dollar in die Höhe. Zum Vergleich: Der deutsche Börsenprimus SAP ist derzeit umgerechnet um die 160 Milliarden Dollar (148 Milliarden Euro) wert. Im Ranking der wertvollsten Unternehmen der Welt steht Nvidia nach dem größten Kurssprung seit sechseinhalb Jahren mit jetzt 938 Milliarden Dollar weiter auf Platz sechs, konnte den Abstand zur Investmentfirma von Warren Buffett, Berkshire Hathaway, aber deutlich vergrößern. Zudem steht der Halbleiterkonzern kurz vor dem Eintritt in den exklusiven Club der Billionen-Dollar-Firmen.
Chip-Power für mehr Rechenleistung
Das globale Spiel um künstliche Intelligenz gewinnt spätestens seit dem großen Erfolg von ChatGPT an Fahrt. Technologieunternehmen erleben einen regelrechten Aufschwung aufgrund der hohen Rechenleistung, die KI erfordert. Fortschrittliche Halbleiter, auch Chips genannt, können das Skalieren der in sogenannten neuronalen Netzen verwendeten Rechenleistung ermöglichen. Das erhöht die Nachfrage.
In Nvidia sehen die Märkte den größten Nutznießer, weil die Technologie des Konzerns für verschiedene KI-Integrationen von selbstfahrenden Autos, über Datenauswertung im Gesundheitswesen bis hin zu Robotern verwendet wird. Seine hochleistungsfähigen Grafikprozessoren (GPU) werden schon jetzt vielfach in Rechenzentren eingesetzt. Nvidia bereitete sich nach eigenen Angaben bereits Monate vor ChatGPT auf die womöglich steigende Marktnachfrage vor.
Mit den unerwartet starken Quartalszahlen und dem verbesserten Ausblick sorgte Nvidia nun auch branchenweit für Euphorie. "Es ist nun klar geworden, dass KI der Beginn eines großen Investitionsbooms ist und echte Probleme lösen wird", so David Russell, Manager beim Online-Broker TradeStation. "Die Technologie hat unmittelbare Anwendungen und treibt große Unternehmen an, die bereits das Rückgrat des Aktienmarktes sind." So verbuchte Rivale AMD im Windschatten der Nvidia-Rally im nachbörslichen US-Geschäft ein Plus von zehn Prozent.
Intel hinkt hinterher
Ähnlich stark aufwärts ging es für den KI-Spezialisten C3.ai, der Software-Lösungen vertreibt und dabei Tools wie ChatGPT oder GPT-3 integriert, und für Palantir. Der Datenanalyse-Spezialist hatte unlängst eine eigene KI-Plattform vorgestellt. Auch für die Papiere der Wettbewerber Synopsys, Micron Technology, Broadcom und Applied Materials ging es kräftig nach oben. Der europäische Chipausrüster und Branchenschwergewicht ASML gewann ebenfalls deutlich an Wert.
"Die Investoren sind stets auf der Suche nach Wachstumssektoren, und das sind im Moment die Halbleiter", erklärte CFRA-Chefstratege Stovall. Doch nicht alle Unternehmen aus der Branche profitierten von der gestrigen Euphorie. So gaben die bislang weniger stark gelaufenen Anteilsscheine von Intel nach. Offenbar steht der Konzern vorerst ohne ein Produkt da, das direkt mit den neuesten Chips von Nvidia und dem neuen KI-Chip Instinct MI3000 von AMD konkurrieren kann. Sein "Falcon Shores"-Chip, der Hochleistungsrechner und KI unterstützen soll, soll erst 2025 auf den Markt kommen.
Der größte deutsche Konzern aus der Branche, Infineon, gehörte 2023 bisher zu den besseren Titeln im Leitindex DAX, fiel aber ebenfalls um 1,6 Prozent. Der Chipproduzent gab kürzlich bekannt, am österreichischen Standort Villach zwei europäische Forschungsprojekte rund um Leistungselektronik und KI mit einem Gesamtvolumen von 130 Millionen Euro zu starten. Ziele sind eine höhere Energieeffizienz und weniger Treibgasemissionen, außerdem soll KI zum Wegbereiter für sichere Lieferketten und eine wettbewerbsfähige Fertigung werden.
Mit Informationen von Till Bücker, ARD-Finanzredaktion.