Vom Bohrloch zur Tankstelle Wer am teuren Sprit mitverdient
Trotz Tankrabatt sind die Spritpreise hoch. Wie sie zustande kommen, ist undurchsichtig. Klar ist aber, wer alles mitverdient - vom Bohrloch bis zur Tankstelle.
Rund zwei Euro für einen Liter Diesel - das ist die neue Realität an vielen deutschen Zapfsäulen. Seit drei Wochen gibt es den Tankrabatt. Doch die spürbare Entlastung blieb bislang aus.
Zeitweise hätten viele seiner Kunden nur für zehn Euro getankt, schildert Franz Ritz, der 20 Kilometer südlich von München eine Tankstelle betreibt. "Angefressen" seien die Leute noch vor ein paar Wochen gewesen, sagt er. Vor allem bei Preisen jenseits der Zwei-Euro-Marke. Hört man sich dagegen jetzt an den Zapfsäulen um, ist vor allem Ohnmacht zu spüren - oder Sarkasmus.
Eine Sonderabgabe für Mineralölkonzerne bringt eine Frau ins Spiel, so wie sie sich auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen vorstellen könnte. Doch die Mineralölkonzerne sind nur ein Glied in der Kette derjenigen, die am Sprit mitverdienen. Der Weg vom Bohrloch zur Tankstelle ist lang. Die Preise werden von vielen Faktoren beeinflusst.
Kostenfaktor Öl-Bohrungen
Der erste Faktor sind die Kosten, die direkt mit der Suche nach dem Öl verbunden sind: Wenn die Auftragsbücher von Spezialfirmen für Ölbohrungen voll seien, stiegen deren Preise, sagt Branchenkenner Kai Eckert. Er ist Chefredakteur des Energie Informationsdienstes, einem Fachverlag für die Energiebranche.
Volle Auftragsbücher der Bohrfirmen sind dabei meist eine direkte Folge eines hohen Ölpreises. Dann wird nach Ansicht von Branchenkennern vermehrt nach Öl gesucht. Wird hingegen viel gefunden, sinkt in der Regel der Preis, da sich das Angebot vergrößert.
Öl wechselt noch unter der Erde den Besitzer
Am meisten verdienen dabei diejenigen, die im Besitz von Ölvorkommen sind. Heute sind das in der Regel Staaten wie etwa Saudi Arabien. Die Förderkosten für ein Barrel Rohöl liegen dort bei wenigen Dollar, der Verkaufspreis beträgt zurzeit bei um die einhundert Dollar.
Allerdings kann der Besitzer des Rohöls schnell wechseln - manchmal schon, bevor es die Erdoberfläche sieht. Im sogenannten Terminhandel an den Rohstoffbörsen wird Erdöl auch lange im Voraus gehandelt. Der Preis steht dann schon beispielsweise ein Jahr vor dem Liefertermin fest. Das schafft Planungssicherheit bei Verkäufern und Käufern.
Beteiligt sind dabei auch Rohstoffhändler, Spekulanten und Banken zur Zwischenfinanzierung. Das liegt an den riesigen Beträgen, um die es meist geht. Die Ladung eines großen Öltankers kann mehrere hundert Millionen Dollar wert sein.
Lagerkapazitäten laden zur Spekulation ein
Eine Besonderheit des Ölmarktes sind die hohen Lagerkapazitäten. Diese laden nach Einschätzung des Wirtschaftswissenschaftlers Andreas Löschel zur Spekulation ein. Bei geringen Preisen lohne es sich, Öl zu lagern und vor dem Verkauf auf steigende Preise zu warten, sagt Löschel, Inhaber des Lehrstuhls für Umwelt- und Ressourcenökonomik und Nachhaltigkeit an der Ruhr-Universität Bochum.
Tanks zur Lagerung können im Herkunftsland direkt am Bohrloch stehen. Meist aber laufen größere Mengen Öl in den Häfen oder an Sammelstellen für die Pipelines auf, wo dann auch eine größere Infrastruktur zur Lagerung besteht.
Der anschließende Transport findet im Wesentlichen per Tanker oder Pipeline statt. Während die Pipelines eine langfristige Investition in die Infrastruktur sind und recht konstante Renditen abwerfen, kann es bei den Charterraten für die Öltanker, obwohl es weltweit viele gibt, schon mal rauf- oder runtergehen. Dann zum Beispiel, wenn die Ölmärkte unter Schock stehen, wie bei der Corona-Pandemie oder dem russischen Einmarsch in der Ukraine.
Hohe Konzentration auf dem Ölmarkt
Verarbeitet wird das Rohöl schließlich meist dort, wo es benötigt wird - nämlich in der Nähe der Verbraucher. Das liege einfach daran, dass der Transport von Rohöl günstiger sei als der Transport der fertigen Produkte, sagt Rohstoffökonom Löschel.
Ganz anders als beim Rohöl sind deshalb auch die Besitzverhältnisse: Die meisten Raffinerien sind in der Hand der großen Ölkonzerne. Die Preise dort folgen nicht automatisch dem Rohölpreis. Teils sind sie hoch, wenn der Rohölpreis niedrig ist, teils umgekehrt.
Kartellamt will Einblicke
Warum das so ist, will nun das Bundeskartellamt herausfinden. Bislang wurde vor allem das Tankstellengeschäft immer wieder unter die Lupe genommen. Jetzt geht es um die Raffinerien und den sich anschließenden Großhandel. Dafür wollen die Marktwächter unter anderem überprüfen, zu welchem Preis Raffinerien Öl einkaufen und zu welchem Preis sie Ölprodukte verkaufen. "Centgenau", sagt Behördenchef Andreas Mundt, damit sich das Kartellamt ein eigenes Bild machen könne.
Schwierig dürfte es aber bei der Auswertung der Zahlen werden. Denn auch das Kartellamt kann im Grundsatz keine hohen Preise und Gewinnmargen verbieten - zumindest solange die Spielregeln eingehalten werden. Da der Wettbewerb wegen der niedrigen Anzahl von Unternehmen am Markt aber eingeschränkt ist, bestehe die Gefahr, dass der Wettbewerb nur gedämpft funktioniert, so Mundt.