Corona-Krise US-Arbeitsmarkt im freien Fall
Fast zehn Millionen neue Erwerbslose innerhalb von zwei Wochen: Die USA melden in der Corona-Krise dramatische Arbeitsmarktdaten. Experten warnen: Es könnte schlimmer werden als in den 1930er-Jahren.
Fast zehn Millionen Menschen in den USA haben in den vergangenen zwei Wochen ihren Job verloren. Wie das US-Arbeitsministerium mitteilte, stieg die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in der vergangenen Woche auf 6,65 Millionen - nach 3,3 Millionen in der Vorwoche. Sämtliche Zahlen stellen Rekorde dar. Bis vor wenigen Wochen hatte die Zahl der Erstanträge noch regelmäßig unter 100.000 pro Woche gelegen.
Wegen der anhaltenden Corona-Krise rechnen Wirtschaftsexperten damit, dass bis Ende April 20 Millionen Menschen in den USA ihren Job verloren haben könnten - das wären mehr als doppelt so viele wie während der "Great Depression", der Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren. Die Arbeitslosenquote könnte auf 15 Prozent steigen - und damit über das Rekordhoch von 10,8 Prozent aus dem Jahr 1982.
Das öffentliche Leben steht still
Viele Arbeitgeber, deren Umsätze eingebrochen sind, entlassen Beschäftigte, um zahlungsfähig zu bleiben. Besonders betroffen: die Gastronomie, Fitnessstudios und Sporteinrichtungen, Kinos, Theater, Clubs - all jene Dienstleister, bei denen Menschen aufeinandertreffen. Die Zahl der Autoverkäufe ist gesunken, Fabriken haben geschlossen. Ausgangsbeschränkungen, die in vielen US-Staaten gelten, haben Firmen zusätzlich unter Druck gesetzt, die Mieten und Rechnungen bezahlen und Kredite bedienen müssen.
Möglicherweise ist die tatsächliche Zahl der Menschen, die sich arbeitslos gemeldet haben, sogar noch größer: Manche der Anträge dürften noch aus der Vorwoche stammen; sie wurden wegen Überlastung der zuständigen Stellen verspätet bearbeitet. Da sich daran in absehbarer Zeit nicht viel ändern wird, wird erwartet, dass die Zahl der Anträge auch in den kommenden Wochen außerordentlich hoch ausfallen wird.
Je länger die Entlassungswelle andauert, desto tiefer ist der wirtschaftliche Abschwung, der auf die USA zukommt. Manche Firmen hoffen darauf, ihre Beschäftigten wieder einstellen zu können, sobald die Pandemie vorüber ist. Gelingt dies, könnte es zu einer raschen Erholung der Wirtschaft beitragen. Sollten Firmenschließungen jedoch bis zum Herbst andauern, dürften Pleiten dazu führen, dass es für viele Arbeitslose schwer sein wird, einen neuen Job zu finden.
"Vollbremsung" der US-Wirtschaft
"Die Arbeitsmarktlage in den USA ist als katastrophal zu bezeichnen. Es ist im Verlauf mit einer Rekordarbeitslosigkeit in den USA zu rechnen", prophezeit Ökonom Ralf Umlauf von der Helaba. Auch führende Währungshüter der Federal Reserve, der US-Notenbank, rechnen mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote auf zweistellige Werte. "Das hohe Tempo der Entlassungen ist frappierend und stellt alles in den Schatten, was die USA am Arbeitsmarkt jemals erlebt hatten", sagt Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner. Die Arbeitslosenanträge zeigten an, dass die US-Wirtschaft in der zweiten Märzhälfte "eine Vollbremsung" hingelegt habe, so der USA-Experte.
US-Präsident Donald Trump hatte die Amerikaner jüngst auf "sehr, sehr schmerzvolle" Wochen und steigende Totenzahlen durch das Coronavirus eingestimmt. Da das soziale Netz in den USA nicht so dicht geknüpft ist wie vielfach in Europa, hat der amerikanische Staat neben billionenschweren Stützungsmaßnahmen für die Wirtschaft unter anderem 100 Milliarden Dollar für Arbeitslosengeld und Lebensmittelhilfen auf den Weg gebracht.
Jeder Arbeitslose bekommt zusätzlich zur regulären Unterstützung wöchentlich noch 600 Dollar von der US-Regierung. Außerdem können sich jetzt auch Freiberufler und Selbstständige arbeitslos melden, wenn sie durch die Corona-Krise keine Aufträge mehr bekommen. Arbeitgebern soll zudem ermöglicht werden, Angestellte für bis zu vier Monate zu beurlauben, anstatt sie zu entlassen. In dieser Zeit würde der Staat für das Gehalt aufkommen.