Inflation Das "zähe Biest" wird bleiben
Die Butter günstiger, der Dieselpreis gesunken - doch der Eindruck täuscht: So einfach dürfte die Teuerung nicht verschwinden. Auch weil Experten eine Lohn-Preis-Spirale fürchten.
Nehmen wir mal Butter: Im vergangenen Sommer kletterte der Preis vielerorts auf mehr als drei Euro, jetzt ist das Stück Butter wieder für unter zwei Euro zu haben. Auch deshalb, weil Verbraucher bei einigen Gütern des täglichen Bedarfs sehr sensibel auf Preiserhöhungen reagieren - im Fall von Butter bedeutete das, dass so mancher auf billigere Margarine umschwenkte. Trotzdem: Die Inflation liegt weiter bei hohen 7,2 Prozent.
So schnell wie die Teuerung ungekannte Höhen erreicht hat, werde sie leider nicht sinken, sagt auch der Frankfurter Ökonom Volker Wieland, bis vor einem Jahr Mitglied im Sachverständigenrat: "Die Inflation frisst sich schon länger jetzt durch die Wirtschaft. Und wir sehen gerade, wenn wir uns die Inflation ohne Energie und Lebensmittel anschauen, also die sogenannte Kerninflation, dass sie hoch ist und zuletzt noch gestiegen ist, auf fünf bis sechs Prozent - da ist noch lange keine Entspannung in Sicht."
"Tendenz zeigt eindeutig nach unten"
Immerhin: Die Energiepreise sind zuletzt gesunken. Das lässt sich gut an den Zapfsäulen ablesen: Diesel - im vergangenen Jahr bei mehr als zwei Euro - kostet aktuell noch rund 1,60 Euro pro Liter.
Veränderungen bei anderen Energiekosten wie Strom oder Gas wirkten sich zeitlich verzögert aus, so Wirtschaftsminister Robert Habeck: "Denn der Preis, den wir alle zahlen, und die Unternehmen zahlen, setzt sich auch aus den hohen Preisen der Vergangenheit zusammen. Aber wir reden hier über Prognosen, und die Tendenz zeigt eindeutig nach unten."
Bei den Nebenkostenrechnungen dürfte sich das zumindest im kommenden Jahr positiv auswirken. Für 2024 rechnet die Bundesregierung noch mit einer Inflation von 2,7 Prozent. Doch es gibt Unwägbarkeiten, die zum Beispiel mit den aktuellen Tarifverhandlungen zu tun haben.
Höhere Löhne bei der Bahn führen zu höheren Ticketpreisen
"Das beste Mittel gegen steigende Lebenshaltungskosten sind eben kräftige Lohn- und Gehaltszuwächse, die wir im Zweifel auch mit Streiks erkämpfen werden," sagt die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi. Was sie aus Anlass des 1. Mai forderte - nämlich einen Ausgleich der Inflation bei Löhnen und Einkommen - sei mehr als verständlich, so der Ökonom Wieland. Doch recht hohe Tarifabschlüsse wie zuletzt im öffentlichen Dienst haben auch eine Kehrseite, sagt Wieland: "Das wird zum Beispiel zu höheren Abgaben und Gebühren führen, so wird es zu Zweit- und Drittrundeneffekten führen, die die Inflation weiter hochhalten."
Zweit- und Drittrundeneffekte heißt: Höhere Kosten führen zu weiteren Preiserhöhungen. Das könnte sich auch konkret bei der Tarifauseinandersetzung bei der Bahn zeigen: Deutlich höhere Löhne dürften höhere Ticketpreise zur Folge haben, die wiederum die Inflation anheizen könnten.
Die Entwicklung bleibt also spannend. Dabei lehren die aktuellen Erfahrungen vor allem eins: Inflation ist - wenn Notenbanken und Politik nicht aufpassen - schnell da, aber nur schwer zu bekämpfen. Wie sagte Finanzminister Christian Lindner: "Sie ist ohnehin ein zähes Biest, diese Inflation."