Gesetzliche Altersvorsorge Wie die Rente finanziert wird
Sie ist das Fundament der Altersvorsorge von Millionen Deutschen und soll es auch bleiben: die gesetzliche Rente. Wie funktioniert unser Rentensystem und vor welchen Herausforderungen steht es?
Wie ist die gesetzliche Rente grundsätzlich organisiert?
Die gesetzliche Rente in Deutschland ist nach dem sogenannten Umlageverfahren organisiert. Wer einzahlt, bildet also keinen Kapitalstock, auf den er im Alter zurückgreifen kann, sondern er finanziert die derzeitigen Bezüge der aktuellen Rentner. Wer in die gesetzliche Rente einzahlt, erwirbt damit einen Anspruch auf eine solche Rentenzahlung im Alter, für die dann die nachfolgende Generation aufkommen muss. Nach einer gewissen Wartezeit - von derzeit fünf Jahren - ist dieser Anspruch gegeben. Um eine Rentenzahlung zu erhalten, muss außerdem ein bestimmtes Lebensalter (derzeit in der Regel 67 Jahre) erreicht sein.
Wer zahlt in die gesetzliche Rentenkasse ein?
Arbeitnehmer zahlen in Deutschland verpflichtend in die gesetzliche Rente ein. Arbeitgeber übernehmen dabei die Hälfte der Einzahlungen in die Rentenkasse. Derzeit liegt der Beitragssatz bei 18,6 Prozent, jeweils 9,3 Prozent kommen also von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Auch Selbstständige, Freiberufler oder nicht erwerbstätige Menschen können freiwillige Beiträge leisten. Alle Einzahler erwerben Rentenansprüche, denen eine gewisse Rentenhöhe entspricht. Sie wird durch sogenannten "Entgeltpunkte" bestimmt.
Wie viel zahlt der Bund aus Steuermitteln in die Rentenkasse ein?
Da die Einnahmen durch Beitragszahler die Ausgaben der Rentenkasse schon lange nicht mehr abdecken können, finanziert der Bund die Kasse durch Steuereinnahmen mit. Im Jahr 2020 lagen diese Aufwendungen erstmals über der Marke von 100 Milliarden Euro. Für 2021 sieht der Bundeshaushalt 106 Milliarden Euro vor. Das ist mehr als ein Viertel des Bundeshaushalts. Experten zufolge könnte der Anteil in den kommenden Jahrzehnten auf mehr als 50 Prozent des Haushalts steigen.
Wodurch ist das Defizit in der Rentenkasse entstanden?
Die demographische Entwicklung in Deutschland ist der Hauptgrund: Den Einzahlern in das Rentensystem stehen immer mehr Rentner gegenüber. Im Jahr 2020 kamen auf 100 Beitragszahler 57 Rentner. Im Jahr 2050 werden laut Schätzungen 100 Beitragszahler für 77 Rentner Zahlungen leisten. Da die Rentenhöhe in den vergangenen Jahrzehnten stets entsprechend des allgemeinen Lohnniveaus nach oben angepasst wurde und Rentenkürzungen ausblieben, vergrößert sich das Defizit stetig.
Was versteht man unter dem "Nachhaltigkeitsfaktor"?
Um bei der Berechnung der Rentenhöhe das Verhältnis von Einzahlern zu Rentenbeziehern berücksichtigen zu können, wurde 2005 der "Nachhaltigkeitsfaktor" eingeführt. Er soll dazu führen, dass die Rentensteigerungen bei einem ungünstigeren Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern gedämpft werden. Allerdings geht der Faktor nur zu einem Viertel in die Berechnung ein.
Was sind die von der Politik festgelegten "Haltelinien"?
Der Gesetzgeber hat sogenannte Haltelinien vorgesehen, die das Rentenniveau absichern und gleichzeitig die Beiträge in die Rentenkasse begrenzen. So ist vorgesehen, dass das Rentenniveau (bei 45 Beitragsjahren) bis 2025 nicht unter 48 Prozent des momentanen Durchschnittsverdienstes fällt. Eine zweite Haltelinie bezieht sich auf die Höhe der Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Der Beitragssatz darf bis 2025 18,6 Prozent nicht überschreiten.
Warum verschärft sich die Lage in den Rentenkassen?
Das ungünstiger werdende Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentnern - zusammen mit den staatlichen Garantien für Rentenhöhe und Beitragshöhe - werden die Finanzierungslücke der Rentenversicherung in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Bislang hat die Bundesregierung noch keine grundlegenden Veränderungen an diesem System auf den Weg gebracht.
Welche Möglichkeiten der Reform des Rentensystems gibt es?
Reformvorschläge zielen sowohl auf die Einnahmen- wie auf die Ausgabenseite des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung. Um die Einnahmen zu erhöhen, könnten entweder die Beitragssätze angehoben werden. Zudem wird die gesetzliche Pflichtversicherung auch für zusätzliche Personengruppen wie Selbstständige oder Beamte diskutiert. Auf der Ausgabenseite kann einerseits die Rentenhöhe reduziert werden, andererseits kann das Renteneintrittsalter erhöht werden. Dabei ist etwa eine Kopplung an die allgemeine Lebenserwartung denkbar. Die Erträge aus den eingezahlten Beiträgen und damit auch die künftige Rentenhöhe könnte auch über die verstärkte Anlage der Beiträge in den Kapitalmarkt erhöht werden.
Womit müssen Versicherte in den kommenden Jahren rechnen?
Das wachsende Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben in der gesetzlichen Rentenversicherung wird in den kommenden Jahren Reformen nötig machen - dies sehen Ökonomen und Politiker der wichtigsten Parteien gleichermaßen. Wahrscheinlich werden die Beitragssätze steigen, während die durchschnittliche Rentenhöhe abgesenkt und die Lebensarbeitszeit weiter verlängert werden. In jedem Fall dürfte es für Versicherte noch wichtiger werden, privat fürs Alter vorzusorgen.