Busse und Bahnen fallen aus Was man zum Streiktag im ÖPNV wissen muss
Mit einem gemeinsamen Aktionstag von ver.di und Fridays for Future erreicht der zweite Warnstreik im öffentlichen Nahverkehr seinen Höhepunkt. tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen zum Ausfall von Bussen und Bahnen.
Warum wird überhaupt erneut gestreikt?
Die Tarifverhandlungen im kommunalen Nahverkehr stocken. In den vergangenen Wochen hatte es daher bereits mehrere Warnstreiks in einzelnen Bundesländern gegeben. Am 2. Februar bestreikte ver.di den ÖPNV zudem in einer bundesweit koordinierten Aktion. Das Signal sei jedoch "anscheinend nicht ausreichend verstanden worden", sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende, Christine Behle.
Nach wie vor seien die Tarifverhandlungen in den einzelnen Bundesländern ohne Ergebnis geblieben. "Um endlich Bewegung in die Verhandlungen zu bringen, muss jetzt erneut Druck auf die Arbeitgeber ausgeübt werden", so Behle.
Was sind die Forderungen?
Ver.di geht es hauptsächlich um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und um eine Entlastung der Beschäftigten - etwa durch eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit, eine Erhöhung des Urlaubsanspruchs, zusätzliche Entlastungstage für Schicht- und Nachtarbeit sowie die Begrenzung geteilter Dienste und unbezahlter Zeiten im Fahrdienst.
Ver.di-Chef Frank Werneke zufolge steht aber auch der Klimaschutz im Fokus. "Es geht darüber hinaus vor allem darum, den ÖPNV als maßgeblichen Verkehrsträger zukunftsfähig zu gestalten und damit die entscheidenden Weichen für eine erfolgreiche Verkehrswende zu stellen", schrieb er in einer Mitteilung an die Nachrichtenagentur dpa. Davon profitierten nicht nur die Beschäftigten und Fahrgäste, sondern langfristig auch das Klima.
Die Klimagruppe Fridays For Future (FFF) unterstützt die Gewerkschaft mit Demonstrationen in rund 100 Städten. Fridays-For-Future-Aktivistin Luisa Neubauer betonte, dass die Gruppe Seite an Seite mit ver.di "für Klimaschutz, eine echte Verkehrswende und längst überfällige Investitionen im ÖPNV" kämpfe. "Statt Sparpolitik von vorgestern braucht es jetzt Investitionen für das Land und die Leute und das Klima."
Wie groß werden die Einschränkungen für Fahrgäste?
Die genauen Auswirkungen werden sich erst am Freitag abzeichnen. Sie dürften aber drastisch ausfallen: Denn laut ver.di sind rund 90.000 Beschäftigte in über 130 kommunalen Unternehmen zum Warnstreik aufgerufen - ein Drittel davon alleine bei den etwa 30 Betrieben in Nordrhein-Westfalen. Dort werden nahezu alle großen kommunalen Nahverkehrsbetriebe wie KVB (Köln), Rheinbahn (Düsseldorf), DSW21 (Dortmund), die Stadtwerke Münster und moBiel (Bielefeld) bestreikt.
Bei der Arbeitsniederlegung Anfang Februar waren nach Gewerkschaftsangaben insgesamt mehr als 80 Städte und etwa 40 Landkreise betroffen. Die Folgen dürften aber auch jetzt wieder je nach Region sehr unterschiedlich sein. In vielen Bundesländern startete der Warnstreik bereits am Vormittag. Busse, Trams und U-Bahnen standen vielerorts still.
Wo läuft der Warnstreik schon - und wo noch nicht?
Betroffen waren neben Nordrhein-Westfalen schon Niedersachsen, Berlin, Brandenburg, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Auch in Hamburg und in Schleswig-Holstein kam es schon zum Stillstand. So beteiligen sich die Mitarbeiter der Hamburger Hochbahn (HVV) und der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) am Streik, was zum weitgehenden ÖPNV-Stillstand in der Hansestadt und in Teilen Schleswig-Holsteins führte.
Laut einer Mitteilung von HVV und VHH bleiben alle Busse und Bahnen in Depots: "Wenn sich Fahrgäste mit der Aussicht auf einen Notfallfahrplan auf den Weg machen und sich in zu volle Fahrzeuge oder auf Bahnsteigen drängeln, ginge damit ein hohes Sicherheitsrisiko einher", heißt es darin. Auch in den anderen Bundesländern waren nur wenige Stadt- oder Regionalbuslinien unterwegs. Am Freitag erreicht der meist zweitägige Ausstand dann auch Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen.
Gibt es Ausnahmen?
Von den Arbeitskämpfen nicht betroffen sind teilweise S-Bahnen oder Regionalbusse, die nicht von kommunalen Arbeitgebern betrieben werden. Zum Beispiel in Berlin fahren die S-Bahnen weiterhin, ebenso in Frankfurt am Main. Die Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) wies auf ihrer Internetseite zudem darauf hin, dass die städtischen Busse voraussichtlich fahren werden.
Darüber hinaus wird der Regional- und Fernverkehr auf der Schiene nicht bestreikt und fährt nach dem üblichen Fahrplan. Eine Ausnahme ist außerdem das Bundesland Bayern, wo der Tarifvertrag nicht gekündigt ist. Auch im Saarland drohen keine Streiks mehr. Dort hatten sich die Arbeitgeber und ver.di am Mittwoch auf einen neuen Tarifvertrag für den Nahverkehr geeinigt.
Nach Angaben des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Saar (KAV Saar) sieht die erreichte Einigung unter anderem Inflationsausgleichszahlungen in Höhe von 1.000 Euro sowie die Übertragung des Tarifabschlusses für den Öffentlichen Dienst ab 1. Juni vor. Außerdem wird ein Samstagszuschlag und ein Krankengeldzuschuss eingeführt. Die Jahressonderzahlung steigt von 85 Prozent auf 100 Prozent eines Monatslohns.