LKW mit Containern im Hafen von Qingdao, China.

Handelsstreit mit Trump "China wird nicht so schnell einknicken"

Stand: 04.02.2025 16:35 Uhr

China und die USA steuern auf einen neuen Handelsstreit zu - mit erheblichen Folgen für die Weltwirtschaft. Drohen der EU jetzt mehr Billigimporte aus China?

Von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion

Die Antwort aus Peking folgte prompt. Nur wenige Minuten nach Inkrafttreten der von US-Präsident Donald Trump angeordneten zusätzlichen Zölle von zehn Prozent auf alle chinesischen Einfuhren in die Vereinigten Staaten reagierte die Volksrepublik mit Gegenzöllen auf Kohle, verflüssigtes Erdgas, Öl und landwirtschaftliche Maschinen aus den USA.

Die nächste Stufe im Handelskonflikt USA-China ist damit eingeläutet - ein Grund zur Beunruhigung? "Chinas Reaktion erscheint relativ maßvoll", erklärt Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner im Gespräch mit tagesschau.de. "Insgesamt dürfte sich das betroffene Warenvolumen auf gerade einmal zehn Milliarden Dollar belaufen - maximal ein Zehntel des Einfuhrvolumens aus den USA."

China ist nicht Mexiko

Trump hatte bereits gestern angekündigt, dass man mit der chinesischen Seite "wahrscheinlich in den nächsten 24 Stunden" sprechen werde. Wer nun aber auf eine rasche Einigung und die Aussetzung von Zöllen nach dem Vorbild Mexikos und Kanadas hofft, dürfte sich getäuscht sehen.

"Bei Mexiko hatte Trump eine ganz andere Verhandlungsbasis, das Land ist viel abhängiger von den USA", betont Ökonom Weidensteiner. "China dürfte nicht so schnell einknicken."

Nach Prognosen des Münchner ifo-Institut dürfte China einen "Handelskrieg" mit den Vereinigten Staaten deutlich besser verkraften als die US-Nachbarländer Kanada und Mexiko. Der chinesische Export dürfte lediglich um 3,8 Prozent zurückgehen, so die Forscher. Kanada müsste hingegen mit einem Minus seiner Gesamtausfuhren von 28 Prozent rechnen, Mexiko sogar von 35 Prozent.

"Peking will Tischtuch nicht zerschneiden"

Doch auch Peking hat kein Interesse an einem eskalierenden Handelskonflikt mit der weltgrößten Volkswirtschaft. "Peking will das Tischtuch nicht zerschneiden", ist Commerzbank-Experte Weidensteiner überzeugt. China wolle sich alle Optionen offenhalten, um mit Trump wie schon vor acht Jahren von Angesicht zu Angesicht zu verhandeln.

Am Ende hatten sich beide Parteien auf den "Phase One Deal" geeinigt: Im Rahmen des am 15. Januar 2020 von den USA und China unterzeichneten Abkommens sagte China den Kauf von zusätzlichen US-Produkten im Wert von 200 Milliarden Dollar in den kommenden zwei Jahren zu. Insgesamt sollte sich das Importvolumen der in dem Deal näher genannten Produkte im Jahr 2020 auf 159 Milliarden Dollar belaufen; 2021 sollten es 193 Milliarden Dollar sein.

Die US-amerikanische und chinesische Flagge (Archivbild)
Das "Phase One Trade Agreement"
Das Handelsabkommen vom Januar 2020 sieht den Import von zusätzlichen US-Produkten (auf Basis der Importwerte von 2017) im Wert von 200 Milliarden Dollar für den Zeitraum Anfang 2020 bis Ende 2021 nach China vor. Auch die Mengen wurden genau vorgeschrieben, so sollten zusätzlich Industriegüter über 77,8 Milliarden Dollar importiert werden - ein Plus von 116 Prozent im Vergleich zu 2017. Das Importvolumen von Energie (LNG, Rohöl und Raffinerieprodukte) sollte um 52,4 Milliarden Dollar steigen (plus 750 Prozent), von Agrarprodukten um 32 Milliarden Dollar (plus 150 Prozent) und von Dienstleistungen wie Tourismus um 37,9 Milliarden Dollar (plus 70 Prozent).

"Phase-One-Deal" war ein Reinfall

Doch der "Phase One Deal" scheiterte bereits in seinem ersten Jahr spektakulär. Mit einem Volumen von insgesamt 94 statt 159 Milliarden Dollar blieb der Export von Phase-One-Produkten aus den USA nach China um mehr als 40 Prozent hinter dem Ziel zurück, rechnet das Peterson Institute for International Economics vor.

Die unabhängige US-Denkfabrik bezeichnet den Phase-One-Deal daher auch als "Flop" - und steht mit dieser Meinung unter Ökonomen nicht allein da. China sei nie in der Lage gewesen, den Verpflichtungen des Deals nachzukommen, wobei die wirtschaftliche Verwüstung durch die Corona-Pandemie nur zum Teil dafür verantwortlich sei.

"Sand im Getriebe des Welthandels"

"Dass China den Phase-One-Deal nicht einhalten konnte, lag auch an der schwächeren Binnennachfrage", erklärt Weidensteiner. "Nur Trump dürfte das kaum als Entschuldigung gelten lassen."

Der Ökonom befürchtet ernsthafte Konsequenzen für die Weltwirtschaft, sollte das Spiel von Zöllen und Gegenzöllen zwischen den USA und China nun vorne losgehen. "Der erneute Handelskonflikt USA-China wirft Sand ins Getriebe des Welthandels, die Inflation dürfte steigen, auch in den westlichen Ländern. Sollte es zu einer Zoll-Eskalationsspirale kommen, würde das das Wachstum weltweit drücken."

Spitze gegen den chinesischen E-Commerce

Doch damit nicht genug: Die Volkswirtschaften in der EU könnten zu den Leidtragenden eines eskalierenden Handelskonflikts zwischen den USA und China gehören. "Sollte sich der US-Markt völlig für chinesische Waren verschließen, dürften diese verstärkt in Europa landen", warnt Weidensteiner. "Dann müsste die EU-Kommission Maßnahmen gegen China ergreifen."

Vor allem der Export von Billigwaren aus China könnte drastisch zunehmen. Denn Trumps Zölle gegen China beinhalten eine Spitze, die sich speziell gegen den expandierenden chinesischen E-Commerce richtet. Zusätzlich zu den Zehn-Prozent-Sonderzöllen auf chinesische Waren fällt nämlich nun auch die sogenannte "De-Minimis"-Ausnahmeregelung weg.

Diese sah bislang vor, dass auf Produkte mit einem Wert von weniger als 800 Dollar gar keine Zölle verlangt wurden - ein Einfallstor für Chinas Online-Händler, die oft günstigere Waren direkt an Verbraucher in den USA versenden.

Temu und Shein: Druck auf die EU steigt

Nach Schätzungen der US-Zoll- und Grenzschutzbehörde importierten amerikanische Käufer und Unternehmen in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres mithilfe dieser Lücke Sendungen aus der ganzen Welt im Wert von rund 48 Milliarden Dollar. Die Abschaffung der "De-Minimis"-Ausnahmeregelung dürfte chinesische Konzerne wie Alibaba, Temu und Shein direkt treffen.

Auf der Suche nach Abnehmern könnten sie die Märkte abseits der USA mit ihren Waren überschwemmen - allen voran die Länder der EU, in denen immer noch eine Zollfreigrenze von 150 Euro gilt. Die EU plant, diese Zollfreigrenze zum 1. Januar 2028 abzuschaffen - doch nun könnte womöglich auch in Brüssel der Druck steigen, ein bisschen schneller zu handeln.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 04. Februar 2025 um 17:00 Uhr.