Kamala Harris bei ihrer Rede in Chicago
analyse

US-Wahlkampf Was hat Kamala Harris mit der Wirtschaft vor?

Stand: 26.08.2024 06:00 Uhr

Kamala Harris oder Donald Trump? Die Frage, wer der nächste US-Präsident wird, treibt auch deutsche Unternehmen und Ökonomen um. Doch was hat Harris überhaupt mit der Wirtschaft vor?

Eine Analyse von Anne-Catherine Beck, ARD-Finanzredaktion

Bei ihrer Rede auf dem Parteitag der US-Demokraten in der vergangenen Woche stellte Kamala Harris eher die Außenpolitik in den Vordergrund - und emotionale Botschaften. Was die Präsidentschaftskandidatin wirtschaftspolitisch plant, hat sie zumindest in einigen Punkten signalisiert.

Sollte Harris gewählt werden, will sie vor allem die Mittelschicht stärken und die finanzielle Unterstützung für Familien und Kinder ausbauen. Außerdem will die Demokratin Mietanstiege begrenzen, Wohnraum schaffen und eine Preisbremse bei Lebensmitteln einführen. Gleichzeitig plant sie den Steuersatz für Unternehmen um ein Drittel anzuheben - von aktuell 21 Prozent auf 28 Prozent.

Staatsverschuldung auf Rekordniveau

Damit will Harris ihre Vorhaben finanzieren und den Schuldenanstieg der Vereinigten Staaten dämpfen. Wegen milliardenschwerer Konjunkturpakete, klimapolitischer Maßnahmen und der höheren Zinsen wächst die Staatsverschuldung kontinuierlich. Allein im Juli ist sie im Vergleich zum Vormonat um 270 Milliarden Dollar gestiegen - auf ein Rekordniveau von 35,1 Billionen Dollar.

Clemens Fuest, Präsident des ifo-Instituts, hält das für riskant: "Das größte Risiko ist derzeit die prozyklische Fiskalpolitik mit einem ausufernden staatlichen Budgetdefizit. Bei einem Wirtschaftswachstum von zwei Prozent und Vollbeschäftigung ein Budgetdefizit von sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu haben, ist unverantwortlich."

Kritik an Steuererhöhungen

Die angekündigten Steuererhöhungen sehen zahlreiche Wirtschaftsexperten allerdings trotzdem kritisch. Denn sie könnten die US-Wirtschaft und ihre Wettbewerbsfähigkeit belasten. Aber auch bei deutschen Unternehmen, die in den USA angesiedelt sind und einen Großteil ihrer Geschäfte dort machen, wären höhere Steuerabgaben nicht gern gesehen. Denn mehr Steuern bedeuten in der Regel weniger Gewinn. Und das könnte sich auch negativ auf die Aktienmärkte auswirken.

Von Steuererhöhungen rät Fuest deshalb ab. Er würde "nicht empfehlen, den Steuersatz auf 28 Prozent zu erhöhen. Das ist nur die Steuer auf Bundesebene. Zusammen mit den Unternehmenssteuern der Bundesstaaten ergeben sich dann teilweise Steuersätze von über 30 Prozent. Das verstärkt Anreize für die Nutzung von Steuerschlupflöchern."

Stattdessen hält es der Ökonom für sinnvoll, die vielfältigen Schlupflöcher im US-Steuersystem zu schließen, beispielsweise bei der Besteuerung von Wertzuwächsen oder Optionen als Teil von Managergehältern. Das sei weniger öffentlichkeitswirksam als eine Steuersatzerhöhung, aber steuerpolitisch überzeugender.

Preiskontrollen könnten Gegenteil bewirken

Auch Harris' Vorhaben, Preiskontrollen bei Lebensmitteln einzuführen, kommt in der Wirtschaft unterschiedlich gut an. Die Politikerin will so die Inflation eindämmen und vor allem den Konsum ankurbeln, eine wichtige Säule der US-Wirtschaft.

Allerdings könnten Preiskontrollen laut Ökonomen genau das Gegenteil bewirken - nämlich Marktverzerrung und steigende Preise. Thomas Obst, Konjunkturexperte beim arbeitgebernahen IW Köln, sieht ihr Vorhaben deshalb kritisch: "Preiskontrollen von Lebensmitteln oder Mieten sind ökonomisch gefährlich. Da spielt sie mit dem Feuer. Sie verwechseln Ursache und Wirkung. Im schlimmsten Fall führen sie zu steigenden Preisen, Engpässen beim Angebot oder das Bilden von Schwarzmärkten."

Der Experte hält die Idee von Preiskontrollen für ökonomisch genauso bedenklich wie Donald Trumps Aussagen, er wolle als US-Präsident mehr Einfluss auf die Geldpolitik der Notenbank Federal Reserve nehmen. "Beides sind ökonomische Ideen aus der Vergangenheit, die historisch in vielen Ländern wie Venezuela, Türkei oder Argentinien immer wieder gescheitert sind." Auch Fuest betont: "Preiskontrollen bei Lebensmitteln jenseits der Wettbewerbspolitik sind in der Regel kontraproduktiv, das schlagen eher populistische Politiker vor, die ihren Wählern vorgaukeln, mit Preiskontrollen könnte man ihren Lebensstandard erhöhen. Man kann nur hoffen, dass Kamala Harris hier ihre Position korrigiert."

Klimafreundlicher Umbau der Wirtschaft

Unternehmen, die im Geschäft mit Erneuerbaren Energien unterwegs sind, könnten von einem Wahlsieg der Demokratin profitieren. Denn Harris will den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft vorantreiben und in den USA die Produktion von "grünen" Technologien wie Batterien und Solarmodulen weiter ausbauen. Dafür wäre sie Beobachtern zufolge bereit, zusätzlich Milliarden in die Hand zu nehmen.

Was Harris darüber hinaus mit der Wirtschaft plane, sei bislang allerdings kaum klar geworden, sagt Obst: "Mir fehlte bei Kamala Harris bisher das klare Profil. Wirtschaftspolitisch ist sie inhaltlich bisher kaum in Erscheinung getreten. Ihre ersten Äußerungen verheißen nichts Gutes, es birgt die Gefahr die wirklich beachtlichen Erfolge von Bidenomics zu konterkarieren."

"Keine große Anhängerin des Freihandels"

Für die Weltwirtschaft und die internationale Zusammenarbeit sei eine Präsidentin Kamala Harris allerdings weitaus besser als eine weitere Amtszeit für Donald Trump, so Fuest. Handelskriege und ein Übertrumpfen bei den Strafzöllen werde es bei ihr voraussichtlich nicht geben. Außerdem hat sich Harris ausdrücklich zum globalen Engagement der USA bei der NATO bekannt.

"Kamala Harris ist zwar ähnlich wie Joe Biden keine große Anhängerin des Freihandels", so Fuest. "Sie würde allerdings auch keine Wirtschaftskriege vom Zaun brechen wie Donald Trump sie angekündigt hat."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 22. August 2024 um 17:10 Uhr.