Datenauswertung 1,4 Millionen Menschen wegen Alkoholsucht in Behandlung
Alkohol ist leicht zugänglich und gesellschaftlich akzeptiert - viele treibt er allerdings in die Abhängigkeit. Eine Analyse der Barmer zeigt, wie viele Menschen medizinisch behandelt werden. Dabei fallen große regionale Unterschiede auf.
Mehr als 1,4 Millionen Menschen in Deutschland sind wegen einer Alkoholsucht in medizinischer Behandlung. Das geht aus einer Auswertung des Instituts für Gesundheitssystemforschung der Krankenkasse Barmer hervor. Dabei wurden Daten von Barmer-Versicherten herangezogen, die im Jahr 2023 die gesicherte Diagnose "Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol" erhalten haben. Diese Zahlen hat das Institut auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet, damit ist die Studie repräsentativ.
Die Gesamtzahl lag 2023 etwas unter dem ermittelten Wert des Vorjahres (1,5 Millionen). Menschen, die keine Diagnose erhalten haben, wurden nicht erfasst. "Die tatsächliche Zahl der Betroffenen wird wesentlich höher liegen", sagte Barmer-Vorstandschef Christoph Straub. "Es ist an der Zeit, das Thema stärker in den Fokus der Gesundheitsvorsorge zu rücken."
Mehr als zwei Drittel der Betroffenen waren den Zahlen zufolge Männer. Am häufigsten betroffen war außerdem die Gruppe der 55- bis 64-Jährigen. In dieser Altersgruppe wurde 2023 Alkoholsucht bei etwa 293.000 Männern und 114.000 Frauen diagnostiziert.
Mehr Behandlungen im Osten und Norden
Die Auswertung zeigt deutliche regionale Unterschiede: Menschen im Norden und Osten Deutschlands waren zudem überproportional häufiger von einer Alkoholsucht betroffen, als im Rest der Republik. Der Bevölkerungsanteil mit diagnostizierter Alkoholabhängigkeit sei in Mecklenburg-Vorpommern mit 2,61 Prozent am höchsten gewesen. Der bundesdeutsche Durchschnitt lag bei 1,69 Prozent.
Auch in Sachsen (2,27 Prozent), Sachsen-Anhalt (2,21), Brandenburg (2,10) und Thüringen (2,09) lag der Anteil der Betroffenen vergleichsweise hoch. Darauf folgten die Stadtstaaten mit 2,02 Prozent (Berlin und Bremen) beziehungsweise 1,94 Prozent (Hamburg). Über dem Durchschnitt lagen zudem Schleswig-Holstein und Niedersachsen mit 1,87 beziehungsweise 1,76 Prozent.
Die niedrigsten Anteile erreichten demnach die Bundesländer Nordrhein-Westfalen (1,51 Prozent), Rheinland-Pfalz (1,47), Baden-Württemberg (1,46) und Hessen (1,45). Im Saarland (1,64 Prozent) und in Bayern (1,58) lag der prozentuale Anteil an der Bevölkerung ebenfalls unter dem Bundesschnitt.
"Problem wird tabuisiert"
"Die erheblichen regionalen Unterschiede bei Alkoholsucht lassen sich nicht allein medizinisch erklären", sagte Kassenvorstandschef Straub. "Auch soziale und demografische Faktoren dürften angesichts der unterschiedlichen Werte vermutlich eine Rolle spielen."
Alkoholismus sei insgesamt "eine zerstörerische Krankheit mit tiefgreifenden Folgen für Gesundheit, Psyche, soziale Bindungen und berufliche Perspektiven". Das Problem werde jedoch tabuisiert, kritisiert Straub. Verschärft werde es durch leichte Verfügbarkeit von Alkohol.