Forschende experimentieren im Labor mit Licht.

Energiespeicherung Heizen mit Photoschaltern

Stand: 18.01.2025 07:51 Uhr

Nur mit Sonnenenergie heizen - dafür ist die Sonne im Winter fast immer zu schwach. Mit molekularen Photoschaltern könnte in Zukunft die im Sommer erzeugte Energie in chemischen Verbindungen gespeichert werden.

Von Pascal Kiss, SWR

Bisher fehlt die Technik, mit der die Sonnenenergie aus dem Sommer monatelang und effektiv gespeichert werden kann. Das könnten Photoschalter ändern.

Die ersten Photoschalter wurden bereits vor mehr als 100 Jahren entdeckt. Doch erst jetzt zeigt sich ihr Potenzial: Die kleinen Kohlenwasserstoffe sind lichtempfindliche Moleküle. Sie sind nur wenige Nanometer groß und reagieren durch das Sonnenlicht. Dabei verändern sie ihre Struktur und Eigenschaft. Diese Veränderungen möchten Forschungsteams zur effizienten Energiespeicherung nutzen.

Mit gespeicherter Sonnenenergie im Winter heizen

In Zukunft könnten die Photoschalter in solarthermischen Anlagen zum Einsatz kommen - also in Modulen, die heute schon auf manchen Dächern zu finden sind. Durch die Module fließt heute häufig normales Wasser, das durch die Sonnenenergie erwärmt wird. Das warme Wasser kann aber nicht lange gespeichert werden. Und hier kommen die Photoschalter ins Spiel.

Statt Wasser würde dann eine flüssige Lösung mit den Photoschaltern durch die Module strömen. "Im Idealfall haben wir dann eine flüssige Lösung, die auf das Dach gepumpt wird und sich dort oben mit Energie auflädt", sagt der Photochemiker Christoph Kerzig von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Die mit Energie aufgeladenen Photoschalter könnten dann im Keller in Speichern auf ihren Einsatz im Winter warten.

Solaranlagen stehen auf einem Feld.

In Zukunft könnte statt Wasser eine Flüssigkeit mit Photoschaltern durch Solarmodule fließen.

Wie speichern Photoschalter die Energie der Sonne?

Sonnenlicht verformt die molekulare Struktur der Photoschalter. Dabei verändern sich auch die chemischen Bindungen. Diese Veränderung benötigt viel Energie - zum Beispiel von der Sonne. Danach bleiben die Photoschalter in diesem Zustand. Wenn sie so über Wochen oder Monate stabil sind, kann die Energie lange gespeichert werden. Ein kleiner Anstoß durch einen Katalysator oder einen elektrischen Impuls bringt das Molekül wieder in seinen Ausgangszustand zurück. Dabei gibt es die gespeicherte Energie wieder ab - in Form von Wärme.

Die gespeicherte Sonnenenergie kann also wie bei einem Wärmekissen auf Knopfdruck freigesetzt werden - was im Labormaßstab bereits funktioniert. Das zeigt auch der Blick durch die Wärmebildkamera im Labor von Hermann Wegner an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Diesen Mechanismus will das Forschungsteam zum Heizen nutzen.

Mit Farbstoffen mehr Sonnenlicht nutzen

Doch für eine praktische Anwendung stoßen die Photoschalter noch an ihre Grenzen. In der Fachwelt werden derzeit vor allem zwei Herausforderungen diskutiert: Die Photoschalter müssen lange stabil bleiben und gleichzeitig viel Energie aufnehmen können. Die bisher entdeckten Moleküle können aber tendenziell nur eine der beiden Aufgaben effizient erfüllen. Sie können entweder Energie lange speichern oder viel Sonnenlicht absorbieren. "Später sollen sie aber beides gleichzeitig können", sagt Till Zähringer von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Deshalb experimentieren die Mainzer mit zusätzlichen Farbstoffen.

Mit den Farbstoffen können die Photoschalter mehr vom Sonnenlicht nutzen. "Durch die Kombination mit dem Farbstoff können wir jetzt auch die sichtbare Energie speichern", sagt der Photochemiker Christoph Kerzig. Denn bisher wird nur ein Bruchteil des Sonnenlichts genutzt, nur der ultraviolette Bereich. Mit dem Farbstoff lässt sich ein viel größerer Bereich des Sonnenlichts nutzen. Sechsmal mehr Energie kann so gespeichert werden. Das haben neue Analysen der Mainzer Forschenden gezeigt. Doch die Photoschalter können nur wenige Speicherzyklen durchlaufen - auch mit den Farbstoffen müssen sie für die Praxis noch stabiler werden.

Besser als die Natur

Das Prinzip mit den Photoschaltern erinnert an die Photosynthese in Blättern. Auch hier wird die Energie durch den grünen Farbstoff in den Pflanzen ein Stück weit gespeichert - das funktioniert gut. Trotzdem wird in den Blättern nur ein Bruchteil des Lichts genutzt. Die Photoschalter sollen dagegen noch viel effizienter arbeiten.

"Wir wollen am besten eine Effizienz von 100 Prozent erreichen", sagt Kerzig. Dann würden die Photoschalter das gesamte Spektrum des Sonnenlichts perfekt nutzen. "Die Energie der Sonne könnte all unsere Energieprobleme lösen, wenn wir sie nur ein bisschen effizienter nutzen und speichern können, wie zum Beispiel mit den chemischen Bindungen, mit Photoschaltern", so Kerzig.

Photoschalter noch zu teuer und zu instabil

Noch sind die Photoschalter in der Herstellung viel zu teuer. Schon eine kleine Pilotanlage würde mehrere Millionen Euro kosten. "Wenn wir das im großen Maßstab einsetzen wollen, also Kilogramm oder gar Tonnen - da sind wir noch nicht. Das ist noch viel zu teuer", sagt Till Zähringer. Doch auch andere Technologien wie die Lithium-Ionen-Akkus waren anfangs viel zu teuer, heute stecken sie in jedem Smartphone.

Bleibt die Frage nach der Größe. Wie groß müssen die Speicher mit den Lichtschaltern in Zukunft sein? "Das hängt von der Speicherdichte ab", sagt der Gießener Chemieprofessor Wegner. Er hofft, dass die Speicher künftig in vielen Kellern Platz finden.

Noch befindet sich die Speichermethode mit den Photoschaltern in der Grundlagenforschung. Sie müssen vor allem stabiler werden, damit sie die Energie über mehrere Monate speichern können. Doch ein spanisches Forschungsteam in Barcelona testet die Speicherlösung bereits mit zwei kleinen Modulen auf dem Dach - mit einer klaren Vision: Im Sommer Energie speichern, um im Winter damit zu heizen.

Dieses Thema im Programm: Über das Thema berichtete das Wissensmagazin Impuls am 13.1. 2025, ab 16:05 Uhr in SWR Kultur.