Ein ausgetrockneter See in Sizilien

Neue Klimaprognose 1,5-Grad-Schwelle eventuell dauerhaft überschritten

Stand: 20.02.2025 12:13 Uhr

Im Jahr 2024 lag die Erderwärmung erstmals 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau: Laut einer neuen Studie ist das keine Ausnahme, sondern ein langfristiger Trend.

Von Jutta Henkel, BR

Die globale Erwärmung hat 2024 einen kritischen Wendepunkt erreicht: Zum ersten Mal wurde im Kalenderjahr eine durchschnittliche Erwärmung von mehr als 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau verzeichnet. Eine neue Studie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig liefert beunruhigende Erkenntnisse über die Bedeutung dieses negativen Meilensteins.

Klimaforscher blicken für ihre Berechnungen in der Regel auf einen längeren Zeitraum von 20 Jahren. Die Forscher Emanuele Bevacqua und seine Kollegen Carl-Friedrich Schleussner und Jakob Zscheischler vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung haben nun untersucht, ob man aus diesem einen heißen Jahr 2024 trotzdem Schlüsse für die Folgejahre ziehen kann.

Historische Entwicklung zeigt klaren Trend

Zscheischler erklärt den Forschungsansatz: "Es wurde lange immer gesagt, wenn ein Jahr über 1,5 Grad ist, bedeutet das noch nicht, dass das Pariser Abkommen damit gescheitert ist, weil das eben über einen längeren Zeitraum definiert ist. Wir wollten uns diese Frage genauer anschauen."

Für ihre Studie nutzten die Wissenschaftler die Daten von Wetterstationen, die über den ganzen Globus verteilt sind. Damit konnten sie die Entwicklung der Temperatur sehr genau nachzeichnen.

So lag in den 1980er-Jahren die Jahresdurchschnittstemperatur erstmals um 0,6 Grad über dem vorindustriellen Niveau. Über die folgenden 20 Jahre hinweg blieb dieser Wert durchschnittlich entweder gleich oder stieg an. Das galt auch für alle weiteren Temperaturrekorde der vergangenen Jahre.

Die Ergebnisse sind eindeutig, wie Zscheischler betont. "Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass wenn ein bestimmtes Temperaturziel überschritten wird, dieses auch im längeren Mittel so ist. Wir kommen nicht mehr darunter. Und in den Klimamodellen konnten wir sehen, dass das auch für 1,5 Grad gilt."

Deutschland bereits stärker betroffen

Besonders alarmierend ist die Situation in Deutschland, wo die Temperaturen nach Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes bereits um etwa 1,7 Grad gestiegen sind, denn Landflächen erwärmen sich schneller als der globale Durchschnitt.

Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg warnt vor den Konsequenzen: Häufigere und intensivere Hitzewellen, zunehmende Starkniederschläge sowie ein erhöhtes Risiko von Dürren und Überschwemmungen seien die Folgen.

Handlungsfenster noch nicht geschlossen

Trotz dieser ernüchternden Erkenntnisse gebe es aber noch Hoffnung: Die Studie zeige, dass bei schnellem Handeln eine Stabilisierung bei 1,5 Grad oder zumindest eine Begrenzung auf zwei Grad möglich ist - ein weiteres wichtiges Ziel des Pariser Klimaabkommens.

Das baldige deutliche Verfehlen des 1,5-Grad-Ziels, so kritisiert Marotzke, werde von der Politik ignoriert, fast ungeachtet der politischen Ausrichtung. "Wir müssen uns nicht nur auf ein härteres Klima einstellen, sondern auch jetzt entschlossen handeln, um eine weitere Verschärfung der Situation zu verhindern."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete der BR in "Die Welt am Abend" am 20.02.25 ab 17:05 Uhr.