Klimawandel Jagd auf Grönlands Schätze
Grönlands Eisschild schmilzt, und darunter werden wertvolle Rohstoffe vermutet. Seltene Erden, aber auch unerforschte Öl- und Gasvorkommen locken Unternehmen an. Doch auf der Insel regt sich der Widerstand.
Wer mit dem Flugzeug aus Europa nach Grönland reist, kann ihn schon lange vor Ankunft aus dem Fenster sehen. Grönlands gewaltiger Eispanzer ist von oben besonders beeindruckend. Eine einzigartige Natur, die jeden in den Bann zieht, der hierher kommt. Kjeld Winther hat sie nicht mehr losgelassen. Er ist aus dem dänischen Jütland gekommen. Drei Monate wollte er bleiben. Es wurden elf Jahre.
Die Arktis schmilzt schneller
Fast täglich fährt der Guide mit seinem geländefähigen Bus von Kangerlussuag raus zum Russell-Gletscher. Sogar dem ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore hat er schon diese Gegend gezeigt. Mittlerweile kommen auch wieder mehr Touristen. "Sie kommen, um die Natur zu erleben aber natürlich auch, um die Veränderungen zu sehen, die der Klimawandel auslöst", erzählt er und deutet auf den Gletscher. "Dies ist einer der Orte, wo wir deutlich sehen können, wie viel Eis bereits verschwunden ist."
Grönlands Gletscher sind alt. Wissenschaftler vermuten, dass die Vereisung vor etwa drei Millionen Jahren begann. Doch das Eis schmilzt. Denn die Artkis erwärmt sich schneller als der Rest der Welt. Das spüren sie auch ganz im Süden Grönlands. In der kleinen Stadt Narsaq am Eriksfjord leben etwa 1300 Menschen vom Fischen und der Schafzucht. Pavia Rohde hat hier einmal als Klempner gearbeitet. Heute bekommt er ein stattliches Gehalt bei der Minengesellschaft Greenland Minerals. Die Australier kamen 2007, um in den Bergen hinter Stadt der eine Mine zu bauen.
In einer kleinen Lagerhalle zeigt Rohde einige Gesteinsproben. "In der Region werden 21 verschiedene Mineralien vermutet, die Seltene Erden enthalten", erklärt er. "Darum ist die Minengesellschaft so interessiert daran, sie zu fördern." Diese Metalle werden beispielsweise für Windkraftanlagen oder elektronische Geräte wir Laptops oder Smartphones benötigt. Bislang kommen sie fast ausschließlich aus China. Vorsorglich haben sich chinesische Investoren schon einmal bei Greenland Minerals eingekauft.
"Uran? Nein, danke!"
Doch in den der Gegend ist nicht jeder so euphorisch wie Rohde. Denn vor vierzig Jahren haben hier schon einmal die Dänen gegraben und im Berg Uran gefunden. Für die damals geplanten Atomkraftwerke sei der Urangehalt jedoch nicht ausreichend gewesen, erklärt er. Deshalb hätten sie den Stollen wieder dicht gemacht. Die Angst vor Radioaktivität ist bei vielen geblieben, besonders bei den Schafzüchtern. "Die geplante Mine liegt ganz nah an unserem Hof", sagt Aviaja Lennert. Am Stall hinter ihr hängt ein großes Banner mit dem Schriftzug "Uran? Nein, danke!". "Viele Leute in Grönland haben gesagt, wenn die Mine öffnet, wollen sie nicht mehr das Fleisch von unseren Schafen kaufen, weil es dann verschmutzt sei."
600 Schafe zählt ihr Hof. Manchmal mieten auch Wanderer ein Zimmer bei ihr, die die Einsamkeit im Süden Grönlands mögen. Das Geld reicht gerade so für die Familie aus. Die Minengesellschaft verspricht einen Aufschwung in der Region, wenn die Mine kommt. Doch Aviaja glaubt nicht daran. "Die ganze Welt schaut auf uns. Aber wenn man die Seltenen Erden fördert, haben wir, die hier leben, nichts davon. Das meiste Geld verlässt das Land und geht nicht an uns."
Die Politik reagiert
Der Streit um die Mine im Süden war im Frühjahr das entscheidende Wahlkampfthema. "Wir haben die Pläne abgelehnt und auch deshalb die Wahlen gewonnen", erzählt Naaja Nathanielsen stolz in ihrem Büro in der Hauptstadt Nuuk. Und Grönlands neue Ministerin für Infrastruktur und Rohstoffe macht ernst. In wenigen Tagen wird ein Gesetz verabschiedet, das die Förderung von Uran in Grönland untersagt.
Mit Sorge sieht die Politikerin, wie sich das Land durch den Klimawandel verändert und wie internationale Begehrlichkeiten wachsen. Der frühere US-Präsident Donald Trump wollte vor zwei Jahren sogar gleich die ganze Insel kaufen. "Wir wissen um die Schätze, die unter dem Eis liegen. Aber wir wissen auch um die Folgen der Ausbeutung für unser Land." Auch deshalb hat sie die Suche nach Grönlands Öl- und Gasvorkommen gestoppt.
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