Klimawandel Wie eine Försterin den Wald retten will
Die deutschen Wälder sind in einem desaströsen Zustand. Durch Trockenheit und Hitze erkranken immer mehr Bäume. Eine junge Försterin versucht, ihr Revier per Artenmix durch den Klimawandel zu führen.
Alina Kratofil beginnt zu strahlen, wenn sie über den Wald und ihren Wunschberuf als Försterin spricht - trotz der enormen Probleme durch den Klimawandel. "Ich bin total gerne im Wald und bewege mich in der Natur", erklärt die 27-Jährige tagesschau.de und spricht sogar von ihrem "Zuhause". Doch seit die studierte Forstwirtschaftlerin vor einem halben Jahr Revierleiterin im hessischen Hünfeld wurde, sind die Sorgen um den Waldbestand ihr Alltag.
Schadensbegrenzung als Kernaufgabe
"Ich habe eigentlich nur mit Kalamitäten, also Flächen, auf denen kein Baum mehr steht, und Schadholz zu tun", berichtet sie. "Die reguläre Forstwirtschaft kenne ich bisher eigentlich nur aus Erzählungen. Alle jungen Kollegen kennen im Moment nur Schadensbegrenzung oder die Katastrophe", so Kratofil. Laut der jüngsten Waldzustandserhebung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft sind vier von fünf Bäumen in deutschen Wäldern erkrankt. "Der Wald ist ein Patient, der unsere Hilfe braucht", betonte auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zuletzt.
In ihrem Revier in der Rhön, das 1800 Hektar groß ist, versucht Kratofil, genau diese Hilfe zu leisten. Die Holzerntesaison läuft derzeit, die Försterin und ihr Team haben alle Hände voll zu tun. Während in anderen Bundesländern, gerade im Süden Deutschlands, vor allem das Nadelholz unter der Klimaveränderung leide, sei in ihrem Gebiet besonders die Buche betroffen. Viele Kronen seien so vertrocknet, dass die Bäume schnellstmöglich gefällt werden müssten, bevor ihr Holz gar nicht mehr verwertbar sei. "Die Situation ist dramatisch", berichtet die Försterin.
Das Revier von Kratofil leidet stark unter der Trockenheit der vergangenen Jahre.
Hoffnung ruht auch auf der Natur selbst
"Hessen ist das Buchenland. Die letzten trockenen Sommer, die Hitze, das wenige Wasser - das vertragen die alten Buchen nicht", so Kratofil. "Bei den jüngeren Buchen haben wir noch Hoffnung, dass sie besser mit der Trockenheit zurechtkommen." Dabei setzt sie auch auf Naturverjüngung, also neue Bäume, die durch herabgefallene oder angeflogene Samen natürlich nachwachsen und sich den schwierigen Bedingungen besser anpassen. "Wenn es Lücken gibt, ergänzen wir das mit anderen Baumarten", erklärt die 27-Jährige.
Längst nicht überall erledigt die Natur die Wiederbewaldung selbst, im Gegenteil. Die größte Kahlfläche in Kratofils Zuständigkeitsbereich ist zwei Hektar groß - ein Loch im Wald von der Größe von drei Fußballfeldern. Eine Fichten-Monokultur fiel hier der Dürre, als "Windwurf" bezeichneten Sturmschäden sowie Borkenkäferbefall zum Opfer. "In Nordhessen oder auch in anderen Bundesländern sieht man, dass der Borkenkäfer den Kampf gewonnen hat. Es sind unheimlich viele Freiflächen entstanden, die wir jetzt wiederbewalden", erzählt Kratofil. Doch auch in der Natur funktioniert längst nicht immer alles nach Plan.
Verschiedene Arten
Der Versuch, Eichen zur Aufforstung zu nutzen, scheiterte bei Kratofil und ihren Kollegen auf dieser Freifläche zunächst. Sie besserten mit Ahorn nach, dann mit Rot- und Traubeneiche und Hainbuche. "Je größer der Ausfall ist, desto stärker macht man mit einer anderen Baumart weiter", berichtet Forstwirtschaftsmeister Uwe Walter, der die Aufforstungsarbeiten durchführt.
"Wenn wir neuen Wald begründen, versuchen wir immer, mindestens fünf Baumarten auf die Fläche zu bringen, um das Risiko auf verschiedene Baumarten zu verteilen", ergänzt Kratofil. "Wir suchen uns die geeigneten Baumarten aus, die wissenschaftlich nachgewiesen hier besser wachsen."
Ein stabiler Mischwald für die Zukunft
Gerade die Eiche sei besonders resistent und komme momentan gut mit der Trockenheit zurecht, berichtet die Forstwirtschaftlerin von ihren Erfahrungen. Doch auch die Eiche allein sei keine Patentlösung. Das Ziel laute jetzt, "stabile Mischwälder zu etablieren und ganz viele Baumarten auf die Fläche zu bringen", so die Försterin. Die Mischung sei auch für die bestehenden Waldflächen der Schlüssel: "Wenn etwa in Buchenbeständen andere Baumarten vorhanden sind, wie Eiche, Ahorn oder Kirsche, dann ist es wichtig, dass sie in der Pflege gefördert werden, damit sie auch erhalten bleiben und der Wald stabiler wird."
Auch wenn es sich häufig wie "ein Kampf gegen Windmühlen" anfühle, bleibt die Försterin auch in den schwierigen Zeiten der Klimaerwärmung optimistisch. Sie hat eine klare Vision vor Augen: "Ich möchte auch den nachfolgenden Generationen noch einen stabilen und gesunden Wald hinterlassen. Das ist das, was mich antreibt."