Israel vor der Waffenruhe Zwischen Hoffen und Zweifeln
Mit der Einigung zwischen Israel und der Hamas ist die Waffenruhe in Nahost nah. Doch so brüchig der Deal ist, so wichtig ist er für die notleidende Zivilbevölkerung beider Seiten.
Sirenenalarm - auch das ist eine Realität in diesem Krieg: Zu einem Zeitpunkt, wo alle Welt darüber spricht, dass im Gazastreifen Waffen schweigen sollen, gerät Israel unter Beschuss. Am Morgen feuert der Jemen eine ballistische Rakete auf Israel. Raketenalarm im Zentrum des Landes, bis nach Jerusalem. Das Raketenabwehrsystem kann die Bedrohung ausschalten.
Es ist ein Indiz, wie brüchig die Vereinbarung ist, der das israelische Kabinett nach Mitternacht - nach stundenlangen Diskussionen, zustimmte. 24 Ministerinnen und Minister waren dafür, acht dagegen. Damit tritt ab morgen die Waffenruhe in Kraft. Und zwar am Morgen ab 8.30 Uhr. Das israelische Militär bestätigte damit Meldungen aus Katar.
Im Laufe des morgigen Tages sollen dann drei Geiseln freikommen, wohl Frauen; im Gegenzug lässt Israel 95 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen frei. Darunter auch verurteilte Straftäter.
"Ich hoffe, dass alle bald lebend nach Hause kommen"
Der Deal, der nun tatsächlich Gestalt annimmt, ist am Morgen auch Thema in Tel Aviv. Joggerin Maya Finkelstein ist nicht zufrieden: "Ich glaube nicht, dass es ein guter Deal ist, aber ich denke, wir müssen nehmen, was wir bekommen. Ich hoffe, dass alle bald lebend nach Hause zurück kommen", sagt sie der Nachrichtenagentur Reuters.
Spaziergängerin Chen Yerushalmi kann der Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas mehr abgewinnen: "Ich denke, es ist ein guter Deal. Endlich kommen die Geiseln nach Hause. Wir warten schon zu lange auf sie. Klar gibt es Probleme mit dem Deal. Die Geiseln sollen ja nur tröpfchenweise zurückkommen. Alle sieben Tage drei Geiseln. Es wäre besser, wenn sie alle auf einmal kommen", sagt Yerushalmi. Aber sie sei sehr froh, dass die Geiseln überhaupt zurückkehrten. "Wir alle warten auf sie. Es ist eine Hoffnung für Israel, für alle Israelis."
Wieder mehr Hilfsgüter für Gaza
Enorm wichtig ist die Waffenruhe auch für die Zivilbevölkerung. Nach der ersten Waffenruhe im November 2023 bekommen sie nach 15 Monaten Krieg erst zum zweiten Mal eine Atempause. Sie können sich sicher fühlen, müssen keine Angst vor Bombardements haben. Es kommen in großem Maß Hilfsgüter in den Gazastreifen. Die bisherige Menge soll deutlich gesteigert werden, sagte Rik Peeperkorn, der Beauftragte der Weltgesundheitsorganisation für die Palästinensergebiete bei einer Pressekonferenz in Genf.
"Die Waffenruhe beginnt am Sonntag, und die Vereinten Nationen und ihre Partner planen, so viel wie möglich zu priorisieren. Ich glaube, es sollen in den kommenden Wochen täglich zwischen 500 und 600 Lastwagen nach Gaza hereingebracht werden", so Peeperkorn. "Das wäre eine Steigerung gegenüber dem, was wir in den letzten Monaten gesehen haben. Es wäre eine enorme Steigerung."
Um diese Steigerung auch logistisch zu bewältigen, soll der Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und Gaza wieder geöffnet werden. Er ist seit Monaten geschlossen. Geplant ist auch, dass dann verletzte Palästinenser aus Gaza in ägyptische Krankenhäuser verlegt werden.