Ein Pakistaner sitzt mit Fußfesseln am Flughafen Frankfurt, von wo er in sein Heimatland abgeschoben wird.

Gesetzentwurf vorgelegt EU will Asylrecht deutlich verschärfen

Stand: 11.03.2025 16:48 Uhr

Die EU will abgelehnte Asylbewerber schneller abschieben. EU-Kommissar Brunner legte einen Gesetzentwurf vor, der unter anderem Abschiebezentren außerhalb der EU vorsieht. Allerdings regt sich Kritik.

Im großen Puzzle des europäischen Asyl- und Migrationspaketes wurde bisher noch ein entscheidender Teil vermisst: "Es fehlte eben noch ein Baustein, nämlich die Rückführungen. Heute, genau 100 Tage nach dem Start unseres Mandats haben wir nun einen umfassenden Plan für Rückführungen, der gerecht ist, aber auch unnachgiebig", erklärt der für Migrationspolitik zuständige EU-Kommissar Magnus Brunner.

Aktuell verlässt nur jede fünfte Person, die ausreisepflichtig ist, auch wirklich die EU. Das höhle das gesamte Migrations- und Asylsystem aus, so Brunner. Vor allem aus den EU-Hauptstädten kam zuletzt der Druck auf die Kommission, deutlich strengere, EU-weit gültige Regeln für Rückführungen zu erarbeiten - aus Deutschland besonders nach Anschlägen wie in Aschaffenburg durch einen längst ausreisepflichtigen Täter.

Innenministerin Faeser unterstützt Pläne

Innenministerin Nancy Faeser begrüßt das Ergebnis: "Wir brauchen ein effektives Rückkehrsystem auf europäischer Ebene. Dabei muss ein Schwerpunkt auf umfassenden Pflichten von Ausreisepflichtigen und auf Sanktionen im Fall ihrer Verletzung liegen", sagte die SPD-Politikerin.

So plant die EU-Kommission nun eine Reihe von "abschreckenden Maßnahmen", wenn abgelehnte Asylbewerber sich den Behörden widersetzen. So soll es etwa einfacher möglich sein, Ausweisdokumente zu beschlagnahmen oder Smartphones auszulesen.

Abschiebeentscheidungen künftig europaweit gültig

Ein entscheidender Punkt der Richtlinie ist die gegenseitige Anerkennung von Rückführungsentscheidungen: Erlässt also ein EU-Staat einen Abschiebebescheid, gilt der auch in allen anderen EU-Ländern. "Dieser Aspekt der neuen Verordnung dürfte, wenn es drum geht die Zahl der Rückführungen zu steigern, den größten Effekt haben. Und er wird der Sicherheitslage in Europa damit besonders gerecht", so Lena Düpont, die innenpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament.

Das schließt "Schlupflöcher": Bisher fliehen Personen, die zur Ausreise aufgefordert werden, häufig vor den Behörden und ziehen in andere Mitgliedstaaten weiter, um einen neuen Asylantrag zu stellen.

Damit dürfte Schluss sein, so Düpont: "Damit können wir sicherstellen, dass wir Europa nicht nur als gemeinsamen Schutzraum begreifen, für diejenigen, die ein Bleiberecht haben, sondern auch gemeinsam Rückführungen gestalten können." Praktisch sieht die Rückführungsrichtlinie dafür vor, dass eine europäische Rückführanordnung geschaffen wird, die dann über das Schengen-Informationssystem elektronisch abrufbar ist.

Abschiebehaft leichter zu verhängen

Außerdem solle EU-weit künftig leichter und einheitlich Abschiebehaft verhängt werden können, so EU-Kommissar Brunner - etwa wenn Migranten ein "Sicherheitsrisiko" darstellen: "Es muss gelten: Diese Personen dürfen nicht die Möglichkeit haben, weiterhin in Europa in der Öffentlichkeit unterwegs sein."

Dazu soll laut EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auch beitragen, dass Einreisesperren künftig EU-weit für mehr Personen und deutlich länger in Frage kommen, als es viele nationalen Regelungen - auch die deutschen - derzeit zulassen: "Gegen Personen, die zwangsweise zurückgeführt werden, wird ein Einreiseverbot verhängt. Wir werden strenger mit unseren Sicherheitsrisiken umgehen, aber wir werden auch sicherstellen, dass wir im vollen Einklang mit unseren Verpflichtungen gemäß dem Völkerrecht und den Grundrechten handeln."

Kritiker sehen Rechte der Geflüchteten verletzt

Genau das sieht der grüne Europa-Abgeordnete Erik Marquardt in Gefahr bei einer Rückführungsrichtlinie, die nach dem Prinzip "je härter, desto besser" funktioniere: "Ich fürchte auch, dass man insgesamt versucht, die Rechtssicherheit für Geflüchtete einzuschränken, damit sie weniger Möglichkeiten haben, sich an ein Gericht zu wenden, um zu überprüfen, ob Grund- und Menschenrechte eingehalten werden bei ihren Verfahren."

Neben den Mitgliedsstaaten, die mehrheitlich Treiber dieses Richtlinie waren, müssen auch die Parlamentarier diesem Vorschlag zustimmen. Er bringt wohl auch weiteren Diskussionsstoff für die Koalitionsverhandlungen in Berlin.

Abschiebezentren außerhalb der EU möglich

Erstmals, so der Plan der Kommission, sollen die EU-Länder eine Rechtsgrundlage erhalten, um abgelehnte Asylbewerber in Abschiebezentren außerhalb der EU zu bringen, wenn sie eine "endgültige Rückkehrentscheidung erhalten haben", so Vizekommissionspräsidentin Henna Virkkunen.

Bisher geht nur die Rückführung in Herkunftsstaaten oder in Länder, in der der Geflüchtete eine starke Verbindung hat, etwa einen längeren Aufenthalt. Diese Länder aber verweigern häufig die Rücknahme der Migranten. Mit der neuen Rückführungsrichtlinie bereite sich die EU somit auch vor "auf Fälle, in denen die Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern nicht funktioniert", so Virkkunen.

In der Union gibt es deshalb schon länger Forderungen nach solchen Abschiebezentren. Bedenken kommen dagegen vom möglichen Koalitionspartner SPD - ebenso wird von vielen NGOs vor Grundrechtsverstößen gewarnt.

Kathrin Schmid, ARD Brüssel, zzt. Straßburg, tagesschau, 11.03.2025 16:15 Uhr