Eine Frau geht im besetzten Westjordanland an beschädigten Gebäuden im Lager für palästinensische Flüchtlinge in Dschenin vorbei.

UN-Experten zu Israel "Sexualisierte Gewalt als Kriegsmethode"

Stand: 13.03.2025 16:12 Uhr

Eine UN-Expertenkommission erhebt schwere Vorwürfe gegen Israel. Es gebe massive Menschenrechtsverletzungen und sexualisierte Gewalt gegen Palästinenser. Israel widerspricht energisch.

"Mehr als ein Mensch ertragen kann": Schon der Titel macht deutlich, was die vom UN-Menschenrechtsrat beauftragte Untersuchungskommission zu berichten hat. Die unabhängigen Expertinnen und Experten werfen Israel schwere Menschenrechtsverletzungen und sexualisierte Gewalt vor - zur systematischen Unterdrückung und Kontrolle der palästinensischen Bevölkerung, so der australische Jurist Chris Sidoti in Genf.

Die Häufigkeit und Schwere von sexuellen und geschlechtsspezifischen Verbrechen in den palästinensischen Gebieten lässt uns zu dem Schluss kommen, dass sexualisierte Gewalt von Israel zunehmend als Kriegsmethode eingesetzt wird, um das palästinensische Volk zu destabilisieren, zu beherrschen, zu unterdrücken und zu vernichten.

Misshandlungen an Frauen, Männern, Kindern

Der Bericht dokumentiert Misshandlungen an Frauen, Männern und Kindern, die seit dem 7. Oktober 2023 in den palästinensischen Gebieten begangen wurden. Unter anderem seien Menschen gezwungen worden, sich öffentlich nackt auszuziehen.

Die Untersuchungskommission habe ein "Muster sexueller Gewalt, Vergewaltigungen, Folter und andere unmenschliche Handlungen" dokumentiert, berichtete Sidoti. Die Taten bedeuteten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Auch auf Befehl oder mit stillschweigender Duldung

Im Bericht der Kommission heißt es weiter, dies sei auch auf Befehl oder mit stillschweigender Duldung der militärischen oder zivilen Führung Israels geschehen. "Die Kommission hat seit Oktober 2023 keine Informationen über strafrechtliche Verfolgung israelischer Militärs oder Siedler wegen sexueller und gewalttätiger Handlungen", sagte der Jurist weiter.

Die Experten verweisen auch auf die Zerstörung medizinischer Einrichtungen im Gazastreifen und die auch deshalb sinkende Geburtenrate. Die israelischen Befehlshaber hätten die Fortpflanzungsfähigkeit der Palästinenser im Gazastreifen teilweise zerstört, heißt es in dem Bericht. Geburten zu verhindern, erfülle den Tatbestand des Völkermords.

Brutkästen der Neugeborenen-Intensivstation im schwer beschädigten Kamal-Adwan-Krankenhaus in Beit Lahia im nördlichen Gazastreifen.

Brutkästen der Neugeborenen-Intensivstation im schwer beschädigten Kamal-Adwan-Krankenhaus in Beit Lahia im nördlichen Gazastreifen.

Israel spricht von "haltlosen" Vorwürfen

Israel wies die Vorwürfe der Untersuchungskommission als "haltlos" zurück. Der israelische Botschafter, Daniel Meron sagte in Genf. "Wenn es Fehlverhalten gegeben hat, wird Israel diese untersuchen und strafrechtlich verfolgen. So wie es jedes andere Land tun sollte und alle demokratischen Länder es tun."

Der Bericht der Untersuchungskommission sei, so heißt es in einer Mitteilung der israelischen Botschaft, ein "schamloser Versuch", die israelische Armee zu belasten. Die Kommission sei voreingenommen und wende bei Israel absichtlich andere Standards an als bei anderen Akteuren.

Kathrin Hondl, ARD Genf, tagesschau, 13.03.2025 15:35 Uhr

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 13. März 2025 um 15:07 Uhr auf NDR Info.