US-Wahl 2024

Wolodymyr Selenskyj

Spannungen mit den USA Selenskyj bemüht sich um Beschwichtigung

Stand: 20.02.2025 08:40 Uhr

Nach den jüngsten Vorwürfen von US-Präsident Trump bemüht sich der ukrainische Präsident Selenskyj, die Lage zu beruhigen. Trump hingegen legte nach seiner "Diktator"-Behauptung nach.

Die ukrainische Regierung ist trotz der heftigen Attacken von US-Präsident Donald Trump bemüht, die Beziehungen nach Washington möglichst intakt zu halten. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj legte im Streit mit den USA nicht noch einmal nach. Kiew sei weiter an guten Beziehungen zu Washington interessiert, machte er deutlich.

Am Donnerstag sei ein Treffen mit dem US-Sondergesandten Keith Kellogg geplant, sagte Selenskyj. "Für uns ist sehr wichtig, dass dieses Treffen und die Arbeit mit Amerika insgesamt konstruktiv ist", stellte er klar. Nur so könne ein stabiler Frieden für die Ukraine gewährleistet werden.  Es handle sich um einen Krieg, "den wir in der Ukraine seit der ersten Sekunde beenden wollen", betonte Selenskyj in seiner Videoansprache.

Mit dieser Äußerung widersprach er, ohne Trump zu nennen, den Anschuldigungen des US-Präsidenten, dass die ukrainische Führung den Krieg begonnen habe und verantwortlich sei für das lange Andauern des Krieges.

Trump nennt Selenskyj erneut Diktator

Trump auf der anderen Seite provoziert weiter. Bei einer Veranstaltung am Abend in Miami wiederholte er: Selenskyj sei ein Diktator ohne Wahlen. Er solle schnell handeln, sonst habe er kein Land mehr, so Trump. Zudem habe Selenskyj schlechte Arbeit geleistet, sein Land liege am Boden. Factchecker in den USA widersprechen den meisten von Trumps Aussagen: sie seien entweder falsch, irreführend oder schlichtweg gelogen.

Im Präsidentenflugzeug erklärte Trump später dann noch, dass er Russland bei Verhandlungen über ein Kriegsende im Vorteil sehe. "Ich denke, sie haben ein bisschen die Karten in der Hand, weil sie viele Gebiete eingenommen haben."

Neuwahlen im Kriegszustand nicht möglich

Trump hatte der Ukraine zuvor Neuwahlen nahegelegt. In dem Land setzt das geltende Kriegsrecht Wahlen während eines Krieges aber aus: Die Wahl wurde wegen des russischen Angriffskriegs und der Verhängung des Kriegsrechts also im Einklang mit der ukrainischen Verfassung verschoben.

Dass wegen des russischen Angriffs auf sein Land das Kriegsrecht gelte und es deshalb keine Neuwahl geben könne, sei keine ukrainische Besonderheit, sagte auch der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev in den ARD tagesthemen. "Das ist die gängige Praktik in vielen Ländern der Welt, und auch in Deutschland."

Bundeskanzler Olaf Scholz sagte laut dem Magazin Spiegel: "Es ist schlicht falsch und gefährlich, Präsident Selenskyj die demokratische Legitimation abzusprechen." Selenskyj sei das gewählte Staatsoberhaupt der Ukraine. "Dass mitten im Krieg keine ordentlichen Wahlen abgehalten werden können, entspricht den Vorgaben der ukrainischen Verfassung und den Wahlgesetzen."

Der britische Premierminister Keir Starmer hat nach Angaben seiner Regierung Selenskyj bei einem Telefonat den Rücken gestärkt. Es sei in Kriegszeiten durchaus angemessen, Wahlen auszusetzen, sagte Starmer einer Erklärung seines Büros zufolge. Großbritannien habe dies während des Zweiten Weltkriegs ebenfalls getan.

Oleksii Makeiev, Ukrainischer Botschafter in Deutschland, zur Perspektive der Ukraine mit Präsident Trump

tagesthemen, 19.02.2025 22:30 Uhr

Vereinzelte Kritik an Trump aus Reihen der Republikaner

Dass Trump dem ukrainischen Präsidenten die demokratische Legitimation abspricht, hat auch in den USA starke Kritik ausgelöst. Der Minderheitenführer im Senat, der Demokrat Chuck Schumer, zeigte sich fassungslos: "Das ist widerlich, und es verzerrt bewusst die Wahrheit. Es ist einfach schrecklich zu sehen, dass ein US-Präsident sich gegen einen unserer Freunde und offen auf die Seite eines Verbrechers wie Wladimir Putin stellt." Die Geschichte habe gezeigt: Wenn man Verbrechern und Diktatoren nachgebe, zahle man den Preis, so Schumer.

Auch der republikanische Abgeordnete Don Bacon kritisierte Trump öffentlich. Was der gesagt habe, sei falsch, es sei eine Schande. "Ich denke, viele Republikaner wissen, dass das, was der Präsident gesagt hat, falsch war", so Bacon auf CNN. Zahlreiche Senatoren unterstützen Trump aber auch und forderten Wahlen in der Ukraine - was nicht nur gegen die Verfassung sondern auch - angesichts der Millionen Geflüchteten und von Russland besetzten Gebiete - kaum durchzuführen wäre.

Europäer bekräftigen Unterstützung für Selenskyj

Nach der Kehrtwende der USA in ihrer Ukraine-Politik haben zahlreiche westliche Verbündete dem angegriffenen Land weitere Unterstützung zugesagt. "Wir stehen an der Seite der Ukraine und werden alle unsere Verantwortlichkeiten wahrnehmen, um Frieden und Sicherheit in Europa zu gewährleisten", sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach einer informellen Videoschalte, bei der neben Frankreich 19 europäische Länder und Kanada vertreten waren. Zuvor hatte er mit Selenskyj telefoniert.

Die Ukraine kämpft seit Februar 2022 mit finanzieller und militärischer Unterstützung europäischer Staaten und der ehemaligen US-Regierung von Trumps Vorgänger Joe Biden gegen den seit fast drei Jahren andauernden russischen Angriffskrieg.

Mit Informationen von Nina Barth, ARD Washington