Wolodymyr Selenskyj

Ukraine nach Trump-Putin-Telefonat Selenskyj optimistisch, Experten ernüchtert

Stand: 13.02.2025 08:48 Uhr

Das Telefonat zwischen Trump und Putin hat gemischte Reaktionen in der Ukraine ausgelöst. Präsident Selenskyj lobte Trump, einen "wahren Frieden" schaffen zu wollen. Beobachter sehen die Ukraine nach dem Telefonat dagegen geschwächt.

Von Stephan Laack, WDR, zzt. in Kiew

Zuerst telefonierte US-Präsident Donald Trump am Abend mit Kremlchef Wladimir Putin - anschließend mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Beide Male ging es um das Ende des Krieges in der Ukraine. Überraschend hatte Putin der Aufnahme von Friedensverhandlungen zugestimmt, auch wenn zur Zeit noch unklar ist, in welchem Format sie stattfinden sollen.

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tagesschau24, 13.02.2025 09:00 Uhr

Selenskyj reagierte erst auf Social-Media-Kanälen und dann in seiner abendlichen Videoansprache positiv auf die angekündigten Friedensgespräche und berichtete von seinem Telefonat mit dem US-Präsidenten.

Selenskyj: "Gutes Gespräch mit Trump"

"Ich hatte ein Gespräch mit Präsident Trump - ein gutes und ausführliches Gespräch. Ich bin dem Präsidenten dankbar für sein aufrichtiges Interesse an unseren gemeinsamen Möglichkeiten. Dass er sich dafür interessiert, wie wir gemeinsam einem wahren Frieden näher kommen können", so Selenskyj.

Es sei ein langes Gespräch gewesen. "Wir haben viele Nuancen besprochen - diplomatische, militärische und wirtschaftliche." Trump habe ihn auch über das Telefonat mit Putin unterrichtet. Selenskyj erweckte den Anschein, als sei er sich mit Trump darin einig, man müsse Putin Einhalt gebieten.

"Präsident Trump informierte mich darüber, was Putin ihm gesagt hatte. Wir glauben, dass die Stärke Amerikas ausreicht, um gemeinsam mit uns und gemeinsam mit allen Partnern Russland und Putin zum Frieden zu drängen", so Selenskyj.

USA nennen NATO-Beitritt unwahrscheinlich

Dabei hatte die US-Regierung zuvor einige Perspektiven aufgezeigt, die vielen in der Ukraine übel aufgestoßen sein dürften. Beim Treffen der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe hatte zum ersten Mal US-Verteidigungsminister Pete Hegseth teilgenommen. Er erklärte dort, dass die US-Regierung eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine am Ende von Verhandlungen für wenig wahrscheinlich halte. Und auch die Vorstellung, die Ukraine könne die Grenzen von 2014 beibehalten, sei unrealistisch. Eine internationale Friedenstruppe solle am Ende eine Friedensvereinbarung in der Ukraine absichern, aber ohne Beteiligung von US-Soldaten, so Hegseth.

Das steht alles im Widerspruch zur bisherigen Beteuerung des Westens, man werde die Ukraine so lange unterstützen, wie es notwendig ist.

Der ukrainische Präsidialamtssprecher Andrij Jermak versuchte im ukrainischen Fernsehen noch einmal die Position der Ukraine ins Bewusstsein zu rufen: "Und für Selenskyj ist wichtig, dass es heute nicht zu Kompromissen kommen kann, denn es geht um die Unabhängigkeit, die territoriale Integrität und die Souveränität der Ukraine", so Jermak. "Und genau diese Positionen wurden heute diskutiert. Ich denke, dass nach der Sicherheitskonferenz in München ein solcher Prozess der täglichen Arbeit beginnen wird."

 

"Kostenloses Vorab-Geschenk" für Putin

Viele Beobachter in der Ukraine reagieren verhalten bis ernüchtert. So geht der Kiewer Politologe Vadym Denysenko davon aus, dass die kommenden drei Monate zeigen werden, ob es Fortschritte geben wird. Er schrieb auf Facebook, es sei völlig offen, ob man zu einem Konsens kommen kann.

Deutlich negativer sieht es der politische Beobachter Ivan Yakovina, der unter anderem für die ukrainische Online-Zeitung Novoje Wremja schreibt. Völlig ohne Not hätten die USA die Position der Ukraine noch vor Beginn der Verhandlungen verschlechtert, in dem sie den NATO-Beitritt der Ukraine quasi ausgeschlossen hätten - so wie die Rückkehr zu den Grenzen vor Kriegsbeginn. Für Putin sei dies wie ein "kostenloses Vorab-Geschenk".

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 13. Februar 2025 um 09:00 Uhr.