![Ein ukrainischer Soldat an der Front. | REUTERS Ein ukrainischer Soldat an der Front.](https://images.tagesschau.de/image/d6089b80-6858-4e57-8adb-7bc96eb1c7eb/AAABlP1EpOM/AAABkZLrr6A/original/ukraine-soldat-160.jpg)
Ukrainische Soldaten Von Europa enttäuscht - Hoffen auf Trump
Viele ukrainische Soldaten an der Front sind erschöpft. Umso mehr hoffen sie, dass Trump ein Ende der Kämpfe erreichen kann. Von Europa sind die meisten dagegen enttäuscht.
An der Front im Osten der Ukraine sind viele Soldaten enttäuscht und frustriert. In Kramatorsk in der Region Donezk springt Mychajlo, Soldat bei der 93. Brigade, in sein Auto, zündet sich eine Zigarette an und lässt seinem Ärger freien Lauf. "Die Intensität der Kämpfe hier unterscheidet sich von allem, was sie im Westen kennen", setzt der 31-Jährige an.
Die Rohre der Artillerie seien völlig abgenutzt. Veteranen westlicher Armeen, die in Afghanistan oder Irak im Einsatz gewesen sind, könne er kaum ernst nehmen. "Ihr hattet alle Waffen der Welt und habt gegen Trottel mit Maschinengewehren gekämpft. Aber hier sind die Trottel mit den Gewehren leider wir."
Von Europa enttäuscht
Mychajlo repräsentiert eine ganze Generation ukrainischer Demokratieaktivisten, die als Studierende gegen Korruption und russische Einflussnahme auf dem Unabhängigkeitsplatz Maidan demonstrierten, dann viele Jahre im Krieg verbrachten und nun enttäuscht sind von Europa und den westlichen Verbündeten. "Von was für einer Demokratie reden wir, wenn das Recht des Stärkeren gilt? Wenn internationales Recht nicht mehr funktioniert?"
Heute liegen Mychajlos Hoffnungen auf ein Kriegsende auf US-Präsident Donald Trump. Nicht weil der einen ausgeklügelten Plan hat, sondern weil er im Gegensatz zu Vorgänger Joe Biden unberechenbar ist. Es scheint, als könne Mychajlo selbst kaum glauben, was er da sagt. Er schüttelt den Kopf und lacht verbittert. "Wenn du dir anschaust, was im 21. Jahrhundert passiert. Putin sitzt einfach da und applaudiert."
Europa kann Frieden allein nicht sichern
Obwohl die ukrainische Regierung immer wieder Bereitschaft zu Verhandlungen signalisiert, ist unklar, wie ein möglicher Waffenstillstand abgesichert werden kann. Die neue US-Regierung sieht Europa in der Verantwortung. Sicherheitsexpertin Claudia Major argumentiert hingegen, ohne die Amerikaner sei Europa gar nicht in der Lage, einen Frieden in der Ukraine zu sichern.
Pawlo, ein 29 Jahre alter Kommandeur einer Drohneneinheit, glaubt nicht an erfolgreiche Verhandlungen. Er ist vom Krieg schwer gezeichnet. Auf dem linken Ohr, von dem ein Stück fehlt, ist er taub. Seine Beine seien in Bachmut von Schrapnellen durchlöchert worden und heute komplett vernarbt.
Nach drei Jahren Krieg erschöpft
"Wir müssen jetzt das schützen, was wir noch haben", meint Pawlo. Auch er schaut gespannt nach Washington. Von Trump hänge vieles ab. "Wenn es eine Möglichkeit gibt, den Krieg anzuhalten, dann müssen wir das machen", sagt Pawlo. Die ukrainische Armee brauche dringend eine Pause. Die Soldaten seien nach drei Jahren Krieg erschöpft. Neue Rekruten, oft mit Gewalt mobilisiert und schlecht ausgebildet, brächten keine Erleichterung.
Die Aussichten sind schlecht für die Ukraine. Militärisch ist das Land abhängig von seinen westlichen Verbündeten, im Land nimmt die Kritik an der eigenen Militärführung zu. Die Ukraine hat die höchste Sterbe- und die niedrigste Geburtenrate der Welt. Das Land ginge geschwächt in Verhandlungen mit dem Angreifer Russland. Auch deswegen pocht der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf Sicherheitsgarantien aus dem Westen.
Angst vor der Zeit nach dem Krieg
Denn selbst wenn es eine Lösung gäbe, werde der Krieg irgendwann wieder aufflammen. Davon ist Rostyslaw überzeugt. "Solange es Russland gibt, wird es diesen Konflikt geben", sagt der Soldat. Er macht sich große Sorgen über die Zeit nach dem Krieg.
Viele Soldaten seien schwer traumatisiert. Ihre Familien hätten in drei Jahren Krieg gelernt, ohne sie zu leben. Rostyslaw bezweifelt, dass der Staat ausreichend Anstrengungen unternehme, um die Tausenden Heimkehrer von der Front auch wieder in die Zivilgesellschaft zu integrieren. "Und wer wird dann kämpfen, wenn es in einigen Jahren wieder losgeht?"
Viele hoffen, dass Trump zumindest eine Kampfpause in diesem Jahr erreichen kann. Von Europa aber erwarten die Männer und Frauen an der Front in der Ukraine nichts mehr. Zu schwach sei die EU, sagen viele, zu langsam - und vor allem zu ängstlich.