
Mann fährt in Menschenmenge Was über die Tat in München bekannt ist
Nach dem mutmaßlichen Anschlag in München werden heute neue Erkenntnisse zu der Tat erwartet. Ein Mann war mit einem Auto in eine Demonstration von ver.di gefahren. Was bislang bekannt ist - und was nicht.
Was ist passiert?
Gegen 10.30 Uhr am Donnerstag ist am Münchner Stiglmaierplatz ein Mann mit einem Auto in eine Gruppe von mehreren Menschen gefahren. Zu diesem Zeitpunkt fand dort laut Polizei eine Demonstration der Gewerkschaft ver.di statt. Ein Polizeisprecher sagte, der Fahrer des Wagens sei hinter der Gruppe und einem Polizeiauto gefahren, habe dieses dann überholt, beschleunigt und sei in das Ende der Gruppe gefahren. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach von einem "mutmaßlichen Anschlag" ohne weitere Hintergründe zu nennen. Am Freitagvormittag soll es weitere Informationen geben.
Die Tat ereignete sich im Bereich der Kreuzung zwischen Dachauer Straße und Seidlstraße im Innenstadtbereich unweit des Münchner Hauptbahnhofs.

Wie viele Opfer gibt es?
Nach aktuellen Polizeiangaben sind 30 Menschen verletzt worden. Die Feuerwehr hatte zuvor mitgeteilt, dass unter den Opfern auch Schwer- und Schwerstverletzte seien. Lebensgefahr sei bei einigen Menschen nicht auszuschließen.
Nach Worten von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) schweben mehrere Verletzte in Lebensgefahr. Es seien acht bis zehn Menschen schwerst verletzt worden. Dazu kämen noch acht schwer verletzte Menschen, nur ganz wenige seien leicht verletzt, sagte er am Donnerstagabend. Neuere Informationen liegen derzeit nicht vor.
Was ist über den Mann bekannt?
Am Donnerstag hatte es zunächst Unklarheiten über den Aufenthaltsstatus des Täters gegeben. Am Abend zeigte sich: Der junge Afghane hatte nach Worten von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) einen gültigen Aufenthaltstitel und eine Arbeitserlaubnis. Herrmann korrigierte damit seine früheren Aussagen. "Damit war der Aufenthalt des Täters bis zum heutigen Tage nach gegenwärtigem Erkenntnisstand absolut rechtmäßig." Zugleich berichtete der Minister, dass der Mann nach neuesten Erkenntnissen und entgegen erster Informationen nicht wegen Ladendiebstählen auffällig geworden war.
Nach Worten Herrmanns kam der Afghane Ende 2016 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland. Sein Asylverfahren wurde demnach im Jahr 2020 endgültig abgeschlossen, mit einem Ablehnungsbescheid und der Aufforderung zur Ausreise. Die Landeshauptstadt München habe dann aber im April 2021 einen Duldungsbescheid erlassen und im Oktober 2021 eine Aufenthaltserlaubnis.
Der junge Mann habe eine Schule besucht, eine Berufsausbildung gemacht und als Ladendetektiv für zwei Sicherheitsfirmen gearbeitet. Deshalb habe es zunächst auch ein Missverständnis gegeben, eben weil der Mann in mehreren Ladendiebstahlprozessen aufgetreten sei. "Er war nicht selbst Tatverdächtiger, sondern er war Zeuge", stellte Herrmann klar. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte am Abend im ZDF, der Täter sei "wohl bislang eher unauffällig" gewesen. "Er war nicht ausreisepflichtig."
Innenminister Herrmann hatte wenige Stunden nach der Tat wohl fälschlicherweise gesagt, der Mann sei polizeibekannt und wegen Ladendiebstahls und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz aufgefallen. Herrmann hatte am Mittag auch gesagt, dass es sich um einen abgelehnten Asylbewerber handele. Es sei aber festgestellt worden, "dass er eben im Moment nicht abgeschoben werden kann und er deshalb sich weiter in unserem Land aufhalten durfte". Auch tagesschau.de berichtete zunächst, dass es sich nach ARD-Informationen um einen ausreisepflichtigen Afghanen handele.
Hinweise auf weitere Tatbeteiligte gibt es nicht.
Was ist über Motiv und Hintergründe bekannt?
Sehr wenig. Ob es einen extremistischen Hintergrund gibt, ist unklar. Vor der Tat soll der Mann einen möglicherweise islamistischen Post abgesetzt haben. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa hatte er einen entsprechenden Inhalt in sozialen Netzwerken geteilt. Auch der Spiegel berichtete von mutmaßlich islamistischen Beiträgen. Laut BR ist jedoch lediglich ein auffälliger Post bestätigt, den der Täter am Vortag der Tat bei Instagram getätigt haben soll. Der Inhalt dieses Posts sei laut Sicherheitskreisen "Oh Allah, beschütze uns immer" gewesen.
Nach Informationen des ARD-Terrorismusexperten Michael Götschenberg war der Mann den Sicherheitsbehörden bisher nicht als Extremist bekannt gewesen. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich teilte mit, die bayerische Zentralstelle für Extremismus und Terrorismus der Generalstaatsanwaltschaft habe die Ermittlungen aufgenommen. Söder sagte: "Bisherige extremistische Hintergründe sind jedenfalls nicht auf den ersten Blick so leicht erkennbar." Deshalb müsse jetzt weiter ermittelt werden, was der Grund für die schlimme und furchtbare Tat sei.
Nach Worten von Bayerns Innenminister Herrmann hat sich der Täter wohl nicht gezielt diese Demonstration ausgesucht. "Im Moment gehen wir in der Tat davon aus, dass die Zielgruppe hier, dass die Opfer aus den Reihen dieser ver.di-Demonstration eher zufällig waren", sagte Herrmann.
Mittlerweile haben Ermittler laut der Nachrichtenagentur dpa eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus im Münchner Stadtteil Solln durchsucht, in dem der Täter gewohnt haben soll. Ergebnisse der Durchsuchung sind noch nicht bekannt.
Wie geht es am Freitag weiter?
Am Vormittag wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu einem stillen Gedenken mit Bayern Ministerpräsident Markus Söder, Innenminister Joachim Herrmann und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter erwartet. Um 11 Uhr soll es eine Pressekonferenz zum Stand der Ermittlungen geben. Im Laufe des Tages soll der Täter auch dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden.
Gibt es einen Zusammenhang mit der Sicherheitskonferenz?
Heute beginnt im Hotel Bayerischer Hof - nur rund zwei Kilometer vom Einsatzort entfernt - die Münchner Sicherheitskonferenz. "Wir gehen im Moment nicht davon aus, dass es einen Zusammenhang mit der Sicherheitskonferenz gibt", sagte Bayerns Innenminister Herrmann.