Einschätzung der Interessenverbände Mehr Anfeindungen gegen queere Menschen
Seit Jahren steigt die Zahl der Anfeindungen und Übergriffe auf queere Menschen. Im vergangenen Jahr habe sich das gesellschaftliche Klima noch einmal verschärft, sagt der Lesben- und Schwulenverband.
Lesben, Schwule, Bisexuelle und trans Menschen sehen sich nach Einschätzung ihrer Interessenverbände zunehmend Anfeindungen ausgesetzt. "Das gesellschaftliche Klima gegen queere Menschen hat sich im letzten Jahr nochmal deutlich verschärft", sagte Mara Geri vom Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands zum Tag gegen Homophobie der Nachrichtenagentur dpa.
Schon seit Jahren steige die Zahl der Übergriffe. Dieser Trend setzte sich auch im vergangenen Jahr fort, wie aus Sicherheitskreisen demnach verlautete. Demnach stieg die Zahl der von der Polizei registrierten Straftaten gegen Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung deutlich. Die offizielle Statistik dazu will Bundesinnenministerin Nancy Faeser am nächsten Dienstag vorlegen.
Mehr Taten wegen Geschlecht und sexueller Orientierung
Bereits in 2021 stellten die Polizeibehörden laut dem Bundesinnenministerium bei den registrierten LSBTI-feindlichen Straftaten eine deutliche Steigerung fest: Demnach stiegen Straftaten aufgrund der sexuellen Orientierung um rund 50 Prozent auf 870 Delikte. Im Themenfeld "Geschlecht oder sexuelle Identität" sogar um 66 Prozent auf 340 Delikte.
2022 wurden laut dem Ministerium bundesweit mit 1.005 noch einmal mehr Straftaten gegen queere Menschen registriert. Darunter seien 227 Gewalttaten gewesen. 2023 seien die Fallzahlen in den Kategorien "Frauenfeindlich", "Sexuelle Orientierung" und "geschlechtsbezogene Diversität" im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen, hieß es nun aus Kreisen.
"Wir beobachten mit großer Sorge die Zunahme an queerfeindlichen Übergriffen", sagte Geri dazu. Es gebe vor allem rechtsextreme Stimmungsmache. "Durch Dämonisierung von LSBTIQ* und gezielte Desinformation sollen Hass und Hetze wieder salonfähig werden - und aus diesen Worten werden Taten", sagte Geri.
Hohe Dunkelziffer vermutet
Der Verband geht demnach bei der Zahl der Vorfälle von einer großen Dunkelziffer aus, "weil die eindeutige Feststellung eines queerfeindlichen Motivs schwierig ist und Betroffene aus Scham oder Misstrauen gegenüber der Polizei Straftaten teilweise nicht melden".
Ähnlich sieht es laut dpa der Bundesverband Trans* e.V.: "Diese Zahlen sind nur die Spitze des Eisbergs." Von zivilgesellschaftlicher Seite gebe es kein vergleichbares flächendeckendes Monitoring, das Gewaltfälle bundesweit registriere.
Der internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie geht auf den 17. Mai 1990 zurück: Damals beschloss die Weltgesundheitsorganisation (WHO), Homosexualität von der Liste psychischer Krankheiten zu streichen.