
Beschwerden beim Verfassungsgericht Warum das BSW klagt und damit rechtliches Neuland betritt
Das BSW möchte das Wahlergebnis vom Bundesverfassungsgericht prüfen lassen - mit Eilanträgen. Dafür müsste das Gericht Neuland betreten. Denn wie so eine Wahlprüfung abläuft, ist klar geregelt.
Die Bundestagswahl am 23. Februar hat die politischen Mehrheiten in Berlin stark durchmischt. Nach dem vorläufigen Wahlergebnis werden im künftigen Bundestag etwa FDP und BSW fehlen. Sie haben den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde verpasst.
Dem BSW fehlen dafür nach dem vorläufigen Endergebnis etwa 13.400 Stimmen. So knapp war historisch noch keine Partei an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Schon kurz nach der Wahl hatte die Partei von Sarah Wagenknecht rechtliche Schritte gegen das Ergebnis geprüft.
Mehrere BSW-Mitglieder wollen Neuauszählung erzwingen
Ein Kritikpunkt waren zunächst Auslandsdeutsche, die ihre Wahlunterlagen teils zu spät bekommen hatten. Außerdem sollen einzelne Stimmen in manchen Wahllokalen statt dem BSW einer anderen Partei mit ähnlichem Namen zugeordnet worden sein. Sie würden daher beim BSW-Ergebnis fehlen, argumentiert die Partei.
Nun haben BSW-Mitglieder und Wahlberechtigte Verfassungsbeschwerden mit Eilanträgen beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Damit wollen sie erreichen, dass die Stimmen bundesweit neu ausgezählt werden. Außerdem soll das Gericht verhindern, dass vor einer Neuauszählung das amtliche Endergebnis vom Bundeswahlausschuss festgestellt wird. Das ist bislang für diesen Freitag geplant.
Zweistufiges Verfahren: Gericht prüft erst zum Schluss
Die Feststellung des Wahlergebnisses und mögliche Wahlprüfungsverfahren sind rechtlich klar geregelt. Der Wahlausschuss des Bundestages muss das Wahlergebnis feststellen. Außerdem ist eine Wahlprüfung möglich. Die findet in einem zweistufigen Verfahren statt. Ausnahmen davon sieht das Grundgesetz nicht vor.
Die erste Stufe: Für die Wahlprüfung ist ein Einspruch beim Bundestag nötig. Den kann jeder Wahlberechtigte innerhalb von zwei Monaten nach der Wahl einlegen. Für die Prüfung hat der Bundestag einen Wahlprüfungsausschuss eingerichtet. Die Mitglieder schauen sich die Kritikpunkte an. Die finale Entscheidung über die Einsprüche trifft der Bundestag.
Dann greift die zweite Stufe. Denn gegen die Entscheidung des Bundestags können sich Betroffene vor dem Bundesverfassungsgericht wehren. Das klärt endgültig, ob ein Einspruch berechtigt und die Wahl fehlerhaft war.
Nicht jeder Fehler führt zu einer Neuwahl
Doch nicht jeder Fehler führt zu einer Neuwahl. Dafür muss der Fehler so gravierend sein, dass er sich auch im Bundestag auswirkt, also etwa eine Partei mehr oder weniger Mandate bekäme. Diese sogenannte Mandatsrelevanz ist entscheidend. Nur dann hätte eine Wahlprüfungsbeschwerde Erfolg.
Mit ihren Verfassungsbeschwerden und Eilanträgen halten sich die BSW-Mitglieder nun nicht an dieses zweistufige Verfahren. Stattdessen hoffen sie sofort auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Damit betreten sie rechtliches Neuland.
Gericht müsste Ausnahme machen
Zentrale Argumente: Sobald das Wahlergebnis am Freitag festgestellt ist und erst später neu ausgezählt würde, hätte das erhebliche politische Auswirkungen. Außerdem sei das Ergebnis und das Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde im Fall des BSW besonders knapp. Ob sie damit Erfolg haben, ist fraglich.
Das Gericht müsste sich vom Grundsatz des zweistufigen Verfahrens ausnahmsweise lösen. Solche Ausnahmen sind zwar denkbar, die Hürden dafür aber besonders hoch.
Über die Eilanträge könnte das Bundesverfassungsgericht noch in den nächsten Tagen entscheiden. Denn schon am Freitag soll der Wahlausschuss des Bundestages das amtliche Endergebnis feststellen.
Weitere Klagen in Karlsruhe
Das Bundesverfassungsgericht muss sich gerade parallel mit den Sondersitzungen des Bundestages beschäftigen. Der alte Bundestag - in dem BSW und FDP noch vertreten waren - soll auf Antrag von Union und SPD am Mittwoch und nächste Woche Dienstag tagen. Er soll dann Änderungen des Grundgesetzes beschließen. So wollen Union und SPD dem künftigen Bundestag mehr Spielraum für neue Schulden verschaffen.
Gegen diese Pläne gibt es mehrere Klagen und Eilanträge. Sie wurden unter anderem von mehreren Bundestagsabgeordneten, der AfD-Fraktion und der künftigen Linksfraktion eingelegt. Die Antragssteller hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht die Sondersitzungen verhindert und der neue Bundestag früher zusammentritt. Es ist wahrscheinlich, dass das Gericht über diese Eilanträge noch am Mittwoch entscheidet.