Ein Polizeiauto ist vor einer Abschiebung neben einer Fluggasttreppe zu sehen (Archivbild 2019).

Konsequenzen aus dem Anschlag in München Neue Abschiebeflüge nach Afghanistan?

Stand: 16.02.2025 02:34 Uhr

Welche Konsequenzen folgen auf den Anschlag von München? Politiker von Union und SPD sprechen sich für weitere Abschiebeflüge nach Afghanistan aus. Von dort kam auch der Täter. Doch einfach werden die Gespräche mit den Taliban nicht.

Lediglich einen Abschiebeflug nach Afghanistan hat es in der jüngeren Vergangenheit gegeben. Nach dem Anschlag von München, den ein 24-jähriger Afghane am Donnerstag begangen hatte, werden nun Forderungen nach weiteren Flügen laut.

In der Bild am Sonntag fordert CSU-Chef Markus Söder wöchentliche Abschiebeflüge nach Afghanistan. Dies müsse die Bundesregierung mit den dort herrschenden Taliban verabreden "und die Interessen unseres Landes zuvorderst vertreten". Söder verwies auf die Anschläge von Aschaffenburg und München, die nach Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden beide von Afghanen begangen wurden. Söder forderte zudem einen Einreisestopp für Menschen aus Afghanistan und ein Aussetzen der Visa-Vergabe an diese. "Es reicht. Deutschland braucht einen Afghanistan-Sofortplan", sagte der bayerische Ministerpräsident. Allein in Bayern befänden sich fast 2.000 ausreisepflichtige Afghanen, knapp 200 davon seien schwere Straftäter.

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein nannte es unverständlich, dass es seit vergangenem Jahr keine weiteren Abschiebeflüge gegeben habe. "Wir haben bei der Bundesregierung mehrmals nachgefragt und keine Antwort erhalten", sagte er der Welt am Sonntag.

Auch SPD will Abschiebeflüge

Auch der stellvertretende SPD-Fraktionschef Dirk Wiese pocht auf Abschiebeflüge. "Es muss unser Ziel sein, Direktflüge nach Afghanistan zur Rückführung ausreisepflichtiger Asylbewerber zu ermöglichen", sagte er dem Magazin Stern. Das bedeute Gespräche mit schwierigen Gesprächspartnern in Afghanistan. Innenministerin Nancy Faeser hatte gesagt, dass die Abschiebungen nach Afghanistan weitergehen würden.

Auch der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach sich für härtere Maßnahmen aus. Mit Blick auf die Anschläge in Mannheim, Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg und München sagte er: "Fünf Einzelfälle in neun Monaten sind nicht tolerierbar - die Migrationspolitik der letzten zehn Jahre muss auf den Prüfstand", erklärte Woidke. "Wir brauchen eine schnellere und konsequente Abschiebung von Menschen, die eine Gefahr für andere darstellen."

Bei der Debatte gerät anscheinend der Aufenthaltsstatus des Täters von München aus dem Fokus: Denn der 24-Jährige hielt sich legal in Deutschland auf und besaß unter anderem auch eine Arbeitserlaubnis. Kanzler Olaf Scholz hatte kurz nach der Tat angekündigt, dass der Mann nach dem Verbüßen seiner Strafe in das Land zurückgeführt werde, wo er herkommt.

Taliban stellen Bedingungen

Tatsächlich ist die Umsetzung von Abschiebeflügen nach Afghanistan nicht leicht, da dies eine Zusammenarbeit mit den dort herrschenden Taliban erfordert. Die international isolierten Islamisten fordern im Gegenzug zu Abschiebungen eine konsularische Vertretung in Deutschland. Das hatten sie auch nach dem Anschlag in München gesagt: "Wir haben unsere Bereitschaft gezeigt, die konsularischen Dienste für Afghanen in Deutschland wieder aufzunehmen, die alle Aspekte der Migration abdecken", sagte der Sprecher des Taliban-Außenministeriums, Abdul Kahar Balchi, der Nachrichtenagentur dpa.

Kritiker warnten in der Vergangenheit vor solchen Gesprächen mit den Islamisten. Die Taliban könnten von Abschiebungen profitieren, indem sie diese als Möglichkeit für eine Zusammenarbeit mit einem westlichen Staat nutzten.

Ende August 2024 war erstmals seit der Machtergreifung der Taliban vor drei Jahren wieder ein Abschiebeflug aus Deutschland nach Afghanistan gestartet. Abgeschoben wurden 28 verurteilte Straftäter, die kein Bleiberecht in Deutschland hatten und gegen die Ausweisungsverfügungen vorlagen. 

Trauer in München

In München trauern die Menschen um die Opfer des Anschlags. Eine Mutter und ihr Kind erlagen am Samstag ihren Verletzungen. "Die Mutter war eine städtische Mitarbeiterin", erklärte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). "Sie und ihre Tochter wurden ermordet, als sie für ihre gewerkschaftlichen Rechte auf die Straße gegangen ist. Der Schmerz ist nicht in Worte zu fassen." Der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke bezeichnete die Trauer über das Leid der Opfer als "schier unermesslich".

Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge stammte die getötete Frau aus Algerien, lebte seit ihrer Kindheit in Deutschland und arbeitete als Ingenieurin. Die Zeitung berichtete, sie habe mit Hinterbliebenen gesprochen, die anonym bleiben wollten. Ihnen sei wichtig, dass der Tod ihrer beiden Angehörigen nicht genutzt werde, um Hass zu schüren. Die Frau habe sich für Gerechtigkeit, Solidarität, Arbeitnehmerrechte und gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung eingesetzt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 16. Februar 2025 um 06:00 Uhr.