U-Ausschuss zu Atomausstieg Spaltung bis zum Schluss
Ihr Ministerium habe Sicherheitsbedenken gegen einen AKW-Weiterbetrieb gehabt: So argumentierte Umweltministerin Lemke vor dem U-Ausschuss zum Atomausstieg. Die Union hingegen sieht keine ergebnisoffene Prüfung.
Der Bundestag am Vormittag: Der Untersuchungsausschuss zum Atomausstieg geht in seine Zielgerade. Draußen hängen schon die Wahlplakate. Und hier drinnen wird noch mal zurückgeschaut.
Es geht um die Frage, ob nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 und der sich anschließenden Energiekrise eine Laufzeitverlängerung der drei letzten deutschen Kernkraftwerke unvoreingenommen geprüft wurde.
Die Bewertung dieser Frage könnte nicht unterschiedlicher ausfallen. "Man hat es ergebnisoffen geprüft. Das haben viele Zeugen bestätigt", sagt etwa Konstantin von Notz, der Grünen-Obmann im Ausschuss. "Wir haben bislang keine Belege gefunden, dass eine solche Prüfung stattgefunden hat. Im Gegenteil", sagt hingegen Stefan Heck von der CDU, der auch Ausschussvorsitzender ist.
Drei Dutzend Zeugen und Tausende Aktenseiten
Gut 300.000 Aktenseiten hat der Ausschuss in den letzten Monaten gesichtet, drei Dutzend Zeugen befragt. Die Union verweist auf Vermerke oder Mails aus den grün-geführten Ministerien für Wirtschaft und Umwelt, die Unions-Obmann Andreas Lenz so bewertet, dass das Aus der Atomkraft immer schon besiegelt war:
"Wenn ich mir beispielsweise E-Mails vergegenwärtige, wo ein Staatssekretär Graichen 'an die Freunde des geordneten Atomausstiegs' schreibt, wenn in E-Mails steht, wie die Versorgungssicherheit darzustellen ist ohne die letzten drei Atomkraftwerke, dann wird deutlich, dass aus den Ministerien heraus nie ein Weiterbetrieb gewünscht war."
Lemke: Sicherheit hatte Priorität
Ganz anders stellt das heute Umweltministerin Steffi Lemke von den Grünen in ihrer mehrstündigen Befragung dar. Sie betont, dass in ihrem Ministerium intensiv geprüft worden sei, welche Voraussetzungen für einen Weiterbetrieb hätten gegeben sein müssen. Aber aus Gründen der nuklearen Sicherheit und auch wegen technischer und finanzieller Fragen habe vieles gegen eine deutliche Laufzeitverlängerung gesprochen.
Und von Notz weist Vorwürfe der Union zurück, das Festhalten am Atom-Aus sei ideologisch getrieben gewesen: "Was glasklar festgestellt worden ist, dass sowohl das Haus von Steffi Lemke als auch Robert Habeck als die gesamte Bundesregierung vollkommen offen waren, wie man diese sehr schwierige energiepolitische Situation überbrückt - und zwar im Sinne Deutschlands."
Wohl kein gemeinsamer Abschlussbericht
So steht Einschätzung gegen Einschätzung. Und im Angesicht des Bundestagswahlkampfes sind alle Seiten bemüht, die unterschiedlichen Sichtweisen auf den Atomausstieg und auf die Energiepolitik im Allgemeinen herauszustellen. Das dürfte bei der morgigen Befragung von Kanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck nicht anders werden.
Die Kernkraft, ihr Aus und die aktuelle Energiepolitik spalten. Deshalb zeichnet sich schon jetzt ab: Der Untersuchungsausschuss zum Atomausstieg wird sich auf keinen gemeinsamen Abschlussbericht verständigen können.