Lars Klingbeil

Kritik an NGO-Anfrage Klingbeil wirft Union "Foulspiel" vor

Stand: 26.02.2025 15:38 Uhr

Mit ihrer Anfrage zur Finanzierung von NGOs sorgt die Union für Empörung - und brüskiert den möglichen künftigen Koalitionspartner SPD. Partei- und Fraktionschef Klingbeil sprach von einem "Foulspiel".

SPD-Chef Lars Klingbeil hat eine parlamentarische Anfrage der Unionsfraktion zur Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen scharf kritisiert. Der Antrag sei "ein Foulspiel" und stelle Organisationen, die sich für Demokratie einsetzten, "an den Pranger", sagte Klingbeil, der heute auch zum Vorsitzenden der Bundestagsfraktion gewählt wurde. "Die Union sollte noch mal sehr schnell in sich gehen, ob sie daran festhält." Klingbeil warnte dabei auch vor einer Belastung möglicher Koalitionsgespräche von CDU/CSU mit den Sozialdemokraten.

Er könne sich "keine Situation vorstellen, wo wir morgens in Arbeitsgruppen zusammensitzen und über die Investitionen in Bundeswehr, in Bahn und Infrastruktur diskutieren, nachmittags erlebe ich, dass die Union genau solche Anfragen rausschickt", sagte Klingbeil. "Deswegen muss die Union jetzt für sich klären, wie ernsthaft sie in Gespräche mit der Sozialdemokratie gehen will."

551 Fragen liegen beim Bundesfinanzministerium

Die Bundesregierung bestätigte den Eingang der kleinen Anfrage der Unions-Bundestagsfraktion. Diese werde jetzt mit Hochdruck bearbeitet, sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. Über Inhalte und Bewertung des Schreibens könne sie aber nichts sagen.

Die Unionsfraktion hatte mit ihrer Anfrage für breite Empörung gesorgt. Einige der darin gelisteten NGOs - wie etwa Omas gegen Rechts - hatten zu den jüngsten Demonstrationen gegen Rechts aufgerufen. Die Anfrage ist mit "Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen" überschrieben und enthält 551 Fragen.

Zwei davon lauten etwa: "Wie groß ist der Anteil der finanziellen Mittel des Vereins Omas gegen Rechts Deutschland e. V., der aus staatlichen Förderprogrammen stammt?" Und: "Gibt es direkte Verbindungen zwischen dem Verein Omas gegen Rechts Deutschland e. V. und bestimmten Parteien oder politischen Akteuren?" Ähnlich lauten die Fragen zu den anderen politisch tätigen Organisationen.

Linke spricht von "Frontalangriff"

Die Linke im Bundestag hatte die Anfrage als "Frontalangriff" auf die Demokratie bezeichnet und dabei nicht mit Vergleichen mit autoritären Staaten gespart. In der Partei sei der Hintergrund klar, sagte die Abgeordnete Clara Bünger: "Mit einer parlamentarischen Anfrage rächt sich die Union für die antifaschistischen Proteste der letzten Wochen" und starte zugleich einen "beispiellosen Angriff" auf die demokratische Zivilgesellschaft. "Das erinnert an autoritäre Staaten und ist angesichts der Tatsache, dass die Union aller Wahrscheinlichkeit nach die nächste Bundesregierung anführen wird, äußerst besorgniserregend."

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann nannte die Anfrage ungeheuerlich. "Es sieht alles danach aus, dass Teile der Zivilgesellschaft hier eingeschüchtert werden sollen", sagte sie der Nachrichtenagentur dpa.

Auch die von der Anfrage betroffenen Organisationen äußerten ihre Empörung. "Der zu befürchtende Großangriff auf die emanzipatorische Zivilgesellschaft unter einer Regierung Merz hat begonnen", sagte etwa das globalisierungskritische Netzwerk Attac auf Nachfrage. Der Einsatz für soziale Gerechtigkeit und der Kampf gegen rechts seien der Union offensichtlich "ein Dorn im Auge", hieß es weiter.

Auch Amnesty International Deutschland erhob Vorwürfe gegen die Unionsfraktion. "Am Tag nach der Bundestagswahl richtet sich die CDU/CSU gegen die Zivilgesellschaft", teilte die Menschenrechtsorganisation mit. Dabei werde den Nichtregierungsorganisationen unterstellt, "eine Schattenstruktur zu sein, die mit staatlichen Geldern indirekt Politik betreibt".

Union verteidigt Anfrage

Die Union hingegen verteidigte ihre Anfrage. Öffentlich gefördertes Engagement dürfe "nicht zu parteipolitischen Zwecken eingesetzt werden", teilte Fraktionsvize Mathias Middelberg auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP mit. "Das ist ausdrücklich so geregelt. Aus diesem Grund hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion vor der Bundestagswahl eine Kleine Anfrage zur politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen gestellt." 

Middelberg betonte, die Union sei mit der Anfrage ihrer parlamentarischen Verantwortung nachgekommen. "Die Prüfung der rechtmäßigen Verwendung von Steuermitteln der Allgemeinheit ist eine Kernaufgabe des Parlaments." Politische Bildung sei "nicht förderbar, wenn sie eingesetzt wird, um die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung im Sinne eigener Auffassungen zu beeinflussen", sagte Mittelberg weiter. "Mit unserer Kleinen Anfrage wollen wir prüfen, ob einzelne NGOs sich in dieser Hinsicht steuerlich rechtmäßig verhalten."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 26. Februar 2025 um 16:36 Uhr.