(Archivbild) Militärseelsorger gedenken am 10. Mai 2013 im Ehrenhain Kunduz gefallener Soldaten
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Bayern Militärseelsorge berät "Geistlichen Operationsplan Deutschland"

Stand: 04.04.2025 05:24 Uhr

Was tun, wenn der Ernstfall eintritt? Die evangelische Militärseelsorge entwickelt einen "Geistlichen Operationsplan Deutschland" – für Verwundete, Trauernde und Geflüchtete. Wie dieser aussehen kann, darüber beraten Militärpfarrer in Nürnberg.

Von Jasper Riemann

Käme es zum Ernstfall – etwa einem Angriff auf ein Nato-Mitgliedsland und damit dem Bündnisfall –, wäre die evangelische Militärseelsorge stark gefordert. Dann müssten Geistliche Verwundete betreuen, Familien im Todesfall beistehen und Geflüchteten helfen. Um auf genau ein solches Szenario besser vorbereitet zu sein, arbeitet die evangelische Militärseelsorge an einem sogenannten "Geistlichen Operationsplan Deutschland".

In der Nürnberger Kirche St. Sebald haben sich nun Militärpfarrerinnen und -pfarrer zur jährlichen Gesamtkonferenz getroffen. Begleitet von fröhlichen Tönen des Heeresmusikkorps Veitshöchheim beginnt der Gottesdienst – doch es geht um ernste Fragen.

Seelsorge unter Extrembedingungen

"Wir müssen als Militärseelsorgerinnen und Militärseelsorger in der Lage sein, unsere Soldaten zu befähigen, bei Tod und Verwundung das Richtige zu tun", sagt Bernhard Felmberg, evangelischer Militärbischof. Er predigt vor einer Gemeinde aus Geistlichen und Bundeswehrangehörigen in Uniform.

Dabei spricht er offen über die seelischen Herausforderungen im Einsatz: "Was sage ich zu einem Soldaten, der stirbt? Wie verhalte ich mich? Wie spreche ich mit denen, die das miterlebt haben? Und das sind ganz schwere Fragen, die an uns gestellt werden von Soldatinnen und Soldaten in dieser Situation."

Gedenken, Gebet und Planung für den Ernstfall

Auch prominente Gäste sind nach Nürnberg gekommen – unter ihnen Eva Högl, die Wehrbeauftragte des Bundestages. In einer Fürbitte sagt sie: "Wir beten für alle, die ihr Leben im Dienst verloren haben. Und für ihre Angehörigen." Dann ruft sie gemeinsam mit der Gemeinde: "Kyrie Eleison."

Die Konferenz der evangelischen Militärseelsorge dauert mehrere Tage. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie die Kirche im Krisenfall handlungsfähig bleiben kann. Felmberg spricht vom "Geistlichen Operationsplan Deutschland" – einem Konzept, das seit Monaten in Arbeit ist.

"Bist du an meiner Seite, wenn ich falle?"

Der Bischof schildert ein eindrückliches Szenario: Ein junger Soldat, gerade 18 oder 19 Jahre alt, könne auf ihn zukommen und fragen, ob er – der Bischof – an seiner Seite sei, wenn er falle, oder sich um seine Familie kümmere, falls ihm etwas zustoße. Felmberg sagt: "Dann würde ich diesem Soldaten gerne in näherer Zukunft sagen: Ich kann dir garantiert sagen, dass das eine als auch das andere der Fall ist."

Dort hingehen, wo die Soldaten sind

Aktuell gibt es 104 evangelische Militärpfarrer in Deutschland. An dem Operationsplan wird auch gemeinsam mit der katholischen und jüdischen Militärseelsorge sowie mit internationalen Partnern gearbeitet.

Einer dieser Militärpfarrer ist Claus Wagner. Er begleitet in Augustdorf Soldaten, die möglicherweise bald nach Litauen entsendet werden. Für ihn ist klar: "Das ist mein Auftrag. Militärseelsorge findet dort statt, wo die Soldaten sind." Und auch wenn er dabei lacht, ist ihm die Ernsthaftigkeit bewusst: Der Job könne natürlich auch mit Gefahr verbunden sein. "Das weiß ich", sagt Wagner. "Aber das ist eben genau das, was wir auch unterschrieben haben."

Wagner betont jedoch: Es gehe nicht darum, Soldaten "kriegstüchtig" zu machen. Vielmehr wolle man sie begleiten – bei Sorgen, Zweifeln und Belastungen. Viele Soldaten schätzen es, mit einem Militärpfarrer reden zu können, ohne fürchten zu müssen, das Gesagte könnte beim Vorgesetzten landen.

Demokratie verteidigen: Eine Aufgabe für alle

Carlo Masala, Professor für internationale Politik an der Bundeswehr-Universität München, beschreibt die Bedeutung dieser Arbeit so: Die Militärseelsorge helfe, das Bewusstsein der Soldaten für ihren Beruf zu schärfen. Vielen sei gar nicht klar, dass derzeit ein globaler Kampf tobe – nämlich um die Frage, ob die liberale Weltordnung erhalten bleibe oder von autoritären Modellen verdrängt werde.

"Also gilt es, das Bewusstsein zu wecken, dass diese Demokratie verteidigt werden muss", sagt Masala. "Dieses Bewusstsein muss geweckt werden, um überhaupt letzten Endes die Gesellschaft resilient zu machen." Das sei nicht nur eine Aufgabe für Militärseelsorge, Bundeswehr und Politik, sondern für jeden Einzelnen in der Gesellschaft.

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Quelle: Bayern 2 Die Welt am Morgen 03.04.2025 - 06:05 Uhr