
Sachsen Kleinbauernmuseum in Reitzendorf steht vor unklarer Zukunft
Im Kleinbauernmuseum in Reitzendorf lernen jährlich rund 5.500 Gäste das einfache bäuerliche Leben früherer Zeiten kennen. Nun hat die Stadt dem Museum die Gelder gekürzt – und zögert vor einer Übernahme des Betriebs. Der Verein Schönefelder Hochland wollte ihn wegen des fortgeschrittenen Alters der Mitglieder abgeben, muss nun aber einer Mitarbeiterin kündigen. Die beliebten Führungen mit Grundschulkindern können also ab diesem Frühjahr nicht mehr stattfinden.
- Das Kleinbauernmuseum Reitzendorf steht finanziell vor dem Aus.
- Der Verein hinter dem Kleinbauernmuseum Reitzendorf erfährt zu wenig Zulauf junger Vereinsmitglieder und ist zukünftig auf Fördermittel angewiesen.
- Um die Zukunft des Museums nachhaltig zu sichern, müsste es den Städtischen Museen Dresden übergeben werden – die Stadt Dresden zögert allerdings.
Verschlafen liegt das Kleinbauernmuseum in Reitzendorf im Winternebel, doch sobald es hier wärmer wird, hauchen seine Aktivitäten und Angebote der Region Leben ein. Ob Freiluftkino, Brotbacktag oder Erntefest – auf dem ehemaligen Bauernhof, der heute ein Freilichtmuseum ist, ist immer etwas los.
Jährlich besuchen rund 2000 Grundschulkinder das Museum, um mehr über traditionelle Landwirtschaft und die Lebensweise der Kleinbauern zu lernen. Doch nun steht das Museum auf der Kippe. Denn der Hof gehört nicht dem Verein, sondern der Stadt Dresden – und die zögert mit der Entscheidung, wie es mit dem Museum weitergehen soll.
Verein kann Betrieb des Museums nicht länger alleine stemmen
Martina Angermann, die das Museum zusammen mit dem Verein Schönefelder Hochland betreibt, führt über den Hof. Schon ihre Großeltern arbeiteten und lebten hier, ernteten Kartoffeln, pflegten die Schafe. Heute zeigt das Museum der nächsten Generation, wie das Leben auf einem Bauernhof einst aussah.
"Unser heutiges Leben ist so schnelllebig und von Hektik geprägt. Die Kinder kriegen die Milch aus dem Laden und wissen zum großen Teil gar nicht, dass sie aus einer Kuh kommt. Wir zeigen ihnen das anschaulich und vermitteln den Kindern eine Achtung vorm Leben unserer Vorfahren", erzählt Angermann stolz.

Martina Angermann führt durch das Kleinbauernmuseum. Zur Sicherung seiner Zukunft wünscht sie sich mehr Rückhalt von der Stadt Dresden.
Gleichzeitig macht sie sich Sorgen. Denn der Verein kann das Museum laut Angermann bald nicht mehr alleine weiterführen. Sie hätten zu wenig Zulauf an jungen Mitgliedern. "Wir merken, dass wir irgendwann in nächster Zukunft diese Arbeit nicht mehr schaffen", erklärt Angermann.
Stadt vertagt Entscheidung – Museum muss Mitarbeiterin kündigen
Damit das Museum trotzdem weiter bestehen kann, habe der Verein schon vor einigen Jahren Kontakt mit dem Kulturamt aufgenommen: Bereits 1999 ging das Museum in den Besitz der Stadt Dresden über, 2010 beschloss der Ortsbeirat, dass der Betrieb des Hofs den Städtischen Museen übergeben werden soll. Angermann sagt, die Kulturbürgermeisterin habe sich dafür eingesetzt, dass eine Beschlussvorlage erarbeitet worden sei, um das Museum in die Dresdner Städtischen Museen zu integrieren. Die Übergabe sollte bis Ende des vergangenen Jahres erfolgen.
"Aber leider hat es die Beschlussvorlage noch nie weiter geschafft, als nur den Bildungsausschuss zu passieren. Im Finanzausschuss und anderen Ausschüssen wurde die Vorlage immer wieder, wie wir gehört haben, ohne Diskussion vertagt und von der Tagesordnung genommen", beschwert sich Angermann. Sie zweifelt daran, dass die Beschlussvorlage überhaupt den Stadtrat erreichen wird.

Liebevoll gibt das Museum Einblick in das einfache Bauernleben bis ins Jahr 1984. Jährlich besuchen es 5.500 Menschen.
Für den Verein gestaltet sich die Situation zunehmend schwierig: Bis jetzt wurden nur etwa die Hälfte der benötigten Gelder für das laufende Jahr bewilligt. Angermann zufolge sah man sich deswegen gezwungen, einer Mitarbeiterin zu kündigen. Ihr Vertrag laufe Ende Februar aus – und damit auch die Möglichkeit, die Projekte mit den Grundschulkindern weiterzuführen.
Deshalb führt das Kleinbauernmuseum ab März 2025 mittwochs und donnerstags Schließtage ein. Führungen mit Kindern, wie der Waschtag oder der Workshop "Vom Korn zum Brot", müssen wegen der nun fehlenden Mitarbeiterin entfallen.
Kleinbauernmuseum fordert Entscheidung
"Das Allerschlimmste wäre, wenn das Museum schließen müsste", sagt Angermann. Doch auch der Leiter der Städtischen Museen, Gisbert Porstmann, hat noch keine Lösung für die Zukunft des Museums in Reitzendorf: "Wo ist die Glaskugel, in die wir gemeinsam reingucken können? Das Kleinbauernmuseum leistet ein wichtiges Bildungsangebot in der Region. Jetzt muss der Stadtrat aushandeln, wie viel ihm das wert ist." Sie stünden bereit, so Porstmann weiter, aber es brauche finanzielle und personelle Ressourcen, um ein weiteres Haus qualitativ und professionell hochwertig betreiben zu können.

Gisbert Porstmann, der Leiter der Städtischen Museen Dresden, sieht die Entscheidung über die Zukunft des Bauernmuseums nun beim Stadtrat.
Martina Angermann dagegen ist enttäuscht, dass kaum jemand aus den Fraktionen und vom Städtischen Museum den Weg nach Reitzendorf auf sich genommen habe, um sich das Kleinbauernmuseum anzuschauen und sich für dessen Erhalt einzusetzen.
Es sei ihr klar, dass sie nicht der Nabel der Welt seien. Und sie gesteht ein, dass es die Kulturarbeit in Zeiten knapper Kassen schwer habe. "Aber es wäre wirklich schön, wenn die Stadträte und der Leiter der Städtischen Museen hier mal Position beziehen würde und sich nicht um diese Entscheidung herumdrückt."

Martina Angermann gibt Einblick ins Museum. Sie zeigt sich frustriert darüber, dass die Städtischen Museen Dresden bisher keine klare Entscheidung über die Zukunft des Bauernmuseums getroffen haben.
Stadt ist sich unsicher – Kleinbauernmuseum muss wohl noch auf Entscheidung warten
Wann das Thema im Stadtrat auf die Tagesordnung kommt, ist unklar. Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch teilte MDR KULTUR mit, dass die Fraktionen noch unschlüssig seien, ob sie der Übergabe zustimmen sollten oder dem Verein lieber einen höheren Zuschuss geben, damit dieser seine Arbeit fortführen könne. In diesem Fall müsse der Verein sich jedoch selbst eine Nachfolge organisieren. So lange, bis etwas feststeht, müssen sowohl das Kleinbauernmuseum als auch die Schulklassen also weiter warten.
Informationen für einen Besuch
Kleinbauernmuseum Reitzendorf
Schullwitzer Straße 3
01328 Dresden OT Reitzendorf
Öffnungszeiten bis Ende Februar 2025:
wochentags 10:30 Uhr–16 Uhr
Wochenende 13–16 Uhr
Öffnungszeiten ab März 2025:
Öffnungen dienstags und mittwochs entfallen
Der Eintritt kostet 5 Euro für Vollzahler und 3 Euro ermäßigt.
Redaktionelle Bearbeitung: gw