Eine lange Rolle Kassenbongs liegt kreuz und quer übereinander.

Sachsen-Anhalt Abwarten und Teetrinken – wie das Ampel-Aus Sachsen-Anhalts Städte und Gemeinden trifft

Stand: 25.11.2024 16:34 Uhr

Die Ampel-Regierung ist seit Anfang November Geschichte. Damit sind auch manche politische Vorhaben in Sachsen-Anhalt in Gefahr. Denn es fehlt weiterhin der Bundeshaushalt für 2025. Für einige Vorhaben ist die Finanzierung aber sicher.

Von Uli Wittstock, MDR SACHSEN-ANHALT

Das Ende der Ampel in Berlin ist auch das vorläufige Ende so mancher politischer Idee. Einige Projekte der Ampel drohen auf der Strecke zu bleiben. Denn ohne einen Bundeshaushalt bleiben einige Vorhaben auf der Strecke. Das betrifft die Bildung oder den Klimaschutz, aber vielleicht auch das 49-Euro-Ticket. Sachsen-Anhalt kann jedenfalls aus eigener Kraft die Projekte nicht finanzieren.

Sachsen-Anhalts Finanzministerium sieht derzeit keinen Grund, wegen des fehlenden Bundeshaushaltes in Alarmstimmung zu verfallen. Denn tritt der Haushaltsplan nicht in Kraft, gelten die Regelungen der sogenannten "vorläufigen Haushaltsführung". Das ist im Grundgesetz so geregelt. Deshalb werden die Angestellten weiter bezahlt, aber auch Fördermittel oder Zuschüsse fließen. Allerdings gibt es eine Voraussetzung: Es muss dafür eine Rechtsverpflichtung geben, also entweder beschlossene Gesetze oder Verträge. Auch begonnene Bauvorhaben können fortgesetzt werden, zum Beispiel die A14-Verlängerung in der Altmark.

Ohne Haushalt ins Jahr 2025?

"Vor diesem Hintergrund geht das Land davon aus, dass der Bund auch vor Inkrafttreten des Bundeshaushaltsgesetzes 2025 nicht nur seine Verpflichtungen gegenüber den Ländern erfüllen wird, sondern auch für bereits begonnene Maßnahmen seinen Finanzierungsanteil beisteuern wird." Das teilt das Ministerium auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT mit. Die Verzögerungen auf Bundesebene werde praktisch keine Auswirkungen auf das Land haben.

Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt: "Bund muss weiter zahlen"

Im Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt blickt man nicht ganz so entspannt auf den verschobenen Bundeshaushalt. Zwar stehe keine Gemeinde vor dem Ruin deswegen, erklärt Jörn Langhoff, Finanzreferent beim Städte- und Gemeindebund, denn die größten Geldströme seien gesetzlich gesichert. "Überall da, wo es rechtliche Verpflichtungen gibt, muss der Bund auch weiter zahlen."

Eines der größten Förderprogramme des Bundes, das Startchancen-Programm für Schulen, könne deshalb auch fortgeführt werden. In Sachsen-Anhalt betrifft das immerhin 97 Schulen. Ein Ziel ist es unter anderem, die Kenntnisse in Deutsch und Mathematik zu verbessern.

Digitalpakt Schule: Zukunft noch unklar

Unklar hingegen ist die Zukunft des Digitalpakts Schule. Da konnten sich nämlich Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) nicht mit ihren Länderkolleginnen und -kollegen einigen. Das Geld war vorgesehen für die Ausrüstung der Schulen, aber auch für Lehrkräfte.

Nach dem Ampel-Aus hat Landwirtschaftsminister Cem Özdemir das Bildungsministerium übernommen. Ob es nun gelingt, das Gesetz noch auf den Weg zu bringen, ist unklar. Für die Städte und Gemeinden, die ja die Schulträger sind, gibt es also keine Planungssicherheit.

Schülerinnen und Schüler nehmen im Klassenzimmer einer 9. Klasse der Gemeinschaftsschule Leutenbach am Geografieunterricht mit Hilfe von Laptops und Tablets teil.

Für die Städte und Gemeinden gibt es derzeit keine Planungssicherheit bei der Digitalisierung der Schulen.

Wärmeplanung – ein Auslaufmodell?

Auch bei einem weiteren Großprojekt der Ampel ist die Zukunft unklar, nämlich bei der Förderung effizienter Wärmenetze. Damit wollte die Bundesregierung den Klimaschutz voranbringen. Jürgen Langhoff vom Städte- und Gemeindebund sieht nun in der Umsetzung durchaus Probleme: "Wer da bislang Gelder bekommen hat, da läuft es auch weiter. Für die übrigen wird es aber jetzt erstmal kein Geld geben. Und da ist ein halbes Jahr Verzögerung schon ein Problem."

Zumal ja nicht klar ist, welche Schwerpunkte eine neue Bundesregierung setzen wird. Letztendlich geht es um die Frage, ob und welche Projekte von einer neuen Bundesregierung fortgesetzt werden, und wieviel Geld überhaupt für die einzelnen Bereiche zur Verfügung steht. Für die Städte und Gemeinden bedeutet das also eine mehrfache Unsicherheit.

Nahverkehr auf dem Prüfstand

Auch Sachsen-Anhalts Landkreistag, der Zusammenschluss aller Landkreise, warnt vor anhaltender Unsicherheit und das betrifft vor allem einen Bereich, so Ariane Berger, die Geschäftsführerin des Landkreistages, nämlich den öffentlichen Personennahverkehr. Diesen zu organisieren und zu finanzieren ist eine zentrale Aufgabe der Landkreise.

Ein Hinweis für das Deutschlandticket in einem Bahnhof

Das Deutschlandticket sorgt für weniger Einnahmen bei der Bahn. Wie die weitere Finanzierung zwischen Bund, Ländern und Landkreisen gestaltet werden soll, ist ungewiss.

Doch die Einführung des Deutschlandtickets stellt nun die Verwaltung vor finanzielle Herausforderungen. Der Spartarif sorgt für weniger Einnahmen, so dass sich nun Bund und Länder die zusätzlichen Kosten teilen, um sie dann an die Landkreise weiter zu reichen. Für das 2025 hätte die Bundesregierung eigentlich neue Regelungen auf den Weg bringen müssen, doch vorher scheiterte die Ampel. Bereits auf ihrer letzten Sitzung im August hatten Sachsen-Anhalts Landräte angekündigt, im Zweifelsfall aus dem Deutschlandticket auszusteigen, sollte es keine auskömmliche finanzielle Entlastung geben.

Kaum noch Notpolster

Ende letzter Woche bescheinigte Sachsen-Anhalts Landesrechnungshof den Städten und Gemeinden eine angespannte Haushaltslage. Wenn selbst die Rechnungsprüfer feststellen, dass zu wenig Geld vor Ort ankommt, dann ist das ein ernstzunehmendes Zeichen. Wenn es gut läuft, dann könnte es im Sommer nächsten Jahres einen neuen Bundeshaushalt geben, von einer neuen Bundesregierung verantwortet.

Mit Blick auf die Weltpolitik wie auch auf die aktuelle Wirtschaftslage wird man wohl nicht davon ausgehen können, dass dann goldene Zeiten anbrechen. Nicht umsonst hat CDU Kanzlerkandidat Merz angedeutet, die Schuldenbremse reformieren zu wollen und es ist auch kein Zufall, dass Ministerpräsident Haseloff zu den Befürwortern zählt.

MDR (Uli Wittstock, Sebastian Gall)