Bericht der Wehrbeauftragten Mängel bei Personal, Material und Infrastruktur
Die Probleme sind altbekannt und auch im Jahr 2023 hat sich nicht viel verändert: Der Bundeswehr fehlen Personal und Material, die Infrastruktur ist marode. Das geht aus dem Bericht der Wehrbeauftragten hervor.
171 Seiten ist der Wehrbericht 2023 lang. Und über allem stehen drei Dauerbrenner: Personal, Material und Infrastruktur. Letztere verfällt zusehends, Personal und Material fehlen. Zwar seien "wichtige Zeichen der Zeitenwende" erreicht, aber dennoch substanzielle Verbesserungen" nötig. So heißt es im Bericht der Wehrbeauftragten Eva Högl.
Die Truppe altert und schrumpft weiter. Es fehle an Großgerät und Ersatzteilen. Die Abgaben von Material an die Ukraine vergrößerten den Mangel noch.
Die Truppe, schreibt Högl, sei durch die Vielzahl sowie die Gleichzeitigkeit der Aufträge an der Belastungsgrenze. Die Zahl der freien Stellen sei auf knapp 18 Prozent gestiegen. Das Ziel, die Personalstärke bis 2031 von derzeit gut 181.000 auf dann 203.000 Soldatinnen und Soldaten zu erhöhen, sei nur schwer zu erreichen. Die Rede ist von einem "enormen Personalmangel".
Högl: Fortschritte "überschaubar"
Die Fortschritte hin zu einer modernen Infrastruktur nennt Högl "überschaubar". Kasernen sind marode, Gebäude verfallen. Högl berichtet von Briefen über verschimmelte Duschen und verstopfte Toiletten.
Hinzu kommt die klamme Finanzlage. Högl verweist erneut darauf, dass spätestens Ende 2027 eine milliardenschwere Erhöhung des Wehretats notwendig sei, um das Zwei-Prozent-Ziel zu halten.
Laut Bericht bewilligte der Bundestag Beschaffungsvorhaben für die Truppe im Gesamtvolumen von 47 Milliarden Euro. Fast zwei Drittel des Sondervermögens mit einem Gesamtvolumen von 100 Milliarden Euro seien vertraglich gebunden.
Einen Lichtblick gibt es im Wehrbericht: Die persönliche Ausrüstung der Soldaten. Die ist mittlerweile so umfassend und üppig, dass es ein neues Problem gibt. Der Truppe fehlen Spinde, um die Ausrüstung zu lagern.
Wüstner: "Mängel greifen ineinander"
Angesichts der Mängel forderte der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbands, André Wüstner, umfangreiche Investitionen in die Truppe. "Wir haben in allen Teilstreitkräften massive Probleme gemessen am Auftrag, an der Lage", schilderte er im ARD-Morgenmagazin die Lage. Keine einzige Heeresbrigade sei einsatzbereit. "Jetzt zu investieren, ist elementar."
Die 100 Milliarden Euro Sondervermögen, die die Bundesregierung für die Bundeswehr bereit gestellt hat, habe laut Wüstner an der Situation nichts verbessert. Er erklärte diese Tatsache mit den hohen Einsparungen der vergangenen Jahrzehnte, die jetzt bei der Ausrichtung der Bundeswehr auf Landes- und Bündnisverteidigung - als Abkehr von der zuletzt schwerpunktmäßigen Fokussierung auf internationales Krisenmanagement - eine entscheidende Rolle spielten.
Wüstner nannte auch die Zahl, die es laut Högl brauche, um die neue Ausrichtung der Bundeswehr zu finanzieren: mindestens 300 Milliarden Euro. "Deswegen ist 2024 ein Schlüsseljahr für die Bundeswehr, für Deutschland, für Europa mit Blick auf Frieden und Freiheit, insbesondere mit Blick auf die Ukraine."
Die Probleme der Bundeswehr bedingten sich laut Wüstner gegenseitig. "Da greifen die Mängel ineinander." Wenn die Wehrbeauftragte noch immer von einer maroden Infrastruktur spreche, dann "ist das kein Aushängeschild" und hindere die Personalgewinnung.
Mit Informationen von Georg Schwarte, ARD-Hauptstadtstudio